Der Traum von Rolf Werner ist es, professionellen Volleyball in Nordbayern zu etablieren. Schon zweimal schien sein Verein, der VC Eltmann, auf dem besten Weg, diesen Traum zu verwirklichen. Doch sowohl 2010 – damals noch als SG Eltmann – als auch 2020 zerplatzte dieser Traum mit einem mächtigen Knall. Doch weder Insolvenz noch Zwangsabstieg bringen den 65-Jährigen zur Aufgabe. Er macht weiter. Auch wenn der Traum mittlerweile nur noch ein Träumchen ist.
Die anvisierte Rückkehr in die Zweite Bundesliga ist für die Eltmanner erst einmal verschoben. Den Titel in der Dritten Liga Ost schnappte sich der ASV Dachau, weitere freie Plätze in der Zweiten Liga gibt es nicht, da selbst die ambitionierten Klubs den Schritt ins Oberhaus scheuen. Das für letztes Wochenende geplante Relegationsduell zwischen Eltmann und Ludwigsburg wurde deshalb gestrichen. Ein Gespräch über Werners nicht immer wohlwollend betrachtetes Handeln, die Auswirkungen der Pandemie und darüber, was für eine nicht so turbulente Zukunft getan werden soll.
Rolf Werner: Das Thema "Aufstocken der Ersten Liga" ist vom Tisch. Es war am Ende keiner der Zweitligisten bereit, in die Erste Liga zu gehen. Deshalb gibt es auch keinen zusätzlichen Platz in der Zweiten Liga. Und dann braucht man auch die Spiele gegen Ludwigsburg nicht. Das wäre ein unnötiges Quälen der Spieler. Auch das Thema "Pro B" – also eine eingleisige Zwischenliga für ambitionierte Zweitligisten zwischen Erster und Zweiter Liga – hat sich für die kommende Saison erledigt.
Werner: Wenn du von Mühldorf am Inn bis nach Kiel fahren musst, dann geht das nur mit Anreise am Tag vorher, mit Übernachtung. Das sind enorme Kosten. Und ob das über Zuschauereinnahmen honoriert wird, bleibt auch dahingestellt. Da sind lokale Duelle doch wesentlich interessanter.
Werner: Bis auf wenige Ausnahmen sind die Zuschauerzahlen im Volleyball rückläufig – vor allem durch die Pandemie in den letzten beiden Jahren. Beispiel Hammelburg: Die hatten immer eine volle Hütte mit 600 bis 700 Zuschauern. In dieser Saison aber vermutlich einen Schnitt von unter 200 Zuschauern.
Werner: Da waren wir in Sachen Zuschauer ja auch gar nicht so unzufrieden. Mal dahingestellt, ob es jetzt zahlende Zuschauer waren oder nicht. Gegen Frankfurt waren 2200, gegen Berlin sogar 2800 Zuschauer in Bamberg. Das kann sich mehr als sehen lassen.
Werner: Vielleicht hatten wir das unterschätzt, dass wir in einer fremden Stadt, in einer Arena mit hohen Kosten, mit dem Platzhirsch Brose Baskets, das finanzielle Durchhaltevermögen haben müssen, um den Appetit auf Volleyball langfristig zu wecken.
Werner: Ich würde unterschreiben, dass ein Stück Bescheidenheit dem Projekt besser zu Gesicht gestanden hätte. Dennoch war das Gesamtprojekt Erste Liga lange vorbereitet und gut angelegt.
Werner: Natürlich nehme ich das auch persönlich. Aufgrund meiner ganzen Historie mit fast 50 Jahren Volleyball in Eltmann, immer an vorderster Front, ist das schon ausgeprägter als vielleicht bei anderen. Das waren schon Tiefschläge, die ich erst einmal verdauen musste. Ich bin aber ein Kämpfer. Ich kann auf die Schnauze fallen, aber ich muss dann wieder aufstehen, den Mund abwischen, aus den Fehlern lernen und es besser machen. Das ist meine Grundeinstellung. Ich kann zu solch einem Projekt, auch wenn es schiefgegangen ist, nicht einfach sagen: Das war's, jetzt sollen es andere richten. Ich wäre sogar bereit gewesen, zurückzutreten. Wir haben uns im Verein ausgetauscht, und die einhellige Meinung aller war, dass ich noch gebraucht werde. Und das war für mich auch die Motivation, zu sagen, ich lasse den Eltmanner Volleyball nicht im Stich. Der Drang, das Ganze in eine stabile Zukunft zu führen, ist da.
Werner: Es gibt keinen langfristigen Plan. Im Nahbereich ist es wünschenswert, wieder in die Zweite Bundesliga zurückzukehren. Da haben wir jahrelang sehr erfolgreich gespielt. Da kann sich Eltmann mit seiner Halle wohlfühlen. Da gehören wir hin und da wollen wir auch wieder hin. Zu allem anderen gibt es keine Gedankengänge. Ich sehe nicht, dass diese riesige Diskrepanz in den finanziellen und dadurch auch sportlichen Möglichkeiten zwischen Erster und Zweiter Liga jemals wieder geschlossen wird. Die Lücke wird eher immer größer.
Werner: Meiner Meinung nach, ja. Vielleicht gibt es mal Ausnahmen, dass es mal wieder ein Zweitligist wie Karlsruhe schaffen kann, aber die breite Masse ist da völlig außen vor. Aber soweit ich weiß, will das niemand. Die Zweitligisten fühlen sich in ihrer Blase recht wohl. Die Risiken eines Aufstiegs sind gewaltig. Was da auf einen zukommt, ist kaum zu erfüllen. Die Mannschaft müsste komplett umgebaut werden, um sportlich auch nur ansatzweise mithalten zu können. Ein durchschnittlicher Zweitligist hat einen Etat von rund 80.000 Euro, in der Ersten Liga ist es das acht- bis zehnfache. Und da reden wir nur von den unteren Mannschaften.
Werner: Mich hat darauf noch niemand angesprochen. Der Umgang der Leute mit mir ist völlig normal. Dass es das gibt, höre ich immer wieder. Ich habe sogar Verständnis, wenn das kritisch beäugt wird. Wenn man das zweimal erleben musste, ist es normal, dass man ein Stück weit den Glauben daran verliert. Mir geht es ja ähnlich. Aber ich mache meine Einstellung nicht davon abhängig, wie andere darüber denken. Deswegen gilt für mich: Aufgeben gilt nicht! Wir stehen inzwischen wieder auf wirtschaftlich sehr guten Füßen, haben keinerlei Schulden mehr und eine gute Eigenkapitalbasis. Aber: Gerade in diesen unsicheren Zeiten mit Corona und dem Ukraine-Krieg weiß man ja nicht, wie sich das finanziell niederschlagen wird. Kann ein Sponsor, der mit heute einen Vertrag unterschreibt, in einem Vierteljahr seine Verpflichtungen noch erfüllen?
Werner: Ich bin so gestrickt, dass ich keine voreiligen Entscheidungen treffe. Ich lasse immer etwas Zeit verstreichen, um mich zu orientieren. In meinem Kopf war eigentlich nicht einmal drin, aufzuhören. Vielleicht wäre es dazu gekommen, wenn ich für einen Neustart allein dagestanden wäre. Dann hätte es keinen Sinn gehabt. Aber im Verbund mit so vielen jungen, frischen Leuten, die das wieder nach vorne treiben wollen, war es für mich auch eine Verpflichtung, mich da nicht rauszuziehen.
Werner: Das ist total weit weg. Ich kann es mir auch nicht vorstellen. Da müsste schon viel zusammenkommen, dass das noch einmal gelingen könnte.