
Was bedeutet eigentlich Liga-Alltag? Wie muss es um einen Dorfverein wie denTSV Aubstadt bestellt sein, wenn nach dem Pokal-Highlight gegen den TSV 1860 München vor 3000 Zuschauenden mit dem Punktspiel in der Regionalliga Bayern gegen den 1. FC Nürnberg II dieser Liga-Alltag eingekehrt sein soll? Die zwei renommiertesten Vereine Bayerns hinter dem FC Bayern München zu Gast, wenn auch vom Club "nur" die zweite Mannschaft. Zwei Mal geballte Fußballtradition binnen zehn Tagen in der NGN-Arena.
Nasskaltes Aprilwetter verhindert größeren Zuschauerandrang in Aubstadt
Dazwischen wäre der Besuch im Augsburger Rosenau-Stadion gelegen, hätte nicht die Rückkehr des Winters einen Strich durch die Rechnung gemacht. Dieser Strich durch das nasskalt-stürmische Aprilwetter, bei dem man keinen Hund vor die Tür jagen mag, verhinderte am Dienstagabend einen weiteren Ansturm von Liebhabern guten Fußballs, wenn er auch nicht in der Größenordnung des Besuchs der Münchener Löwen zu erwarten gewesen war. So kamen gegen den 1. FC Nürnberg II diesmal nur gut 11 Prozent davon, 336 Zuschauerinnen und Zuschauer und trotzten den Bedingungen.
So sensationell die Stimmung gegen die Löwen in dem Schön-Wetter-Stadion auch war und der Fußball, lockte das fehlende Ambiente nicht so viele Fans an, wie dieses sehr gute Liga-Alltag-Spiel verdient gehabt hätte. Entsprechend weniger Aufwand erforderten aber auch die Sicherheitsvorkehrungen. Der Gäste-Block war mit fünf Zuschauern besetzt, im Club-Trikot waren keine Fans auszumachen. Dafür gab es diesmal auch keine Schlägerei zu schlichten. Bürgermeister und Pfarrer mussten keine Bratwürste braten. Zwei statt vier Bratwurststände deckten den Bedarf.
1. FC Nürnberg überzeugt mit reifem und technisch versiertem Fußball
Letztlich stand dann gegen den 1. FC Nürnberg II auch noch eine 0:1-Niederlage zu Buche - trotz 50-minütiger Überzahl. "Es ist nicht schlimm, es tut halt weh", sagte nach Spielende TSV-Trainer Victor Kleinhenz. "Die drei Punkte, die wir diesmal auch nicht verdient gehabt hätten, holen wir uns am Samstag gegen Heimstetten." Was hatten die Club-Fohlen nach ihren fünf Spielen mit drei Siegen und zwei Unentschieden, die am Samstag auf beheiztem Rasen am Valznerweiher gegen Wacker Burghausen 2:2 gespielt hatten, gegen den BFV-Pokalfinalisten zu bieten?
Bei aller Jugend einen sehr reifen, taktisch klugen und technisch versierten Fußball. Den spielten die Aubstädter auch, nur etwas unglücklicher als gegen 1860 München. Irgendwie fehlte die Gier, das bedingungslose Gewinnen-Wollen, die Entschlossenheit, erst recht bei fast einstündigem Überzahlspiel. "Nein, es war kein Spannungsabfall. Jeder war voll fokussiert und konzentriert", behauptete Leonard Langhans. "Du redest es dir ein, irgendwann erwischt es dich aber doch", meinte Victor Kleinhenz.
Aubstadt beginnt mit der selben Startelf wie im Pokal gegen 1860 München
Es fehlte halt auch der zwölfte Mann in Gestalt der Unterstützung von den Rängen. Es fehlte das Flair des Pokalspiels. In die Dunkelheit der zweiten Halbzeit hinein sah man die Torchancen der Aubstädter aus der Entfernung gar nicht mehr richtig. Krasses Kontrastprogramm zum Pokalspiel: Es kam rüber wie eine triste Atmosphäre, was in Wirklichkeit spannendste Szenen vor dem FCN-Tor waren.
Das Trainer-Duo Victor Kleinhenz/André Betz überraschte damit, dass es an exakt derselben Startelf des Pokalspiels festhielt. Trotz der Ansage, dass man die Belastungen im Saison-Endspurt dosieren und die Reaktion der Spieler beobachten werde, wie sie nach Erfolg oder Misserfolg wieder in die Spur zurück kämen? Korrekturen nahmen sie dann bereits zur Halbzeit vor und brachten drei frische Spieler im offensiven Mittelfeld.
Sieben Spieler des TSV Aubstadt spielten in der Jugend beim 1. FC Nürnberg
Was fühlten die Aubstädter Spieler, sieben an der Zahl, die fünf bis zehn Jahre lang in der Kaderschmiede des 1. FC Nürnberg ausgebildet wurden? "Es war schön, ein paar alte Kollegen zu treffen", gestand Torhüter Lukas Wenzel, der jetzt in Bastheim lebt. "Mit Tim Latteier habe ich in der Jugend gespielt. Der Torwarttrainer Christian Krüger war heute leider nicht dabei. Das Herz schlägt schon noch für den Club. Ich war schließlich sieben Jahre dort im Internat, habe meine komplette Jugend in Nürnberg verbracht."
Tim Hüttl aus Neuses bei Coburg war vier Jahre am Valznerweiher. Schlägt das Herz noch für den Club? "Absolut nein. Es war zwar eine schöne Zeit, man hatte auch andere Ziele, aber ich war noch nie Nürnberg-Fan, sondern Bayern Fan." Gespielt hat er nach seiner Zeit in Nürnberg und vor dem Wechsel nach Aubstadt noch in Hoffenheim.
Ben Müller (aus Ansbach) und Leonard Langhans (aus Würzburg) waren je fünf Jahre im FCN-Internat. "Es sind schöne Erinnerungen gegen alte Kollegen. Clubfan bin ich noch ein bisschen, aber auf dem Platz will man einfach gewinnen", meinte Langhans. Und Kapitän Ben Müller: Der Lehramtsstudent (Sport und Mathematik für Realschule) trägt den Club nicht mehr im Herzen. "Höchstens wenn wir in Nürnberg spielen und ich komme wieder in die Kabine, wo man sich jahrelang umgezogen und geduscht hat, kommt das wieder ein bisschen hoch."