Ein Bierchen in der Hand und die Schönheiten des Biergartens im Liqui-Moly-Stadion im Blick – da haute Marc Reitmaier mal locker, flockig einen Spruch raus: "Das waren heute die Big Points, die wir am Dienstag vergolden wollen." Das 2:1 (0:0) beim VfB Eichstätt war der dritte Sieg des FC 05 Schweinfurt in Folge und ein gewaltiger Schritt im Abstiegskampf der Fußball-Regionalliga Bayern. Und mit dem Edelmetall meint der 05-Trainer einen möglichen vierten am Dienstag (18.30 Uhr Sachs-Stadion) im Nachholspiel gegen die SpVgg Hankofen-Hailing. "Wir dürfen da in keiner Weise Jemanden unterschätzen, müssen demütig sein. Aber wir wollen die Serie erzwingen."
Und dann hätten die Schweinfurter auf an Spielen gleichauf liegenden potenziellen Releganten Fürth und Augsburg vier und auf Eichstätt sogar sechs Punkte Vorsprung. Der direkte Abstieg scheint ohnehin gebannt. Eine Vorentscheidung also in Sachen Ligaverbleib? "Vorentscheidung ist ein zu gewichtiges Wort", wollte Kapitän Lukas Billick nicht zu sehr in vorauseilende Euphorie verfallen, sagte aber: "Wir hatten zuvor in dieser Saison nie dreimal am Stück gewonnen. Jetzt wollen wir das mit den beiden anstehenden Spielen erfolgreich abrunden. Wir gehen schon gestärkt in diese Woche" – in der dann am Samstag noch das Heimspiel gegen die ebenfalls noch gefährdeten Ansbacher folgt.
Die Stärkung holte sich der FC 05 durch eine wahre Abwehrschlacht. Nach einer 2:0-Führung wurde es mit dem 1:2 in der 63. Minute nochmals richtig eng und auch wild. Doch insbesondere Billick avancierte zum Turm in der "Schlacht". Die man vor ein paar Wochen mutmaßlich noch mit 2:4 verloren hätte. Was also ist der Unterschied zum Ist-Zustand? "Wir haben Euphorie im Rücken, wir sind inzwischen alle, aber wirklich alle geil darauf, so ein Ding zu ziehen."
Die Schweinfurter verteidigen leidenschaftlich und vielbeinig
In der Tat: So viele Top-Chancen sich Eichstätt auch erarbeiten konnte in der letzten halben Stunde – irgendein Schweinfurter hatte seinen Haxen noch dazwischen. Reitmaier wollte dabei nicht nur von Spielglück sprechen: "Wir sind fleißig und leidenschaftlich. Wir verteidigen extrem vielbeinig. Das geht nicht auf Knopfdruck", räumte er ein, dass in den ersten Spielen nach seiner Amtsübernahme auch noch nicht alles rund gelaufen war. "Das ist ein Prozess" – im Rausch des Erfolgs darf man sich schon mal selbst auf die Schulter klopfen.
Nicht ganz zufrieden durfte er freilich mit der ersten Halbzeit sein. Grundsätzlich machten die Schweinfurter das gar nicht so schlecht. Sie attackierten vorne zeitig, zwangen Eichstätt zu unter Druck geschlagenen, langen Bällen, die sie anschließend recht souverän wegköpften. Nur: Da waren auch wieder diese kleinen Aussetzer. Und die ermöglichten den Gastgebern aus vermeintlich harmlosen Basissituationen urplötzlich Chancen durch Fabian Eberle (11.), Julian Kügel (24., 27.) und Jonas Halbmeyer (41.).
Benjamin Hadzic verpasst nach starkem Solo die Führung
Die Schweinfurter selbst entschieden sich auf dem von zahllosen Löchern besetzen Holper-Platz, das Eichstätter Spiel nur phasenweise anzunehmen und setzten etwas mehr auf Kombinationsfußball. Die größte Möglichkeit zur Gäste-Führung ließ Benjamin Hadzic liegen, der Dominik Wolfsteiner und Luca Trslic narrte, dann aber aus spitzem Winkel an VfB-Schlussmann Florian Rauh scheiterte (17.). Unterm Strich waren die Nullfünfer vor der Pause die bessere Mannschaft, Eichstätt jedoch die gefährlichere. "Eichstätt versucht, ein unkontrolliertes Spiel zu erzwingen. Hier 90 Minuten und mehr alles wegzuverteidigen, ist nicht einfach", rechtfertigte Reitmaier, der als Spieler und Trainer des Würzburger FV in Eichstätt nie erfolgreich war, diese Gleichung.
Die dann nach Wiederbeginn auch – zumindest vorübergehend – nicht mehr stimmte. Hadzics Versuch wurde abgefälscht, doch Tim Kraus schaltete schnell und stupste den Ball zum 0:1 ins Netz (48.). Und nur eine Minute später köpfelte Moll eine Rechtsflanke unter Zuhilfenahme des Innenpfostens ins Tor – 0:2. Binnen knapp zwei Minuten waren die Nullfünfer eines: effektiver.
Sportleiter Andreas Brendler spendiert einen Kasten Bier
Dass der VfB nach dem Anschlusstreffer durch den Ex-05er Johannes Golla unablässig das Tor von Bennet Schmitt bestürmte und auch einen Pfostentreffer durch Daniel Haubner verzeichnete, hätte auch schief gehen können für den FC 05. Ging es aber nicht - weil "wir alle Faktoren, die im Abstiegskampf nötig sind, auf den Platz gebracht haben", so Reitmaier. Selbst die eingewechselten Akteure zeigten sich von 0 auf 100 "on fire" und spurteten nahe der Schmerzgrenze Kilometer runter. Kurzum: Es war der angekündigte Abnutzungskampf.
Dass Schweinfurter Spieler nach Schlusspfiff ausgelassen auf dem Platz tanzen und Fanlieder schmettern, hat es länger nicht zu sehen gegeben. Und dass mit Andreas Brendler ein FC-05-Sportleiter einen für 50 Euro spontan im VfB-Klubheim erstandenen Bierkasten in die Kabine stellt, auch nicht. "Ein zwei Bierchen dürfen sie heute trinken", erlaubte der Coach eine Feier auf Sparflamme. Immerhin stand bereits am Sonntag eine Trainingseinheit auf dem Programm. Für eine Mannschaft, die inzwischen auch tatsächlich eine Mannschaft geworden ist.