Die einzige Zahl, die am Mittwochabend in der Eltmanner Georg-Schäfer-Halle nicht so richtig zum Ereignis passte, war die der Zuschauer: Lediglich 356 Besucher wurden offiziell gezählt, als die Heitec Volleys Geschichte schrieben. Zum ersten Mal überhaupt bezwang das kleine Eltmann das große Friedrichshafen. 117 Minuten dauerte die Partie, an deren Ende die Haßbergler mit 3:2 (16:25, 25:19, 21:25, 25:23, 15:11) triumphierten, sich eindrucksvoll im Kreis der Erstligisten zurückmeldeten und die negativen Zahlen auf dem Konto zumindest für diesen Abend vergessen machten.
Zuvor hatte wohl kaum jemand damit gerechnet, dass die Heitec Volleys eine Chance gegen den großen VfB haben könnten. Marco Donat gehörte hier wohl eher der Minderheit an. "Ich habe letzte Woche schon geahnt, dass es ein schöner Abend für uns werden könnte", so Eltmanns Trainer am Tag nach der "kleinen Sensation, von der wir noch alle komplett geflasht sind".
Kritik vom VfB-Trainer
"Friedrichshafen ist ja nicht irgendwer, der VfB steht nicht umsonst da oben in der Tabelle. Das ist eine der größten Mannschaften im deutschen Volleyball", hat der Heitec-Coach durchaus Resepkt vor den Bodensee-Riesen. "Dass wir die besiegen konnten, ist ein Traum." Sein Gegenüber Michael Warm sah das naturgemäß anders: „Wir sind gut ins Spiel gestartet und haben einen guten ersten Satz gespielt", analysierte der VfB-Coach die Niederlage. „Dann haben wir zu viel gewollt, dadurch viele Eigenfehler gemacht und Eltmann ins Spiel gebracht." Der erfolgsverwöhnte Gäste-Trainer sparte nicht an Kritik: „Gute Spiele müssen wir uns erarbeiten. Die kommen nicht von alleine. Wir dürfen nicht denken, dass wir nach einem guten Start einen Gang zurück schalten können. Das können wir uns einfach nicht erlauben. Damit machen wir den Gegner stark."
Und genau so kam es dann auch. Als gäbe es die großen wirtschaftlichen Probleme nicht und als ob Durchgang eins nur zum Aufwärmen gedient hätte, zeigte Eltmann ab dem zweiten Satz ein komplett anderes Gesicht. Die Mannschaft steigerte sich in allen Belangen, servierte druckvoll, stand sicher in der Annahme, griff facettenreich an und kaufte den Gästen vom Bodensee damit den Schneid und Satz zwei ab.
Für Donat mit entscheidend war dabei ein Wechsel auf der Zuspielerposition: Der angeschlagen ins Spiel gegangene Rafal Prokopczuk machte Platz für Kapitän Merten Krüger. Der übernahm trotz seiner noch nicht ausgeheilten Handverletzung sofort Verantwortung, pushte seine Mitspieler und war durch seine variablen Zuspiele mitverantwortlich für die Wende in der Partie.
Sonderlob für Tomas Halanda
Eltmann wollte unbedingt in den Tiebreak und konnte endlich einmal in den entscheidenden Phasen noch zulegen. Im engen vierten Satz gab der größere Wille den Ausschlag zugunsten der Heitec Volleys. Tomas Halandas Angriff und Carlos Antonys Block zwangen den Tabellendritten in den fünften Durchgang. "Tomas hat ein hervorragendes Spiel gemacht", hatte Donat ein Sonderlob für seinen slowakischen Außenangreifer übrig. Der 27-Jährige drehte im Tiebreak richtig auf und sorgte mit seinen Aktionen dafür, dass die Sensation nach 117 Minuten perfekt war und Friedrichshafen geschlagen die Georg-Schäfer-Halle verließ, in der Eltmann nun seit eineinhalb Jahren ungeschlagen ist.
Geldstrafe und Punktabzug?
"Wir haben gezeigt, dass wir in die Liga gehören und sogar eine Bereicherung darstellen", schickte Marco Donat noch ein Argument in Richtung Deutsche Volleyball-Liga. Die entscheidet am Freitag darüber, ob die Heitec Volleys nach der Insolvenz der Volleys-GmbH die Saison überhaupt zu Ende spielen dürfen und ob Eltmann mit einer Geldstrafe und/oder Punktabzug belegt wird. "Ich gehe zu 100 Prozent davon aus, dass wir drin bleiben", so Donat. Es gebe keinen Grund, die Eltmanner rauszuwerfen. Ähnlich äußerte sich auch Peter Knieling, Vorsitzender des Stammvereins VC Eltmann, der am Freitag zusammen mit dem Insolvenzverwalter und GmbH-Vertretern der Sitzung beiwohnt.
Der Matchball im Video:
Wie es allerdings nach der Saison weiter geht, wird wohl weder in Eltmann noch in Berlin entschieden, sondern in Erlangen, dem Sitz des Hauptsponsors Heitec. Laut Manager Manohar Faupel erhalten zwar alle Angestellten der GmbH, und dazu zählen ja auch die Spieler, aktuell ihre Gehälter. Ob Heitec seine Unterstützung aber auch in der kommenden Saison aufrecht erhält, werden die kommenden Wochen und Monate zeigen.