zurück
Fußball
Ende einer "höllisch wilden Fahrt": 5 emotionale Momente aus dem Fußballer-Leben des Schweinfurters Stephan Schröck
Vom Jungen aus dem Sozialheim zum Fürther Zweitliga-Profi und philippinischen Nationalspieler: Der 38-Jährige beendet seine schillernde und erfolgreiche Laufbahn. 
Weiß das Leben zu genießen: Nach seinem Abschied vom Profifußball auf den Philippinen hat der Schweinfurter Stephan Schröck künftig noch etwas mehr Zeit dafür.
Foto: Stephan Schröck | Weiß das Leben zu genießen: Nach seinem Abschied vom Profifußball auf den Philippinen hat der Schweinfurter Stephan Schröck künftig noch etwas mehr Zeit dafür.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 04.09.2024 02:46 Uhr

Irgendwie passte die Wahl des Mediums: An seinem 38. Geburtstag verkündete Stephan Schröck sein Karriereende – via Instagram. Der aus Schweinfurter stammende Fußballer, der es in der Heimat seiner philippinischen Mutter zum Nationalspieler gebracht hat, nutzt den Kanal gerne für Einblicke in sein Leben. Und er griff in der Wahl seiner Worte zum großen Besteck: "Es war eine höllisch wilde Fahrt. Von bescheidenen Anfängen in einem Sozialheim, wo ich Secondhand-Schuhe trug, bis dahin, dass ich sowohl die deutsche als auch die philippinische Nationalmannschaft vertreten durfte."  

Angefangen hatte alles in der Jugend der DJK Schweinfurt. 2001 wechselte Schröck in die U17 der SpVgg Greuther Fürth, durchlief von der U18 bis zur U20 die deutschen Jugend-Nationalmannschaften, spielte für das Kleeblatt Junioren-Bundesliga, anschließend von 2004 bis 2012 sowie von 2014 bis 2016 insgesamt 242 Mal für die Zweitliga-Profis, mit denen er 2012 Meister wurde. Dazu kamen 22 Erstliga-Spiele für Hoffenheim und Frankfurt sowie drei Europa-League-Einsätze für die Eintracht.   

November 1997: Die D-Junioren der DJK Schweinfurt mit Stephan Schröck (rechts) spielen beim FC Gerolzhofen.
Foto: Mirko Wölfling | November 1997: Die D-Junioren der DJK Schweinfurt mit Stephan Schröck (rechts) spielen beim FC Gerolzhofen.

2016 verlagerte sich die Karriere Schröcks auf die Philippinen, in deren Nationalmannschaft er bereits 2011 debütiert hatte. In seiner Wahlheimat, in der er zusammen mit seiner türkischstämmigen Frau Pilar und den drei Kindern Dias Santos, Manilo Cruz und Lupina Santana lebt, genießt er nach drei Meistertiteln mit dem Klub Ceros-Negros FC, 61 A-Länderspielen und zwei Auszeichnungen zum Spieler des Jahres Legendenstatus. Fünf emotionale Momente aus der Karriere von Stephan Schröck:

1. Das Zweitliga-Debüt für die SpVgg Greuther Fürth

2004 debütier Stephan Schröck als A-Jugendlicher bei den Zweitliga-Profis von Greuther Fürth. Beinahe ehrfürchtig blickt er beim Einlaufen zum 16 Jahre älteren Torhüter Borut Mavric empor. 
Foto: Wolfgang Zink, imago | 2004 debütier Stephan Schröck als A-Jugendlicher bei den Zweitliga-Profis von Greuther Fürth. Beinahe ehrfürchtig blickt er beim Einlaufen zum 16 Jahre älteren Torhüter Borut Mavric empor. 

Sonntag, 7. November 2004, Rudolf-Harbig-Stadion, Dynamo Dresden gegen SpVgg Greuther Fürth: Auf der Außenbahn debütiert im Fürther Mittelfeld ein 18-Jähriger, der eigentlich in der Bundesliga Süd/Südwest für die A-Jugend spielt. Bis zur 78. Minute dauert das Zweitliga-Debüt von Stephan Schröck, dann wechselt Trainer Benno Möhlmann beim Stand von 1:1 Innenverteidiger Dario Dabac ein. Das Spiel geht 2:2 aus. Und der junge Mann aus Schweinfurt darf sich Zweitliga-Spieler nennen.  

Was ihm zunächst nicht gut bekommt, wie er später zugibt: "Ich habe nicht wie ein Profi gelebt. Um es vorsichtig zu formulieren: Ich habe in meiner Jugend viel Mist gebaut, war zu viel feiern, mit den falschen Leuten. Es fiel mir schwer, auf dem Boden zu bleiben." Erst als Bruno Labbadia 2007 als Trainer in den Ronhof kommt, nimmt Schröcks Leben eine Wendung. Der frühere Bayern-Profi ignoriert das Talent zunächst, lehrt ihn richtige Ernährung und vernünftiges Schlafverhalten. Allerdings hört er erst 2010 mit dem Rauchen auf.

2. Das erste Spiel für die philippinische Nationalmannschaft

Der Start in die 'zweite' Karriere: 2011 debütiert Stephan Schröck für die Nationalmannschaft der Philippinen, der Heimat seiner Mutter. Das Spiel gegen Sri Lanka endet 1:1.
Foto: Eduard Bopp, imago | Der Start in die "zweite" Karriere: 2011 debütiert Stephan Schröck für die Nationalmannschaft der Philippinen, der Heimat seiner Mutter. Das Spiel gegen Sri Lanka endet 1:1.

Am Anfang ist es nur eine verrückte Idee: Stephan Schröck, der diverse deutsche U-Auswahlen durchlaufen hat, soll für die A-Nationalmannschaft des Inselstaates spielen – und will es auch. Nach einigen Gesprächen ist es so weit: Am 29. Juni 2011, in Deutschland ist Sommerpause, debütiert der Schweinfurter im WM-Qualifikations-Hinspiel gegen Sri Lanka. Nach einem 1:1 gewinnen die Philippinen das Rückspiel mit 4:0, scheitern in der zweiten Runde an Kuwait – trotz eines Schröck-Tores beim 1:2 im Rückspiel.

Schröck empfindet den philippinischen Fußball als "Kulturschock", erzählt von nicht vollzähligen Trikotsätzen und nur eine Viertelstunde dauernden, abendlichen Trainingseinheiten, "weil mal wieder das Flutlicht kaputt war. Das stelle man sich beim DFB vor". Im Januar 2023 verpassen die Philippinen bei der Südostasien-Meisterschaft das anvisierte Halbfinale. Schröck erklärt seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft. Ebenfalls wortgewaltig: "Ich habe viele Opfer für das Team gebracht, das wissen viele nicht. Jetzt feiert meine Tochter ihren ersten Geburtstag und ich habe bislang alle ersten Geburtstage meiner Kinder verpasst."

3. Der Gewinn der Zweitliga-Meisterschaft mit Fürth 

Aufstiegsparty am Ende der Zweitliga-Saison 2011/12: Stephan Schröck (links) feiert mit Max Grün (Mitte) und Edgar Prib den Gewinn der Meisterschaft mit der SpVgg Greuther Fürth.
Foto: Revierfoto, imago | Aufstiegsparty am Ende der Zweitliga-Saison 2011/12: Stephan Schröck (links) feiert mit Max Grün (Mitte) und Edgar Prib den Gewinn der Meisterschaft mit der SpVgg Greuther Fürth.

Eine Saison, an die sie sich im Ronhof gerne erinnern: 2011/12. Am Ende stehen unter Trainer Mike Büskens die Zweitliga-Meisterschaft und der erste Aufstieg in die Bundesliga. Letzteres ohne Schröck, der vorher bei der TSG Hoffenheim einen Vertrag unterschrieben hat. Nach elf Jahren beim Kleeblatt. "Von diesem Moment kannst du noch deinen Enkeln erzählen", sagt Schröck dennoch zum Titelgewinn. Der Spieler, der nach Siegen im heimischen Ronhof nicht selten auf den Zaun gekraxelt ist, um sich ein Megaphon zu schnappen und mit den Fans zu feiern. 

Zum Ende der Saison, in der er, längst vom Außenstürmer zum stürmenden Außenverteidiger umfunktioniert, noch einmal drei Tore und sieben Vorlagen beisteuert, verkneift sich Schröck derartige Aktionen, fürchtet, man könne ihm den Wechsel nachtragen. Die Meisterschale stemmt er am 6. Mai nach dem 2:2 in Rostock dennoch. Und ist ohnehin glücklich: Seine Frau ist im fünften Monat schwanger. "Ein Derbysieger-Baby", witzelt Schröck – im Dezember haben die Fürther den 1. FC Nürnberg im Pokal-Achtelfinale geschlagen.

4. Das Erstliga-Debüt mit der TSG Hoffenheim

Nicht die beste Phase in Stephan Schröcks Karriere: 2012 debütiert er für Hoffenheim in der Bundesliga, kann sich nicht durchsetzen, wird von Trainer Markus Babbel hier in München eingewechselt. 
Foto: MIS, imago | Nicht die beste Phase in Stephan Schröcks Karriere: 2012 debütiert er für Hoffenheim in der Bundesliga, kann sich nicht durchsetzen, wird von Trainer Markus Babbel hier in München eingewechselt. 

Dass sich im Sport Erfolg nicht immer planen lässt, erfährt Stephan Schröck schon im Jahr nach der Zweitliga-Meisterschaft mit Fürth. Beim neuen Arbeitgeber TSG Hoffenheim spielt er erstmals in der Bundesliga, muss beim Debüt, einem 0:4 gegen Eintracht Frankfurt, nach 73 Minuten mit Gelb-Rot vom Platz. Er kann sich nicht durchsetzen, kommt nur auf zehn Einsätze, bis auf einen alle in Teilzeit. Im Jahr darauf läuft es in Frankfurt nicht viel besser, sodass Schröck 2014 zurück nach Fürth kommt und noch einmal eine Saison aufblüht. Womöglich hat ihm die fränkische Heimat gefehlt. Wie die für ihn aussieht, deutet er kurz zuvor schelmisch an: "Im Fußball ist fast alles möglich, außer dass ich einmal zum 1. FC Nürnberg gehe."  

5. Drei Titel und zwei Ehrungen auf den Philippinen

2019 wird Stephan Schröck zum 'Mr. Football', zum Fußballer des Jahres, auf den Philippinen gekürt. Als erstem Spieler des Landes wird ihm diese Auszeichnung ein zweites Mal nach 2013 zuteil. 
Foto: Stephan Schröck | 2019 wird Stephan Schröck zum "Mr. Football", zum Fußballer des Jahres, auf den Philippinen gekürt. Als erstem Spieler des Landes wird ihm diese Auszeichnung ein zweites Mal nach 2013 zuteil. 

Zu einem Wechsel zum Club kommt es nie. Stattdessen auf die Philippinen. 2016 zunächst auf Leihbasis zum Ceres-La Salle FC. Es folgen Engagements bei vier weiteren Clubs, am erfolgreichsten ist die Zeit zwischen 2017 und 2022 beim Ceres-Negros FC, mit dem Schröck dreimal Meister wird. Vor allem seine Verdienste um die Nationalmannschaft sind es jedoch, die ihm gleich zweimal, 2013 und 2019, die Auszeichnung zum Mr. Football, dem Fußballer des Jahres, bescheren. "Eine große Ehre für mich in einem Land, in dem Fußball mit einer riesigen Leidenschaft gelebt wird", sagt Schröck.

Wie diese Leidenschaft aussehen kann, erzählt er während eines Heimatbesuchs in der Corona-Zeit: "Bei der Asienmeisterschaft haben wir auf den Malediven ein Quali-Turnier gespielt. Wir mussten zum Spiel gegen Afghanistan zur Hauptinsel zurück. Dann zog ein unglaubliches Unwetter auf. Plötzlich sagte der Kapitän, das kleine Boot würde es nicht schaffen und wir sollten mitten in den hohen Wellen umsteigen auf ein größeres. Man legte uns eine 50 Zentimeter breite Holzpalette hin. Ich hab nur gedacht: Ihr könnt das probieren, ich nicht. Gott sei Dank ließ das Unwetter nach und wir konnten weiter. Vier Spieler konnten nicht auflaufen, weil sie sich nur noch übergeben mussten. Verrückt."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Michi Bauer
1. FC Nürnberg
Benno Möhlmann
Bruno Labbadia
Der Spieler
Deutsche Jugendkraft Schweinfurt
Deutscher Fußball-Bund
Dynamo Dresden
Eintracht Frankfurt
FC Schweinfurt
Fußballspieler
Mütter
SpVgg Greuther Fürth
Stephan Schröck
TSG Hoffenheim
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top