
Kurz vor Beginn der Zuckerrübenverarbeitung schauen Rübenbestände vielerorts in Franken katastrophal aus. Zu Zeiten, als in manchen Jahren die Ochsenfurter Zuckerfabrik schon auf Hochtouren lief, steht an den meisten Standorten eine Missernte bevor, ausgelöst durch die monatelange Trockenheit. Auch die Niederschläge der vergangenen Tage werden daran nichts mehr ändern. Zugleich bereitet die energieintensive Verarbeitung der Rüben Sorgen.
"Es wird definitiv schwierig", sagt Simon Vogel von der Rübenabteilung des Ochsenfurter Südzucker-Werks. Die jüngste Proberodung vom 13. September lässt auf einen Rüben- und Zuckerertrag schließen, der 30 Prozent unter dem fünfjährigen Durchschnitt liegt, schlechter noch als im letzten Trockenjahr 2018. Die Proberodungen an 21 Referenzstandorten dienen nicht nur der Ertragsprognose, sondern liefern dem Werk auch wichtige Anhaltspunkte über den Bedarf an Hilfsstoffen und Energie.
Erhöhte Prämie für frühen Erntezeitpunkt
Wie Südzucker-Sprecher Dominik Risser mitteilt, beginnt die Kampagne im Ochsenfurter Werk am 26. September. Dem Verband fränkischer Zuckerrübenbauer (VFZ) wäre ein späterer Erntebeginn lieber gewesen. Stattdessen hat Südzucker die sogenannte Frühlieferprämie um zwei Euro pro Tonne erhöht und den Zeitraum, für den diese Prämie gewährt wird, bis Mitte Oktober verlängert. So sollen Nachteile durch einen frühen Erntetermin ausgeglichen werden.
Die Hoffnung, dass die jüngsten Niederschläge noch einen nennenswerten Zuwachs bewirken könnten, teilt Rübeninspektor Simon Vogel nicht. An den besonders von der Trockenheit betroffenen Standorten, tragen die Rüben kaum noch Blätter. Die müssten aber erst nachwachsen, bevor sie Zucker bilden können. "Der Regen erleichtert die Ernte zwar erheblich, aber für das Wachstum bringt er kaum noch was", so Vogel.
Im Durchschnitt der fränkischen Anbaufläche von 22.500 Hektar erwartet der VFZ 55 Tonnen Zuckerrüben pro Hektar. Dabei variieren die Erträge je nach Standort erheblich. Eine Bandbreite zwischen 28 Tonnen und 113 Tonnen pro Hektar hat die jüngste Proberodung ergeben. Letztere von einem Acker im Ochsenfurter Gau, der während der Trockenphase mehrere Gewitterschauer abbekommen hatte. "Die Rübe ist an sich eine genügsame Pflanze, zwei Gewitter zur richtigen Zeit reichen da manchmal schon", so Vogel.
Dabei blickte VFZ-Vorsitzender Johannes Menth in der jüngsten Hauptversammlung des Verbandes Anfang Juli noch voller Zuversicht in die nahe Zukunft. Die schwerste Preiskrise der europäischen Zuckerindustrie nach Ende der Zuckermarktordnung schien überwunden. Die Preisnotierungen für europäischen Zucker an der Londoner Leitbörse haben sich im Vergleich zu den Tiefstständen des Jahres 2018 verdoppelt und liegen aktuell bei knapp 600 Euro.
Höhere Kosten fressen die höheren Erlöse auf
Von der Preiserholung profitieren die Landwirte, deren Erlöse seit Ende der Marktordnung direkt an die Verkaufserlöse der Südzucker AG gekoppelt sind. "Die Rübenpreise werden deutlich steigen", sagt auch Konzernsprecher Risser mit Blick auf die bereits getätigten Verkaufskontrakte. Im Gegenzug müssten die höheren Erlöse aber nicht nur die geringen Erträge wettmachen, sondern auch die extrem gestiegenen Preise für Treibstoff und Düngemittel. "Gute Rübenpreise können das Problem nur etwas abmildern", sagt Simon Vogel von der Rübenabteilung.
Das Augenmerk des Konzerns galt in den vergangenen Monaten vor allem der Energiebeschaffung. Neben den Rüben ist die Energie der größte Kostenfaktor bei der Zuckerherstellung. Inzwischen sieht sich Südzucker gut gewappnet für die bevorstehende Kampagne. Für alle Standorte seien angepasste Energiekonzepte ausgearbeitet worden. "Wir sehen uns gut vorbereitet, nur wenn wir die zugesicherten Mengen nicht bekommen würden, wäre es schwierig", so Konzernsprecher Risser. Wie diese Energiekonzepte konkret aussehen, dazu könne er sich aus Wettbewerbsgründen nicht äußern, so Risser weiter.
In Ochsenfurt werden 80 Prozent der Energie aus Kohle gewonnen, der Rest - vor allem für die Trocknung der Rübenschnitzel - aus Gas. Ursprünglich wollte man die Energieversorgung des Werks ab dem kommenden Jahr komplett auf Gas umstellen. Stattdessen wurden jetzt die technischen Voraussetzungen geschaffen, um die Trocknung notfalls statt mit Gas auch mit Schweröl betreiben zu können.
Bundeskartellamt lockert Kooperationsverbot
Immerhin ist das Bundeskartellamt in diesem Jahr vor dem Hintergrund einer drohenden Gasmangellage vom Kooperationsverbot der Zuckerkonzerne abgerückt. So dürfen Verarbeiter Rüben des Wettbewerbers übernehmen, wenn der sie wegen Energieknappheit nicht selbst verarbeiten kann und sie sonst verderben würden. "Das ist erst mal eine hypothetische Überlegung, aber wir begrüßen die Entscheidung", sagt Risser. "Sie zeigt, dass die regionale Zuckerproduktion auch in den Augen des Kartellamts einen Wert hat."
Sicher werden die niedrigen Erträge eine kurze Kampagne zur Folge haben. Intern rechnet man in der Ochsenfurter Zuckerfabrik mit höchstens 80 Verarbeitungstagen. Im Vorjahr war die Kampagne 128 Tage lang. Das ist auch die Größenordnung, die die Südzucker AG anpeilt, um ihre Standorte möglichst wirtschaftlich ausnutzen zu können.
Soviel Schweröl kann und wird die Zuckerfabrik Ochsenfurt nie für einen Notfall lagern das eine Saison die Trocknung funktioniert. Totes Kapital womöglich auf Jahre.
Da ist es wesentlich einfacher Gas für die Saison zu lagern und aufzubrauchen.
Wir brauchen auch hier eine Zeitenwende.
Was wollen Sie alternativ produzieren lassen? Mehr Sonderkulturen mit Bewässerung, mehr Futterpflanzen, mehr Energiepflanzen, mehr PV-Freilandflächen?
Lassen Sie den Landwirt eigenverantwortlicher Unternehmer sein.