Ein Konflikt innerhalb der Würzburger Kulturszene war im Februar eskaliert. Am Dienstag musste sich nun der stadtbekannte Plakatierer "Börni" vor Gericht verantworten, weil er den ehemaligen Main-Post Fotografen Fabian Gebert angegriffen hatte. Gegen eine Geldauflage wurde das Verfahren schließlich eingestellt. Allerdings erst nach erfolglosen Schlichtungsversuchen von Amtsrichterin Lisa Müller und der Maßregelung eines verärgerten Oberstaatsanwalts Tobias Kostuch.
In der Würzburger Kulturszene gibt es seit Jahren Konflikte um die kostenlosen Plakatierflächen in der Innenstadt. Bauzäune und leere Schaufenster sind beliebte Werbeträger für Kulturschaffende. Legal ist das nur mit Zustimmung der Eigentümerinnen und Eigentümer – allerdings beschwert sich in der Praxis kaum jemand.
Würzburger Amtrichterin Lisa Müller zum Streit: "Es ist doch wirklich armselig!"
Zusammengestoßen waren der hauptberufliche Plakatierer Börni (64) und Fotograf Gebert (29), weil Ersterer laut des Fotografen regelmäßig fremde Plakate herunterreiße. Als Gebert Börni einmal beim Abreißen eines seiner Plakate beobachtet und gefilmt habe, sei er geschubst worden. "Dabei verletzte der Angeklagte Gebert, indem er ihn gegen einen Stehtisch stieß", sagte Staatsanwalt Kostuch in seiner Anklage. Außerdem habe der Plakatierer den 29-Jährigen mit der Aussage "Ich hau' dir aufs Maul, du Arschloch" bedroht und beleidigt.
Zum Vorwurf der Beleidigung und Bedrohung sagte Börni: "Ich möchte es nicht negieren, dass es so gefallen ist. Ich bestreite allerdings, Fabian Gebert angegriffen zu haben." Das wurde durch die Beweisaufnahme widerlegt: Der Angegriffene hatte ein ärztliches Attest seiner Verletzung vorgelegt und konnte einen Zeugen sowie eine entsprechende Videoaufnahme vorweisen.
Schuld und Beweise spielten in dem Verfahren allerdings eine untergeordnete Rolle. Amtsrichterin Müller war um eine Lösung bemüht: "Sie sind beide zwei erwachsene Männer, die die Welt ein bisschen besser machen wollen", sagte sie zu den Kulturschaffenden. Sie bezog sich auf erfolglose Mediationsversuche des Würzburger Kulturamts und sagte: "Es ist doch wirklich armselig, dass das Kulturamt sich mit Ihnen hinsetzen muss und Sie keine Lösung finden!"
Kann "kleiner roter Börni-Bär-Aufkleber" den Würzburger Plakatierstreit lösen?
Aus Geberts Sicht stellte sich die Sache unkompliziert dar. Er sagte: "Für mich kann eine Lösung so aussehen, dass Plakate einfach hängen gelassen werden." Für Börni war die Angelegenheit nicht so einfach. Er argumentierte, dass viele Eigentümer ihm Plakatierflächen exklusiv zur Verfügung stellten. In einem Fall konnte er das schriftlich belegen. Auf die Frage von Richterin Müller, warum er "seine" Flächen nicht markiere ("Zum Beispiel mit einem kleinen roten Börni-Bär-Aufkleber"), ließ er durchblicken, dass es mit der vermeintlichen Exklusivität doch etwas komplizierter sei.
Er plakatiere lediglich für kulturell hochwertige Veranstaltungen und ihm sei daran gelegen, dass dies auch von anderen praktiziert würde, sagte Börni. Gleichzeitig ließ er durchblicken, dass er auch Geberts Veranstaltungen akzeptieren würde, wenn dieser zu einer finanziellen Einigung bereit sei. "Solange es einen kommerziellen Aspekt gibt, wird es immer wieder Schwierigkeiten geben", sagte der 64-Jährige, der mehrfach zu verstehen gab, dass er vor Gericht keinen Kompromiss anstrebte.
"Anmaßend": Darum platzte dem Würzburger Staatsanwaltschaft schließlich der Kragen
Da platzte Oberstaatsanwalt Kostuch, dem während der stundenlangen Streitschlichtung anzumerken war, dass er seine Zeit gerne anders genutzt hätte, schließlich der Kragen: "Sie bestätigen gerade selbst, dass Sie zum einen ein Monopol wollen und sich zum anderen anmaßen, festzulegen, was inhaltlich plakatiert werden darf", herrschte er den Angeklagten an.
Für eine Einstellung des Verfahrens unter Auflagen plädierte er am Ende dennoch, denn die Vorwürfe seien am unteren Ende des strafrechtlichen Spektrums angesiedelt. Nachdem Börni eine Geldstrafe von 900 Euro zu Gunsten der Universitäts-Kinderklinik dann auch akzeptierte, stellte Richterin Lisa Müller das Verfahren vorläufig ein. Beigelegt ist der Streit damit allerdings nicht. Plakatierer Börni hofft nun auf weiteren vom Würzburger Kulturamt moderierten Dialog. Er sagte: "Ich finde es gut, dass es diese Form der Kommunikation jetzt überhaupt gibt."