
Vor rund zwei Wochen ist der deutsche Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus als D-Jugend-Trainer des TSV Grünwald zurückgetreten. Der Grund: Die Eltern der Kinder hatten ihn mit Anrufen, Kritik und Forderungen derart genervt, dass er keine Lust mehr hatte, das Amt weiter auszuführen.
Drei Trainer im Fußball-Nachwuchsbereich aus Unterfranken berichten, welche Erfahrungen sie mit Eltern gemacht haben.
1. Dirk Pschiebl, Ex-Stützpunkttrainer und -Jugendtrainer bei den Würzburger Kickers: "Viele meinen, sie haben den neuen Lionel Messi zum Sportplatz gebracht"

"Die Eltern sind ganz klar der springende Punkt, die Kinder sind zu 99,9 Prozent pflegeleicht. Die kommen immer mit einer gewissen Vorfreude ins Training, möchten Spaß und Bewegung haben. Wobei es natürlich immer darauf ankommt, auf welchem Leistungsniveau man sich bewegt.
In meinen Augen sind es überzogene Erwartungshaltungen der Eltern. Viele meinen, sie haben den neuen Lionel Messi zum Sportplatz gebracht, posaunen herum und fragen, warum ihr Sohn nur 60 Prozent Spielanteile hat. Dabei war der Junge in der Vorbereitung vielleicht verletzt und sollte froh sein, dass er überhaupt 60 Prozent gespielt hat.
Lothar Matthäus kann ich absolut verstehen. Die Entscheidung ist völlig nachvollziehbar. Meine Fähigkeiten als Trainer wurden aber tatsächlich weniger infrage gestellt, weil ich immer gut argumentieren konnte.
Am Stützpunkt war es so, dass die Kinder das erste Mal mit Selektion in Berührung kamen. Selektion ist immer schwer, die Gespräche, auch mit den Eltern, sind immer unangenehm. Aber die gehören nun mal dazu. Da verstehen die Eltern manchmal die Welt nicht, weil sie denken, ihr Sohn sei doch super gewesen. Dabei fehlt es vielleicht einfach an technischen Dingen, die in der Kürze der Zeit nicht trainierbar sind."
2. Ralph Fiederling, Trainer der U15 des FV 05 Helmstadt: "Bei uns im Verein sind die Eltern zu 99,9 Prozent pflegeleicht"

"Bei uns im Verein sind die Eltern zu 99,9 Prozent pflegeleicht. Das muss ich ganz klar sagen. Da kommen von den Eltern keine Nachfragen, warum ihr Kind nicht spielt oder ähnliches. Die lassen uns komplett freie Hand.
Zu meiner Zeit als U11-Trainer hatte ich aber mal einen Fall. Mein Sohn hat damals noch in der U9 gespielt, aber zusammen mit einem weiteren Kind immer bei mir in der U11 trainiert. Wir hatten gesagt, dass sie bei ihren Freunden aus der Schulklasse bleiben. Er war dann mit bei einem Hallenturnier, weil wir kurzfristig mehrere Absagen hatten. Ich habe ihm gesagt, er darf auf die Ersatzbank, und wenn wir ihn brauchen, wechseln wir ihn ein. Er hat dann auch ein paar mal gespielt und im Elfmeterschießen das Tor zum Turniersieg gemacht.
Beim nächsten Turnier kam ein Vater auf mich zu. Wenn mein Sohn mitspielen dürfe, dann wolle er, dass seiner auch mitspielt, obwohl er eigentlich in der U9 war. Das war ein riesiges Hin und Her, es hat sich der Vorstand eingeschaltet, es gab Knatsch mit den Eltern. Mit denen habe ich dann auch telefoniert, nachdem sich noch die Oma und der Opa einmischen wollten.
Das war eine Negativerfahrung, nach der ich gesagt habe, sowas brauche ich eigentlich überhaupt nicht. Aber nachdem alle im Verein auf meiner Seite waren, war es auch schnell wieder in bester Ordnung."
3. Tobias Riedner, Jugendtrainer bei der TG Höchberg: "Wenn du es richtig machst, spielen alle Kinder und dann sind die Eltern glücklich"

"Ich trainiere im Funino-Bereich. Bei mir war es immer total entspannt. Die Eltern haben sich eigentlich nie eingemischt in Fragen zur Aufstellung oder zum Spielablauf, weil beim Funino immer alle Kinder spielen. Das ist der Vorteil beim Mini-Fußball. Wenn du es richtig machst, spielen alle Kinder und dann sind die Eltern glücklich.
Ich habe allerdings einmal erlebt, dass ein Vater – da war ich schon nicht mehr Trainer der Mannschaft – draußen gesessen und die Spielzeit seines Sohns bei einem Hallenturnier gestoppt hat. Auch beim Funino, weil er gesagt hat, der Sohn spiele zu wenig. Sowas kann man nicht nachvollziehen. Beim Mini-Fußball wechselt der Trainer immer durch, komplett durchspielen gibt es nicht.
Außerdem war es eine besondere Situation, weil es das Heimturnier der TG Höchberg war. Da sollten alle Kinder spielen, damit alle Eltern sehen können, wie sie spielen. Es waren viele Kinder und deshalb haben sie ein bisschen weniger gespielt. Das war aber ein Einzelfall. Und selbst die Mutter des Jungen hat gesagt, dass es übertrieben ist, was ihr Mann da macht."