
Die Corona-Pandemie hält den Amateursport weiter an der kurzen Leine. Wann die Freizeitfußballer endlich wieder im Wettbewerb an den Start gehen dürfen, ist weiter ungewiss. Schöne Geschichten an der zunehmend entnervten Basis sind derzeit Mangelware. Einen Lichtblick der ungewöhnlichen Art inmitten der schweren Zeiten ist derweil in Königsberg in den Haßbergen zu beobachten. Seit Wochen freut man sich dort beim TV Königsberg über einen prominenten "Neuzugang". Fußballprofi Stephan Schröck, der im Schweinfurter Stadtteil Bergl aufwuchs, hält sich mit einer Gastspielgenehmigung beim Kreisliga-Neunten fit. Zuletzt lief er sogar in drei Testspielen im Gelb-Schwarzen Trikot auf.
Geschuldet ist dies Schröcks enger Freundschaft zu Königsbergs Spielertrainer Kevin Frazier. Beide kennen sich seit frühester Jugend. Natürlich vom Fußballplatz. Meist waren sie Gegenspieler auf dem Feld, nur manchmal standen sie in Auswahlteams gemeinsam auf dem Feld. "Ich bin Kevin sehr dankbar, dass er mir das ermöglicht hat, mich hier fit zu halten. Ehrlich gesagt bin ich auch sehr positiv überrascht wie hingebungsvoll, detailliert und auch anspruchsvoll das Training hier ist.", berichtet Schröck: "Die Jungs ziehen top mit und mit Kevin haben sie einen Trainer, für den hier ganz sicher nicht Endstation ist." Und der meint: "Uns hat das auch weitergebracht ihn dabei zu haben. Das hat uns einen richtigen Push gegeben."
Superstar im Westpazifik
Die fußballerischen Wege der beiden trennten sich irgendwann nach Schröcks Wechsel von der DJK Schweinfurt in die B-Jugend der SpVgg Greuther Fürth. Bei den Kleeblättern gelang ihm später der Sprung in den Profifußball. Bundesliga-Stationen bei der TSG Hoffenheim und Eintracht Frankfurt folgten. Mittlerweile hat die Karriere Schröck auf die Philippinen, dem Geburtsland seiner Mutter, verschlagen. Seit fast vier Jahren kickt er nun fernab der Heimat. Mit großem Erfolg. Der 34-Jährige, der bis zur B-Jugend ausschließlich bei der DJK Schweinfurt spielte, ist in der neuen Heimat ein Superstar. Das Gesicht des philippinischen Fußballs. 2019 wurde er nach 2013 zum zweiten Mal Fußballer des Jahres im Land. Das gelang vor ihm in 110 Jahren noch keinem Kicker.
Seit 2011 führt er die "Straßenhunde", wie das Nationalteam von seinen Fans genannt wird, großteils als Kapitän in 44 Länderspielen an. Das bedeutete 44 Abenteuer, berichtet er. "Bei der Bootsfahrt auf die Malediven wären wir beinahe ertrunken", erinnert er sich. In Nordkorea erlebte er eine völlig ungewohnte Welt, in der er mit seinen Teamkollegen das Hotel ohne Begleitung durch den hiesigen Staat nur 100 Meter verlassen durfte. "Schröcky" hat endlose Anekdoten aus den letzten Jahren parat. "Ich habe dort sehr viele schöne Dinge erlebt. Den Schritt dorthin habe ich nie bereut.". Wenn er über die Besuche seiner Mutter auf den Philippinen berichtet, strahlen seine Augen besonders und er imitiert sie auf dem Trainingsplatz in Königsberg nach, wie stolz sie dort herumläuft, weil ihr Sohn der umjubelte Held ist.
Doch im Frühjahr wurde das Fußballmärchen erstmal abrupt ausgebremst. Auch die Inselgruppe im Westpazifik hat mit dem Corona-Virus COVID-19 zu kämpfen. Der Lockdown dort war besonders hart, erklärt Schröck: "Das war nicht vergleichbar mit der Situation in Deutschland. Wir durften im Grunde gar nicht vor die Tür. Außer zum Einkaufen oder Arzt." Für die Einhaltung der Corona-Regeln sorgten Polizei und das Militär. Die Fußballsaison auf den Philippinen, die eigentlich im März begonnen hätte, wurde erst gar nicht gestartet. Die bereits angelaufenen Wettbewerbe, unter anderem die asiatische Champions League, in der Schröck mit seinem Team United City FC (Ceres Negros vor dem Besitzerwechsel), vertreten ist, endete zwangsläufig nach drei Spielen. Anfang Mai entschloss er sich seine zwei Kinder und seine Frau nach Schweinfurt zu bringen.
Traumfall Philippinen
Eigentlich rechnete er mit einer baldigen Rückkehr auf die Philippinen. Doch die Pandemie ließ dort keine Entspannung zu. Im Oktober soll es nun mit dem Ligabetrieb weitergehen. "Aber das sollte man alles noch mit Vorsicht genießen.", meint Schröck, der derzeit seine Rückkehr für übernächste Woche vorsichtig plant. Mit dem Klub hat er eine "Art Abkommen", dass er weiterspielt. Erstmals als spielender Co-Trainer. "Wenn man 16 Jahre im bezahlten Sport ist, will man das noch so lange genießen, wie es geht.", findet er.
Gerade die Karriere und das Leben auf den Philippinen bezeichnet er – bis Corona – für sich und seine ganze Familie als absoluten Traumfall. Aber es wird auch eine Zeit nach der Pandemie geben. Auch für den Fußballer Stephan Schröck. "Ich sehe noch nicht, dass ich Richtung Karriereende gehe. In Südostasien kann ich noch lange spielen. Dort ist es egal welche Nummer auf dem Papier steht. Dort zählt nur die Leistung." Was nach der Karriere passiert und wo er dann leben wird, lässt er noch komplett offen. "Für unser Haus in Schweinfurt haben wir den Schlüssel, das wartet auf uns.", sagt er: "Ich habe aufgehört mit Pläne zu machen. Das ist bei mir eh immer anders gekommen. Ich fahre besser damit im Heute zu leben."
Gemeinsame Zukunft?
Ein Szenario für die Zukunft konnte er nach dem Mittwochstraining auf dem Sportplatz der TV Königsberg aber doch nicht ganz für sich behalten: "Vielleicht können Kevin und ich in zwei, drei Jahren mal was zusammen machen. Auf den Philippinen oder hier in Deutschland." "Schau' ma mal", antwortet Frazier typisch fränkisch wortkarg. "Wir werden ja sehen, wer als erstes an seinem Standort aufgibt", stichelt Schröck. Irgendwo werden die zwei Freunde bestimmt nochmal als Duo auftauchen. So viel Hellseherei sollte erlaubt sein. Auch in unruhigen Zeiten wie diesen.
