Mit dem Eintreffen des lange erwarteten Regens sehen die Zuckerrübenanbauer aus der Region einen kleinen Silberstreif am Horizont. Durch die Niederschläge sind die bislang wegen der Trockenheit "schlafenden" Rüben erwacht und setzen ihr Wachstum, was ja eigentlich auf zwei Jahre angelegt ist, fort, wobei die erste Kraft nun zuerst in neue Blätter schießen wird. Aber auch die Rüben selbst saugen sich mit Wasser voll, was zu einer Gewichtszunahme führt.
Allerdings wird durch das Wasser der prozentuale Zuckergehalt in der Feldfrucht quasi verdünnt und verringert. Da es bei der Anlieferung der Rüben in der Südzucker-Fabrik in Ochsenfurt sowohl auf das Gewicht als auch auf einen möglichst hohen Zuckergehalt ankommt, ist es nun eine Abwägungsfrage, die jeder Landwirt für seine Situation selbst entscheiden muss: Rode ich jetzt schon die noch kleinen Rüben und profitiere vom hohen Zuckergehalt oder warte ich lieber noch ab, um die Gewichtszunahme der Rüben mitzunehmen?
Bei der Überlegung, vielleicht doch die kleinen Rüben zu roden, spielt auch die so genannte Frühlieferprämie eine Rolle, die Südzucker den Landwirten zahlt. Es ist bereits seit Jahren so, dass die zwei Roder und die Lademäuse während der Kampagne im Abstand von mehreren Wochen zwei Runden durch das Anbaugebiet drehen. Bauern, deren Rüben gleich beim ersten Mal an der Reihe sind, erhalten von Südzucker einen finanziellen Ausgleich im Gegenwert des durchschnittlich zu erwartenden Rüben-Zuwachses, erklärt Simon Vogel, Rübeninspektor beim Südzucker-Werk in Ochsenfurt. Diese Frühlieferprämie wurde heuer wegen der bisherigen Trockenheit bis Mitte Oktober verlängert. Falls sich bei den laufenden Proberodungen ergeben sollte, dass der Zuwachs bei den noch auf den Äckern stehenden Rüben jetzt noch überdurchschnittlich groß ausfällt, werde die normale Frühlieferprämie erhöht, so Vogel.
Aufschlag auf die Frühlieferprämie
Bei dieser diesjährigen Kampagne gibt es aber noch eine Besonderheit. Südzucker gewährt heuer auf die normale Frühlieferprämie - bis Ende September - einen Aufschlag von zwei Euro pro Tonne. Denn man will in Ochsenfurt früher mit der Verarbeitung beginnen, als es eigentlich nötig wäre. Angesichts der deutlich geringeren Ernte hätte es zwar ausgereicht, wenn man erst Anfang Oktober begonnen hätte, sagt Rübeninspektor Vogel. Doch der Start wird jetzt am 28. September sein. Es gibt gleich mehrere gute Gründe, warum dies so ist und man deshalb möglichst viele Landwirte überzeugen möchte, schon jetzt zu liefern.
Einer der Gründe: Die Vorräte an Ochsenfurter Zucker in den Silos in Ochsenfurt und in Zeil sind fast verbraucht. Damit Großkunden bei ihrer Produktion keine Probleme bekommen, muss die Zuckerlieferung also baldmöglichst sichergestellt sein. Denn bei vielen Großkunden ist nur der Einsatz von Zucker aus Ochsenfurt zertifiziert. Das heißt: Zucker aus anderen Werken darf bei den Kunden nicht verarbeitet werden.
Kommt es zu Liefer-Engpässen?
Der andere Hauptgrund hängt mit der derzeitigen Energiekrise zusammen. Da sind zum einen die Hilfsstoffe aus der chemischen Industrie, die bei der Zuckerherstellung benötigt werden, auf die Ochsenfurt dringend angewiesen ist und die vor Ort aber nicht lagerbar sind. "Aktuell geht es zwar noch mit der regelmäßigen Anlieferung", berichtet Vogel. Allerdings bestünde möglicherweise die Gefahr, dass bei einem Gasmangel in der deutschen Industrie solche Hilfsstoffe dann vielleicht nicht mehr hergestellt werden. Dann käme auch die Zucker-Produktion zum Erliegen. Deshalb will man jetzt möglichst schnell möglichst viele Rüben verarbeiten, ehe es eventuell zu Lieferengpässen aus der chemischen Industrie kommt.
Zum anderen hat die Ochsenfurter Zuckerfabrik auch selbst einen hohen Energieverbrauch, weil die Rübenschnitzel unter anderem gekocht werden müssen. 80 Prozent der benötigten Wärme werde heute noch mit Steinkohle erzeugt, erklärt Vogel, und 20 Prozent mit Gas. Normalerweise wäre dies die letzte Rübenkampagne gewesen, wo noch die Kohle zum Einsatz kommt. "Ein neuer Gaskessel ist schon bestellt." Doch angesichts der aktuellen Entwicklungen habe man die Umstellung von Kohle auf Gas jetzt "nach hinten geschoben". Und falls es zu Ausfällen bei der Gasversorgung kommen sollte, dann habe man die technische Möglichkeit geschaffen, die Trocknungsanlage statt mit Gas auch mit dem vorrätigen Schweröl zu fahren.
Ein Dilemma: hoher Preis, wenig Ertrag
Ausgerechnet jetzt, wo es durch die Dürre im Raum Gerolzhofen/Schweinfurt voraussichtlich zu einer schlechten Ernte mit nur 23 bis 33 Tonnen Rüben pro Hektar kommen wird, was höchstens die Hälfte des durchschnittlichen Ertrags darstellt, boomt der weltweite Zuckermarkt - und es gibt sehr gute Preise. Man gehe davon aus, dass die Landwirte diesmal einen Preis um die 50 Euro pro Tonne werden erzielen können, sagt Klaus Ziegler, der Geschäftsführer beim Verband Fränkischer Zuckerrübenbauer aus Eibelstadt. Der genaue Preis werde aber erst nach der Kampagne endverhandelt. Zum Vergleich: In den vergangenen Jahren lag der Verkaufspreis noch bei rund 30 Euro. Dies sei natürlich ein "echtes Dilemma" gerade für die Landwirte, die unter der Trockenheit auf ihren Feldern litten und dadurch wenig Gewicht erzeugen konnten.
Angst vor Rodeverlusten
Während das Roden und der Abtransport der rein biologische angebauten Zuckerrüben ins Südzucker-Werk in Rain am Lech inzwischen praktisch abgeschlossen ist, hat das Roden der konventionell angebauten Rüben noch nicht begonnen und soll erst in einigen Tagen starten. Die Rode-Bereitschaft der Landwirte sei allerdings "noch sehr gering", sagt Michael Mikus, der Geschäftsführer des Maschinenrings Gerolzhofen, bei dem alle Organisationsstränge für Roden, Verladen und Abtransport der Rüben zusammenlaufen. "Viele sind der Meinung, dass der jetzt noch zu erwartende Zuwachs bei den Rüben durch die Frühlieferprämie nicht ausgeglichen wird."
Außerdem befürchten die Zuckerrübenbauern, so Mikus weiter, größere Rodeverluste, wenn die Rüben schon jetzt geerntet werden. Wie berichtet, gibt es Äcker, wo wegen der lang anhaltenden extremen Dürre die Rüben bis jetzt nur so klein geworden sind, dass sie beim Roden und später auch beim Verladen durch die "Lademaus" möglicherweise durch die Schmutzgitter der großen Maschinen herausfallen und deshalb auf dem Acker liegenbleiben, statt im Lkw zu landen. Jeden Tag länger, bei dem die Rüben noch mit Feuchtigkeit in Kontakt kommen, steigert die Chancen, dass die Früchte eine Größe erreichen, bei der sie von den Maschinen dann auch sicher verarbeitet werden können.
Es ist eine Abwägungssache
Sind dann die zwei Mehrreihen-Roder der Zuckerrübenanbau-und Rodegemeinschaft und die Lademäuse der Landwirtschaftlichen Maschinengemeinschaft der Zuckerrübenanbauer Zeil Ost erst einmal arbeitslos? "Nein", sagt Michael Mikus. Start der Kampagne werde für die zwei Roder in den nächsten Tagen sein, einer bei Dimbach und einer bei Kronach. Denn es gebe natürlich auch Landwirte, die für ihren Betrieb abgewogen hätten, dass es besser sei, die Rüben schon jetzt zu ernten - bei geringem Gewicht, dafür aber mit hohem Zuckergehalt und der zusätzlichen Geldeinnahme durch die Frühlieferprämie und dem zusätzlichen Aufschlag. Auch wenn auf den Feldern möglicherweise Krankheiten drohen, so Mikus, sei es natürlich vernünftig, schon jetzt den Roder beim Maschinenring zu bestellen.
Ich kann nicht verstehen, daß in Zeiten der Energieknappheit jeden Tag in der Kampagne pro Zuckerfabrik Energie von ca. 300 to Steinkohle verheizen. Bei gut 20 Zuckerfabriken sind das 6000to Steinkohle pro Tag. Für eine KWh Strom braucht man ca. 300gramm Steinkohle.
Würden wir nur auf die Hälfte der Produktion des gesundheitsschädlichen Zuckers verzichten, wäre deutlich mehr Kohlestrom am Markt verfügbar. Warum wird darüber nicht diskutiert?
Für bis September (siehe Titel) wäre am 31.08. der letzte Termin gewesen.
Im Text wird dann daraus Ende September oder vielleicht gar Mitte Oktober.
Was sollen die Leser der MP jetzt aus dem ganzen Artikel herauslesen?
Dass man eigentlich nichts weiss würde ich sagen. Dann kann man aber auch Papier und Farbe sparen.