Den Oberarzt einer Würzburger Klinik war die Online-Buchung teuer gekommen: Er hatte eine 18-jährige Prostituierte zu einem Schäferstündchen in sein Büro in der Klinik bestellt. Und war danach mit intimen Handyfotos erpresst worden - mutmaßlich von der jungen Frau und zwei rumänischen Landsleuten. Die 18-Jährige war vom Amtsgericht Würzburg und im Berufungsprozess am Landgericht vor einem Monat bereits verurteilt worden. An diesem Montag nun standen in Würzburg die zwei Hintermänner vor dem Amtsgericht. Und kamen milde davon.
Würzburger Oberarzt mit Handy-Foto erpresst: "Zahl mir 15.000 Euro"
Mehrfach hatte der Arzt die junge Rumänin auf einer einschlägigen Internetseite gebucht. Nach einem "Termin" im Juni 2022 in seinem Büro, bei dem die 18-Jährige den halb entblößten Arzt heimlich fotografiert hatte, war er erpresst worden: "Zahl mir 15.000 Euro – oder ich hänge das Unten-ohne-Foto als Poster auf dem Klinikgelände auf und schicke einen Abdruck an deine Frau".
Bei der Übergabe des Geldbriefes auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants schnappten die hinzugezogenen Polizisten zu. Ihre Ermittlungen brachten den Mediziner um seinen Ruf, den Job in Würzburg - und den Respekt seiner Ehefrau. Die hatte zufällig von dem Vorfall in der Klinik und der Erpressung erfahren: Als der geladene Arzt nicht zu seiner Zeugenaussage erschienen war, rief das Gericht bei ihm an und erreichte ihn während einer Autofahrt. Unglücklich für ihn: Das Handy war im auf Freisprecheinrichtung geschalten, auf dem Beifahrersitz nehmen ihm saß seine Frau.
Mutmaßlicher Drahtzieher: Nicht genug Belege
Auch an diesem Montag blieb der Mediziner dem weiteren Prozess fern. Auf der Anklagebank: der mutmaßliche Drahtzieher der Erpressung und seine 26-jährige Verlobte. Doch das Gericht fand nicht genug Belege für eine gemeinsam geplante Geldforderung unter Federführung des 35-Jährigen.
Darüber freuten sich im Zuschauerraum lautstark die Kolleginnen der 18-Jährigen. Sie waren mit Beschützern angereist, um dem 35-jährigen Angeklagten und seiner Verlobten Beistand zu leisten.
Die bereits zu 14 Monaten mit Bewährung verurteilte junge Rumänin nahm im Zeugenstand alle Schuld auf sich und vermied es, die beiden Beschuldigten mit ihrer Aussage zu belasten. Obwohl -oder weil? - sie laut ihrem Anwalt Roj Khalaf "Angst" vor dem 35-jährigen Landsmann hat.
Verurteilte Rumänin: "Ich war nur der Lockvogel"
"Ich war nur der Lockvogel", hatte sie noch in ihrem eigenen Prozess betont. Dazu passte eine Nachricht, die sie per Handy von dem 35-Jährigen bekommen hatte, als sie für die Geldübergabe auf dem Weg nach Würzburg war: "Wage es nicht, ohne das Geld zurückzukommen – sonst bist du tot," schrieb er in der Nachricht, die Ermittler später auf ihrem beschlagnahmten Handy fanden. Sollte die 18-Jährige das nicht ernst nehmen von einem Mann, der für seine Beteiligung an der brutalen Tötung eines Landsmannes aus ihrem Heimatort bereits in Rumänien siebeneinhalb Jahre in Haft gesessen hatte?
Das sei im rumänischen Sprachgebrauch keineswegs so ernst gemeint, argumentierten die Verteidiger Julia Geprägs und Peter Möckesch am Montag. "Sei vorsichtig und bring das Geld nach Hause", habe diese Nachricht bedeutet. Ihr Mandant habe der jungen Frau sogar die Miete bezahlt – und ihr laut ihrer jetzigen Zeugenaussage sogar von der Erpressung abgeraten. Am Montag druckste sie vor Gericht herum und sagte auf bohrende Nachfragen: Die Erpressung sei ihre Idee gewesen.
Gericht fand "salomonische Lösung"
Das Gegenteil war den beiden Angeklagten nicht nachweisbar. Tapfer forderte die Staatsanwältin bei dünner Beweislage in ihrem Plädoyer dennoch ein Jahr Haft für Beihilfe zur Erpressung, Verteidiger Möckesch plädierte dagegen auf Freispruch.
Das Gericht um die Vorsitzende Lisa Müller entschied sich zu einer "salomonischen Lösung": sieben Monate Haft mit Bewährung. Da die beiden Angeklagten seit fast sechs Monaten in Untersuchungshaft gesessen hatten, kamen sie sofort frei. Die Vorsitzende Richterin war froh, "dass wir den Arzt nicht mehr hören mussten". Ihre Ansicht, letztlich sei ja "kein Schaden entstanden", wird der ferngebliebene Mediziner vermutlich nicht teilen.