Fußballsport ist Rasensport – zumindest größtenteils. In Unterfranken gibt es mehrere hundert Spielfelder, ganze 18 davon sind Kunstrasenplätze. Die haben ihre Vor- und Nachteile – sowohl aus sportlicher, wirtschaftlicher als auch aus ökologischer Sicht. Sie lassen sich ganzjährig bespielen, sind aber relativ teuer und eben aus Kunststoff. Die "Grashalme" werden zum größten Teil aus alten Autoreifen recycelt und brauchen im Sommer kaum Wasser. Sieben Fakten über das Für und Wider von Kunstrasenplätzen.
Was sind die Vorteile eines Kunstrasenplatzes gegenüber einem Rasenspielfeld?
Einem Kunstrasenplatz ist das Wetter egal, er kann auch im Winter genutzt werden, wenn das Rasenspielfeld gesperrt ist. Damit steht der Platz pro Jahr rund 1400 Spielstunden zur Verfügung, anstatt nur 600 bei Naturrasen. Das kommt natürlich nicht nur den eigenen Mannschaften zugute. Vielmehr kann der Platz anderen Vereinen gegen eine Gebühr oder auch Schulen für den Sportunterricht zur Verfügung gestellt werden. Mit den Gebühren kann so ein Teil der hohen Anschaffungs- beziehungsweise Pflegekosten wieder reingeholt werden.
Aus rein sportlicher Sicht dürfte sich der ebene Untergrund als größter Vorteil erweisen. Ein wegen eines Platzfehlers versprungener Ball dürfte der Vergangenheit angehören – den Fußballern geht damit allerdings eine Ausrede verloren.
Wie stark unterscheiden sich die Kosten eines Kunst- zu einem Naturrasenplatz?
Für den Bau eines Kunstrasenplatzes muss knapp eine halbe Million Euro investiert werden, beziffert Reinhold Heilmann, bayernweit anerkannter Bau-Experte beim Bayerischen Landessportverband (BLSV) aus Steinsfeld (Landkreis Haßberge), die Kosten. Diese würden sich auf lange Sicht allerdings nahezu verdoppeln. "Alle zwölf Jahre", so Heilmann müsse die oberste Schicht erneuert und das abgetragene Material fachgerecht entsorgt werden. "Da kommen dann noch mal rund 50.000 Euro hinzu", verweist der Referent Sportstättenbau beim BLSV auf bereits gemachte Erfahrungen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).
Ein Naturrasen schlage im Bau mit etwa 180.000 Euro zu Buche. Folgekosten entstehen allerdings auch hier durch die Bewässerung und anfallende Sanierungsmaßnahmen. Die Pflege, die ein Naturrasen benötigt, verschlingt in etwa dreimal so viel Zeit und Geld wie sein künstliches Pendant. Aber:"Naturrasen hat bei fachgerechter Pflege eine uneingeschränkte Lebensdauer", betont Heilmann.
Die genannten Kosten beziehen sich allerdings nur auf das reine Spielfeld. Flutlichtmasten, Ballfangzaun etc. nehmen weitere Posten in der Kalkulation ein. "Deshalb ist solch ein Projekt definitiv eine Kostenfrage", warnt der BLSV-Funktionär, sich genau zu überlegen, ob es ein Kunstrasenplatz sein muss.
Wie läuft die Finanzierung, wo gibt es eine Förderung für Kunstrasenplätze?
450.000 Euro hat kaum ein Verein einfach mal so übrig. Wer sich mit dem Gedanken beschäftigt, einen Kunstrasenplatz anzulegen, kann auf verschiedene Fördermodelle zurückgreifen. Eine Doppelförderung aus zwei Töpfen ist allerdings nicht möglich. Ein erheblicher finanzieller Beitrag der Gemeinde/Stadt ist aber in jedem Fall nötig.
- Beim Bayerischen Landessportverband (BLSV) gibt es 20 Prozent Zuschuss zu den Baukosten. Zehn Prozent der Kosten muss der Verein selbst aufbringen. Aktuell läuft zwar noch ein staatliches Sonderprogramm, das – je nach Finanzkraft der jeweiligen Kommune – sogar bis zu 55 Prozent Förderung verspricht. Dieses Programm ist laut Heilmann allerdings am Auslaufen.
- Eine andere Fördermöglichkeit besteht über das Leader Plus-Programm. Hier sind 30 Prozent der Baukosten förderfähig.
In beiden Fällen bleiben 70 Prozent, also gut 300.000 Euro, die die jeweilige Kommune hinzuschießen muss. Deshalb sollte der erste Schritt bei den Planungen in die Stadt oder Gemeinde führen. Ohne den kommunalen "Zuschauss" ist solch ein Projekt kaum durchführbar.
- Dritte Möglichkeit: Die Schulbauförderung des Freistaates Bayern. Hier muss der Verein den umliegenden Schulen, Sportvereinen die Mitnutzung gestatten. Der Zuschuss hängt von der Finanzkraft der jeweiligen Kommune ab.
Wie unterscheidet sich die Pflege eines Kunstrasen- von einem Naturrasenplatz?
Ein Naturrasen muss gemäht werden, braucht eine regelmäßige Bewässerung, Dünger, Nachsaaten, unter Umständen Pflanzenschutzmittel – all das, womit ein Rasen in Form gehalten werden will. Das alles entfällt bei Kunstrasen.
Ganz ohne Pflege kommen aber auch die Plastikhalme nicht aus. So muss ein Kunstrasenplatz regelmäßig, am besten einmal pro Woche, gebürstet werden, der dazu benötigte Schlepper und der entsprechende Striegel sind ebenfalls nicht aus der Portokasse zu bezahlen. Eine Intensivreinigung wird einmal pro Jahr empfohlen.
Wie ist ein Kunstrasenplatz aufgebaut?
Ein Kunstrasenplatz birgt mehrere Schichten. Als Untergrund dient – analog zu einem Naturrasenplatz – ein Baugrund, der auch die nötigen Drainage enthält. Darauf liegen eine Tragschicht aus Schotter, je nach Ausstattung eine Asphaltschicht, ein elastischer Untergrund und schließlich der Kunstrasenbelag, der aus alten Autoreifen hergestellt wird.
Was ist aus ökologischer Sicht besser? Ein Kunstrasen mit Plastikabrieb oder ein Naturrasen mit enorm hohem Wasserverbrauch?
Unterfranken birgt eine der trockensten Regionen Deutschlands. Der Grundwasserspiegel sinkt – dieses Problem wird sich laut Steffen Jodl, Regionalreferent des Bund Naturschutz in Unterfranken, in Zukunft eher noch verstärken. "Das Wasser wird knapp, insofern werden Rasenplätze große Probleme bekommen", sieht Jodl auch hier größere Folgen durch den Klimawandel.
"Wenn wir die Klimakrise nicht stoppen, werden vertrocknete Rasenplätze unser geringstes Problem sein“, hat das Thema Fußballplätze für den Diplom-Biologen einen eher geringen Stellenwert. Kunstrasenplätze seien für ihn jedenfalls keine Alternative.
Das dabei verwendete Material, zumeist Polypropylen (PP) und Polyethylen (PE), sei Erdöl basiert, die Herstellung sehr energieintensiv und Kunstrasenplätze zudem – trotzd angelegter Drainage – "stark versiegelt". Für ihn hieße das, den „Teufel mit dem Beelzebub austreiben“.
Immerhin kommt die bislang am meisten verbaute Variante mit einer Granulatfüllung nicht mehr zur Anwendung. Dem durch den nicht zu vermeidenden Abrieb entstehende Mikroplastik hat die EU einen Riegel vorgeschoben. Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) geht von durchschnittlich 500 Kilogramm aus, die pro Platz im Jahr in der Umwelt landen. Zwei Drittel der primären Mikroplastik-Verschmutzung in Europa stammt von Kunstrasenplätzen, heißt es in einer ECHA-Studie. Seit 2020 werden deshalb in allen Bundesländern keine Förderanträge mehr für Kunstrasenplätze mit dem klassischen Granulat bewilligt. Es gibt nur noch die Varianten "unverfüllt" oder sandbeschwert.
Lohnt sich ein Kunstrasenplatz in ländlich geprägten Regionen?
Ein Blick auf die unterfränkische Landkarte verrät, dass die Mehrzahl der vorhandenen Kunstrasenplätze in und um Würzburg zu finden sind. Im östlichsten Landkreis, den Haßbergen, existiert lediglich in Sand ein solches Spielfeld, und auch in der Rhön hat nur der FC Strahlungen einen Kunstrasenplatz vorzuweisen, beim TSV Großbardorf ist ein Kleinfeldplatz künstlich angelegt. Immerhin drei sind es im Raum Schweinfurt.
Für Reinhold Heilmann ist die Konzentration auf städtische Regionen kein Zufall: "Der Bedarf auf dem Land ist definitiv nicht gegeben", hat Heilmann eine einfache Erklärung für das Stadt-Land-Gefälle. Während in einer Stadt wie Würzburg die Vereinsdichte einen Spielbetrieb von früh bis spät fast schon garantiere, kämen Vereine auf dem Land – wie den Haßbergen oder der Rhön – eher kaum auf die Anzahl, die eine Re-Finanzierung möglich mache. "Bei weniger als 800 Spielstunden pro Jahr ist ein Kunstrasenplatz teurer als ein Naturrasenplatz", prophezeit selbst der bayerische Hersteller polytan.