Für das Fußball-Spitzenspiel zwischen dem Regionalliga-Dritten TSV Aubstadt und dem Ersten FC Kickers Würzburg hatten sich beide Teams Ziele gesetzt, die bei Nicht-Erreichen keinem einen Zacken aus der Krone gebrochen hätten. Die Gastgeber wollten durch einen Dreier ihren dritten Rang absichern, die bisher beste Platzierung ihrer Vereinsgeschichte, und dem FC Vilzing (2.) ein Stück näher rücken. Den in 30 Pflichtspielen ungeschlagenen Kickers die erste Saisonniederlage beizubringen, war ein attraktiver Anreiz zudem. Während die Gäste am Saisonende im Mai ungeschlagen über die Ziellinie gehen und schon deshalb zumindest nicht verlieren wollten. "Klare Verhältnisse" wollte Kickers-Coach Marco Wildersinn schaffen. Über allem thront das Leitziel Aufstieg in die 3. Liga.
Immerhin lockte das Unterfranken-Derby am Dienstagabend alles in allem gut 2000 Zuschauende in die NGN-Arena. Ein Freundschaftsspiel unter Wettspielbedingungen war es aber mitnichten, sondern ein ganz heißer Fight, ein ob seiner sportlichen Qualität und knisternden Spannung berauschender und nachhallender Fußballabend. Wieder mit einem 1:1 am Ende. Womit Aubstadt, wie alle Kickers-Gegner, zwar nicht gewann, aber nach dem 1:1 auch im Hinspiel zumindest als einzige Mannschaft zweimal nicht verlor.
Aubstadt sorgt für ausgeglichenen Schlagabtausch
Einig waren sich alle, dass dies die beste, abgezockteste, professionellste Gastmannschaft diese Runde in Aubstadt war. Die von Anbeginn an loslegte, als sei sie Herr im Haus. Es sah zunächst nicht danach aus, als könne der TSV die "Leverkusen-Serie", den Kickers-Mythos zerstören. Doch mit dem hoch motivierten Grell-Team war für den Spitzenreiter mehr als ein lästiger Stolperstein aus dem Weg zu räumen. Als die Gastgeber sich nämlich an den großen Rahmen und den großen Gegner gewöhnt hatten, selber zunehmend die Initiative ergriffen, nach Ballgewinnen hinten längere Ballbesitzphasen mittig und vorne erreichten, entstand auf einmal ein ausgeglichener Schlagabtausch.
Und mit der ersten Chance die 1:0-Führung für Aubstadt. Doch was musste da nicht alles zusammenpassen! Schon mal die genaue Flanke von Leon Heinze auf den Kopf von Mike Dellinger – und an die Latte. Von da der Kopfball von Marvin Weiß – an den Pfosten. Und von da der Schuss von Martin Thomann – ins Netz. Ein weitestgehend ungewohntes Szenario für die Kickers-Abwehr. Drei, vier Sekunden, die die Brisanz der Partie kompakt widerspiegelten. Mit maximaler Effizienz der Aubstädter bis dahin. "Ein Ping-Pong-Tor" nannte Marco Wildersinn diesen Treffer. "Es hat gut getan, hab´ lange kein Tor mehr geschossen", freute sich Martin "Mörtl" Thomann.
Keine zwingenden Torchancen der Kickers
Natürlich wurde die Wucht des Würzburger Ansturms auf das Aubstädter Tor nur noch ungestümer. Umso beeindruckender, wie ruhig und abgeklärt die TSVler reagierten, von den Balleroberungen über die Umschaltmomente bis an den FC-Strafraum heran. "Reagieren ist doch in Ordnung", befand die TSV-Angriffsikone Gerd Köhler in der Pause. "Wir müssen ja nicht das Spiel machen." Zwingende Torchancen der Kickers gab es bei aller optischen Überlegenheit bis zur Pause nicht.
Und danach sogar zweimal die Gelegenheit für die Milzgründer, mit dem 2:0 eine Vorentscheidung herbeizuführen: bei einer abgefälschten Flanke an den Pfosten (52.) und bei Thomanns vor der Linie abgeblocktem Schuss (53.). Danach ging´s aber mit höchster Intensität in Richtung Aubstädter Tor. Immer erdrückender, als Wildersinn seine gesamte Angriffspower eingewechselt hatte. Selbst Ivan Franjic mit Oberschenkelproblemen, den der Trainer "in der Crunchtime", der Relegation, "gern dabei hätte". Er wurde auch in Aubstadt schon benötigt.
Der Ausgleich nach einer Standardsituation
Die zweitbeste Abwehr der Liga bröckelte aber lange nicht. Vlad Vertiei im TSV-Tor leistete mehrfach Großartiges. Bis Wildersinns Spezialwaffe griff: Aktionen nach ruhendem Ball sind das Kickers-Geheimrezept dieser Saison. Mit einer solchen wurde der Knoten in der 84. Minute doch noch gelöst. Freistoß, 20 Meter vom kurzen Pfosten nahe der Torauslinie. Drinnen ein Schieben und Drücken, Klammern und Lösen – von draußen die Flanke von jenem Franjic auf den Kopf von Marius Wegmann und rein ins Vergnügen zum 1:1.
In der Dunkelheit der restlichen sechs plus fünf Minuten hätte es für beide beinahe doch noch zum Sieg gereicht. Benyas Junge-Abiol ließ noch mal die TSV-Torlatte flattern. Es blieb aber beim gerechten 1:1. "Die beste Mannschaft, die auch Meister wird", lobte TSV-Co-Trainer Sarwanidi. "Unterm Strich in Ordnung", befand Julian Grell. "Es war ein harter Fight. Ich bin froh und stolz auf die Mannschaft", war Wildersinns Fazit.
Fußball: Regionalliga Bayern, Männern
TSV Aubstadt – FC Würzburger Kickers 1:1 (1:0)
Aubstadt: Vertiei – Kireski, Hüttl, Behr – Langhans (88. Mrozek), Stahl (63. Bieber), Hatman (80. Köttler), Heinze – Thomann (73. Pitter), Dellinger, Weiß (63. Trunk).
Würzburg: Friedsam – Zaiser, Kraus, Kurzweg – Wegmann, Meisel (64. Franjic), Wessig (46. Scholz), Karimani (73. Moll), Montcheu (73. Junge-Abiol) – Sané, Caciel (79. Sausen).
Schiedsrichter: Hamper (Katschenreuth). Zuschauende: 1911. Tore: 1:0 Martin Thomann (26.) 1:1 Marius Wegmann (84.).