Es ist die siebte Saison des TSV Bad Königshofen in der Tischtennis-Bundesliga – und so extrem wie vor der viertletzten Partie dieser Spielzeit war die Situation noch nie. Am Sonntag um 16 Uhr müssen Bastian Steger, Jin Ueda, Filip Zeljko und Martin Allegro im Spitzenspiel Zweiter gegen Dritten bei Borussia Düsseldorf antreten. Welche Bedeutung kommt dem "ausgerechnet jetzt" zu? Zehn der 13 Liga-Begegnungen haben die Bad Königshöfer in den vergangenen sechseinhalb Jahren verloren, aber auch schon drei Mal gewonnen gegen den Favoriten: jeweils in Düsseldorf. Sie waren immer der Underdog, keine Frage. Und sind es auch diesmal – obwohl sie als Tabellendritter anreisen. Um die Borussia zu schlagen, braucht man einen sehr guten Tag.
Geschichte und Tradition gewinnen zwar keine Spiele. Aber 78 nationale und internationale Titel lassen darauf schließen, dass Düsseldorf über Jahrzehnte stets top besetzt gewesen sein muss in der Spitze und Breite. Sechs Europapokalsiege der Landesmeister, sieben Champions-League-Siege, vier ETTU-Cup-Sieg, 33 Deutsche Meisterschaften und 28 Pokalgewinne kann man nicht mit einem Minimalkader von drei oder vier Spielern holen. Trainer Danny Heister hat mit Timo Boll, Europameister Dang Qiu, Anton Källberg, Kay Stumper, Kamal Achanta und Borgar Haug gleich zwei gute Anzüge im Schrank.
Düsseldorf blamiert sich beim Tabellenneunten Grünwettersbach
Doch die weiße Weste der Borussen hat zuletzt ein paar schwarze Flecken bekommen. Zu Beginn der Rückrunde musste Düsseldorf als klarer Tabellenführer drei Niederlagen schlucken. Am 3. März unterlag das Team beim Tabellenneunten Grünwettersbach mit 0:3 und 0:9 Sätzen. Da schreckte die Tischtennis-Nation auf. Freilich kann sich Düsseldorf, was die Deutsche Meisterschaft über die Play-offs betrifft, selbst diese Niederlage erlauben. Etwas peinlich kam sie aber schon rüber. Zumal die Borussia fast in voller Kapelle antrat. Mit Timo Boll, Dang Qiu und Kay Stumper kann man eigentlich jeden Gegner schlagen. Ursprünglich sollte Qiu sogar geschont werden. Doch als Källberg wegen einer Erkältung ausfiel, sprang er doch ein. Wohl dem, der einen amtierenden Europameister als Ersatzmann nominieren kann.
Über eines sind sich die Königshöfer nach ihrer eigenen 1:3-Pleite gegen Fulda im letzten Spiel im Klaren: "Jetzt sind sie (die Düsseldorfer, Anm. d. Red.) erst recht heiß. Alles außer einer Wiedergutmachung durch eine überzeugende Vorstellung ist verboten." Was schon Timo Bolls Äußerungen nach Grünwettersbach zu entnehmen war: "Das ist schon ein Ding." Und mit einem Schuss Sarkasmus: "Wir hatten eigentlich nichts anderes vorgehabt und mussten gar nicht so schnell zurück." Die Schlappe machte den fairen Sportsmann Boll aber auch nachdenklich: "Ich glaube, dass es das, egal bei welchem System, noch nie gegeben hat, dass Düsseldorf ohne Satzgewinn wieder nach Hause geschickt worden ist. Für uns war das ein historisch schlechter Tag."
Kilian Ort hat in dieser Saison kein Spiel für den TSV Bad Königshofen gemacht
Bad Königshofens Lokalmatador Kilian Ort lebt in der Nähe des DTTZ, der sportlichen Leitzentrale des DTTB. Nach seiner zweiten Rücken-OP befindet er sich zurzeit in der Reha, wird am Ende in dieser Saison kein einziges Spiel für den TSV bestritten haben. Sein Herz hängt natürlich an seinem Heimatverein. Und seine Gedanken drehen sich auch um dieses Highlight-Spiel im ARAG-CenterCourt. Dessen 1100 Plätze sind bereits ausverkauft, 50 aber für die Königshöfer Fans reserviert, die mit dem eigens vom Verein organisierten Bus anreisen werden.
Für Kilian Ort ist die Borussia "natürlich der haushohe Favorit, auch wenn ihre Punkteausbeute in letzter Zeit nicht optimal war. Man muss realistisch konstatieren, dass sie mehr oder weniger schon in den Play-offs sind und die Spiele nicht ganz so wichtig nehmen wie zum Beispiel das Final Four im Pokal oder dann die Play-offs selbst – oder gar die Champions League. Wenn du vielleicht 50 Wettkämpfe hast im Jahr, ist es logisch, dass du dich nicht auf alle 50 gleich gut vorbereiten kannst." Er sei sich sicher, dass die Niederlage gegen Grünwettersbach am Selbstvertrauen der Düsseldorfer nage und sie eine Reaktion zeigen wollen würden.
Zugleich zeigt "Killy" Verständnis für die Niederlage seines TSV gegen Fulda: "Dass man gegen sie, obwohl Tabellenletzter, in dieser Aufstellung auch verlieren kann, ist absolut nachvollziehbar." Man dürfe dabei nicht nur auf die Tabelle gucken.
Die Partie in Düsseldorf sehe er nur als "Bonus-Spiel" für die Bad Königshöfer an. Danach komme es auf das Spiel in Grenzau an. "Es können noch mehrere Teams in die Play-offs kommen, wir aber eben auch", sagt Ort.