In einer Zeit, in der vermutlich sich so viele Menschen wie nie zuvor über eine negative Nachricht freuen - jedenfalls, wenn es um ein medizinisches Testergebnis geht -, kann nichtsdestotrotz auch eine positive Nachricht Freude verbreiten. Zumindest bei den Freunden von Würzburgs Bundesliga-Basketballern. Denen gelang am späten Freitagabend eine Überraschung: s.Oliver Würzburg behielt im zweiten Saisonspiel bei Rasta Vechta auch gegen Ende noch die Nerven und siegte mit 88:80 (40:37). Zumindest an diesem Abend zeigte die Mannschaft von Trainer Denis Wucherer Fortschritte gegenüber den letzten vier Partien (drei im Pokal-Wettbewerb) und eine letztlich ziemlich erwachsene Vorstellung.
Würzburgs Mann des Spiels war Guard Tayler Persons, der mit 22 Punkten, achte Rebounds und fünf Vorlagen überragender Mann des Abends war. Angesprochen auf den Unterschied zu den jüngsten Partien, in denen es die Würzburger stets fertiggebracht hatten, sich ihrer Siegchance im Schlussabschnitt selbst zu berauben, meinte der 25-jährige Amerikaner: "Wir hatten heute im vierten Viertel keine Angst zu verlieren und haben so gespielt, dass wir unbedingt gewinnen wollten. Wir haben von Anfang bis Ende hart gespielt."
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Da Nils Haßfurther eine ungewöhnlich hartnäckige Mandelentzündung in den letzten Tagen bereits zum vierten Mal in den jüngsten paar Wochen schachmatt gesetzt hatte und der 21Jährige, der beim Saisonauftakt als einer der wenigen Würzburger überzeugen konnte, die Dienstreise in den Norden erst gar nicht antrat, schickte Wucherer diese Fünf zum Sprungball aufs Parkett: Cameron Hunt, Florian Koch, Felix Hoffmann, Tyson Ward und Zach Smith.
Und die holperten sich dann erst einmal in die Begegnung. Nach gerade einmal 105 Sekunden hatten sie bereits drei Mal den Ball sehr leichtfertig hergeschenkt, kurz später lagen sie bereits 2:8 hinten. Was Baskets-Trainer Denis Wucherer in diesem Moment dachte? "Falsche erste Fünf!" Er lacht, als er das nach der Partie sagte, die ihn tatsächlich etwas mitgenommen hatte, wie er am Handy gestand. "Der erste Saisonsieg ist immer schwierig." Später während des Telefonats auf der langen Heimfahrt entspannte sich der Coach dann hörbar.
Nach dem katastrophalen Start berappelten sich die Baskets, und nachdem Ward nach gut vier Minuten bereits sein zweites Foul begangen hatte und von Wucherer runtergenommen wurde, schlugen die ersten Minuten von Taylor Persons. Der brauchte dann zwar auch nur 77 Sekunden, um zwei Fouls angekreidet zu bekommen - hatte sich nach der letztwöchigen Kritik von seinem Trainer aber offenbar was vorgenommen: Mit zwölf Punkten (davon zwei Dreier) erzielte der Amerikaner beinahe die Hälfte aller Würzburger Zähler im ersten Abschnitt. Persons führte die Würzburger zu einer Sieben-Punkte-Führung nach zehn Minuten, die er mit einem verwandelten von zwei Freiwürfen zementierte (27:20).
Im zweiten Viertel, zu dessen Beginn Florian Koch die Führung der Würzburger erst einmal auf neun Punkte ausbaute, erinnerten sich beide Mannschaften daran, dass man durchaus auch verteidigen darf in diesem Sport. Und die Treffsicherheit halbierte sich auch deshalb nahezu. Das Spektakulärste im zweiten Abschnitt war noch ein Alley-oop von Zach Smith nach Lehrbuch-Anspiel von Tyson Ward. Baskets-Neuzugang Smith kann dank seiner Sprungkraft nicht nur über Ringniveau agieren und hat Blocks offenbar zu seinem Hobby auserkoren - es würde nicht verwundern, wenn der Athlet demnächst auch mal oben aufs Brett langt.
17:13 entschieden die Westniedersachsen die zweiten zehn Minuten für sich, weshalb die Gäste mit drei Zählern Vorsprung zum Pausentee gehen durften nach einer in der ersten Halbzeit zwar zweifellos stets spannenden, weil engen Partie - die aber ganz bestimmt kein Leckerbissen war für Freunde der etwas ästhetischeren Basketballkunst. Viel viel Kampf und zwischendurch auch ziemlich viel Krampf bestimmten die Begegnung, die über weite Strecken durchaus deutlich machte, dass da zwei Mannschaften sich trafen, die noch auf der Suche sind nach homogenem Team-Basketball, geschweige denn so etwas wie blindes Verständnis haben. Was zu diesem Zeitpunkt der Saison bei neu zusammengestellten Teams wie den beiden freilich auch nicht zu sehr überraschen darf.
In der zweiten Hälfte änderte sich daran auch erst einmal nicht wirklich Bemerkenswertes: Die Rastafari holten auf und übernahmen die Führung - die Baskets konterten mit einem 11:0-Lauf, bei dem sich vor allem Micah Downs Fleißbildchen verdiente, weshalb die Gäste zwischenzeitlich mal wieder mit sieben Zählern vorne lagen und mit fünf Vorsprung in den Schlussabschnitt gingen.
"In der Verteidigung waren wir über vier Viertel solide", analysierte Wucherer, "und unsere Ballbewegung war über weite Strecken auch besser als zuletzt. Aber wir haben noch viel Arbeit vor uns, auch, wenn das ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung war."
Saisonübergreifend haben die Baskets in den letzten zwölf Spielen elf Mal den Schlussabschnitt verloren (aber deshalb natürlich nicht jede Begegnung) - diesmal haben sie das letzte Viertel mit 22:19 gewonnen. Und damit auch das erste Pflichtspiel in dieser jungen Runde, die sie am 22. November mit dem Heimspiel gegen die Hamburg Towers fortsetzen wollen - sofern bei einer der beiden Mannschaften bis dahin nicht zu viele positive (Test-)Nachrichten eintrudeln. Weil dann wäre positiv reichlich negativ.