zurück
Würzburg
Würzburger Natural Bodybuilder Paar ist eines der stärksten der Welt: Ein Leben zwischen Hantelbank und Magerquark
Christian und Tanja Schneider aus Würzburg haben eine große Leidenschaft: Natural Bodybuilding. Wie lange trainiert man für so einen Waschbrettbauch?
Christian und Tanja Schneider aus Würzburg messen sich gern mit anderen Muskelpaketen. Ihre große Leidenschaft: Natural Bodybuilding.
Foto: Christian Schneider | Christian und Tanja Schneider aus Würzburg messen sich gern mit anderen Muskelpaketen. Ihre große Leidenschaft: Natural Bodybuilding.
Gina Thiel
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:48 Uhr

Weniger als zwanzig Minuten haben Christian und Tanja Schneider Zeit, um zu überzeugen. Dann ist ihr Auftritt auf der Bühne der Natural Bodybuilding Olympia in Las Vegas auch schon vorbei. Knapp acht Monate Vorbereitungen liegen hinter dem Würzburger Paar – viele Trainingseinheiten im Fitnessstudio und eine strenge Diät.

Auf der Bühne zeigen die beiden beim Paar-Posing ihre körperlichen Erfolge: Rücken, Beine, Bauch und Arme. Jeder einzelne Muskel wird angespannt und der Fachjury präsentiert. Sie entscheidet am Ende, wer seinen Körper in den vergangenen Monaten am besten in Form gebracht hat.

Wie schneidet Tanja Schneider bei ihrem ersten offiziellen Wettkampf ab?

Aber ihre Anstrengung macht sich bezahlt: Sie konnten die Fachjury überzeugen und die Goldmedaille in der Kategorie "Mixed Pairs" (deutsch: gemischte Paare) mit nach Hause nehmen. Nicht nur die intensive Vorbereitung verlangt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Natural Bodybuilding Olympiade einiges ab – auch der Bühnenauftritt selbst zehrt an den Kräften.

"In den Tagen danach hatten wir richtig Muskelkater, da tat alles weh", sagt Tanja Schneider. Für sie war die Olympiade im November der erste Auftritt auf der Bühne und damit auch der erste offizielle Wettkampf. Bisher war sie immer im Hintergrund, hat ihren Partner bei der Vorbereitung auf seine Wettkämpfe unterstützt und ist mit ihm gemeinsam in die USA gereist.

"Irgendwann vergangenes Jahr hat es mich einfach gepackt und ich wollte auch auf die Bühne", erzählt sie. Vor sechs Jahren hat sich das Paar kennengelernt – im Fitnessstudio natürlich. Der 34-Jährige hatte sich schon damals einen Namen in Bodybuilding-Kreisen gemacht und auch schon diverse Titel gewonnen.

Beim Natural Bodybuilding gelten strenge Regeln und Kontrollen

Beim Natural Bodybuilding geht es darum, durch hartes Training möglichst viel Muskelmasse aufzubauen. Damit die Muskeln auf der Bühne auch gut sichtbar sind, ist es wichtig, in der Wettkampfvorbereitung den Körperfettanteil stark zu reduzieren. Das geht nur mit einer strengen Diät. Eine durchschnittliche Frau hat einen Körperfettanteil von 20 bis 30 Prozent, ein Mann ungefähr zwischen zehn und 22 Prozent. In ihrer finalen Phase hat Tanja ihren auf neun Prozent und Christian auf vier Prozent gesenkt.

In ihrer Wohnung in Würzburg hat das Natural Bodybuilding Paar einen Raum eingerichtet, in dem sie all ihre Pokale und Erfolge aufbewahren.
Foto: Thomas Obermeier | In ihrer Wohnung in Würzburg hat das Natural Bodybuilding Paar einen Raum eingerichtet, in dem sie all ihre Pokale und Erfolge aufbewahren.

Wichtig beim Natural Bodybuilding ist, wie der Name schon sagt, dass der Muskelaufbau ohne leistungssteigernde Substanzen, wie beispielsweise anabole Steroide, stattfindet – also komplett natürlich. Dafür sorgen die strengen Regeln und Kontrollen der "German Natural Bodybuilding and Fitness Federation" (GNFB). Also der Sportverein, bei dem offizielle Wettkampfteilnehmer und -teilnehmerinnen angemeldet sein müssen.

Dieser führt regelmäßige, unangekündigte Dopingkontrollen seiner Mitglieder durch. So kann es schon mal vorkommen, dass Christian einen Anruf bekommt und spontan eine Blut- oder Urinprobe abgeben muss. "Das sorgt dafür, dass der Sport sauber bleibt", erklärt der 34-Jährige. Auch vor den Wettkämpfen selbst finden strenge Dopingkontrollen statt.

Hat man wirklich jeden Tag Lust auf Kniebeuge und Bankdrücken?

Sechs bis acht Stunden in der Woche trainieren Tanja und Christian Schneider für ihren Körper. Hinzukommen noch lange Spaziergänge mit ihrem Hund. "Das ersetzt bei uns das Cardio-Training", erzählt Christian. Bis zu 16.000 Schritte laufen die beiden am Tag. Leicht fällt das aber nicht immer. "Nach einem zehnstündigen Arbeitstag kostet es mich manchmal schon Überwindung, noch meine Schritte zu laufen", sagt Tanja. Hauptberuflich arbeitet sie als Steuerfachangestellte.

Die 30-Jährige gibt zu: Auch sie hatte während der Vorbereitungszeit mal Tage, an denen sie das Training am liebsten hätte ausfallen lassen. Am Ende hat der Wille aber doch gesiegt: "Trotzdem habe ich es durchgezogen und keine einzige Trainingseinheit verpasst", sagt sie stolz. Bei Christian ist das anders. Das harte Training ist ihm bereits in Fleisch und Blut übergegangen. "Ohne kann ich es mir gar nicht mehr vorstellen", sagt der Würzburger.

Den hohen Fleischkonsum, der mit dem Sport einhergeht, versuchen die Schneiders zum Beispiel durch Proteinshakes zu ersetzten und so gering wie möglich zu halten.
Foto: Thomas Obermeier | Den hohen Fleischkonsum, der mit dem Sport einhergeht, versuchen die Schneiders zum Beispiel durch Proteinshakes zu ersetzten und so gering wie möglich zu halten.

Seit er 16 Jahre alt ist, stemmt Schneider regelmäßig Gewichte. Inzwischen hat er sein Hobby zum Beruf gemacht und arbeitet seit zehn Jahren als Personaltrainer und Ernährungsberater – seit vier Jahren ist er selbstständig. Mit 19 Jahren stand Schneider das erste Mal auf der Bühne. Damals hat es allerdings nur für den letzten Platz gereicht. Inzwischen hat sich viel verändert. Schneider hat mittlerweile fast alles gewonnen, was man gewinnen kann. 2016 wurde er das erste Mal Deutscher Meister im Natural Bodybuilder, 2019 dann Weltmeister und in diesem Jahr machte er beim "Natural Olympia" in Las Vegas den vierten Platz.

Sind die strengen Diäten und das harte Training auf Dauer gesund?

Irgendwann, das ist Schneiders großes Ziel, will er bei Olympia die Goldmedaille holen. Bis dahin wird es aber noch dauern. "Ich werde bis zum Frühjahr 2025 oder 2026 warten und erst dann meine nächste Wettkampfvorbereitung starten." Regenerationsphase nennt sich der Zeitraum und Schneider erklärt auch gleich, warum die so wichtig ist: "Damit der Stoffwechsel und Hormonhaushalt im Ausgleich bleiben und der Körper nicht kaputtgeht."

Die Mahlzeiten der beiden Natural Bodybuilder sehen viel abwechslungsreicher aus, als viele vielleicht vermuten würden.
Foto: Christian Schneider | Die Mahlzeiten der beiden Natural Bodybuilder sehen viel abwechslungsreicher aus, als viele vielleicht vermuten würden.

Schneider habe schon einige Personen erlebt, die irgendwann die Realität zu ihrem Körperbild verloren haben. "Die Form von der finalen Wettkampfphase kannst du nicht dauerhaft aufrechterhalten", weiß er. Und auch der geringe Körperfettanteil sei über lange Zeit nicht gesund. "Da muss man aufpassen, denn einige sind danach schon in eine Esskrankheit abgerutscht."

Tanja stimmt ihm zu. Auch sie habe in der Wettkampfvorbereitung irgendwann gar nicht mehr gemerkt, wie sich ihr Körper verändert hat. Geholfen haben ihr die Vorher-Nachher-Bilder, die ihre Entwicklung festgehalten haben. Und Christian, der mit seiner Erfahrung als Ernährungsberater weiß: "Eine solche Diät kannst du nicht dauerhaft aufrechterhalten. Das ist nicht gesund."

Besteht der Ernährungsplan nur aus Hähnchenfleisch und Magerquark?

Dass Tanja die strenge Diät von Januar bis November durchhalten würde, hätte sie anfangs selbst nicht gedacht, sagt sie. Kleine Pausen zwischendurch hätten sich die zwei dennoch gegönnt. Dann gibt es auch mal ein Eis oder eine Pizza. Das sei auch für die mentale Gesundheit und das Durchhaltevermögen wichtig.

Dann räumt sie direkt mit einem gängigen Vorurteil auf. Besteht ihr Speiseplan wirklich nur aus Magerquark und Hühnchenfleisch? "Nein, wir brauchen zwar viel Eiweiß zum Muskelaufbau, aber da essen wir viel körnigen Frischkäse, Fisch und Hülsenfrüchte, wie Erbsen und Linsen."

Doch sie gibt auch zu: "Zum Ende hin wird die Ernährung sehr einseitig." Dann beginnt das, was viele aus TV-Reportagen kennen: strikte Kalorienvorgaben und Lebensmittel abwiegen. Auch für die Fitnessprofis ist diese Zeit nicht leicht.

Wie reagiert Tanja auf Vorwürfe, ihr Körper sei nicht mehr weiblich genug?

Rund 400 bis 450 Euro geben die beiden im Monat für Lebensmittel aus – weniger als viele vielleicht denken. Das liegt auch daran, dass Schneider in den vergangenen Jahren seinen Fleischkonsum extrem reduziert hat. Denn auch er ist sich der Kritik des hohen Fleischkonsums bewusst und will auf Nachhaltigkeit achten. "Hühnerfleisch hat viel Protein, aber das kann man heute gut mit Shakes, Quark oder Proteinpudding ersetzen", sagt er. Früher habe er viel mehr Fleisch gegessen und es mittlerweile auf ein Minimum reduziert.

Tanja Schneider hat trotz der Anstrengungen und langen Diät Gefallen an den Wettkämpfen gefunden. In den kommenden Monaten wollen die Beiden ihre Körper weiter trainieren und formen. Dass die Leidenschaft der Beiden auf viele befremdlich wirkt, stört die Würzburger nicht. Zwar gäbe es auch immer wieder Menschen, die gerade Tanja sagen, dass ihr Körper nicht mehr weiblich sei, doch die Kommentare blende sie aus.

"Ich finde auch straffe trainierte Körper schöner als untrainierte", sagt sie. So hätte jeder seine eigene Meinung und unterschiedliche Vorstellungen von Schönheit. Und das sei auch gut so. Für die beiden Würzburger zählt ohnehin nur eins: Ein gesunder Körper, mit dem sie auch bis ins hohe Alter ihrer Leidenschaft nachgehen können.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Gina Thiel
Bodybuilder
Christian Schneider
Diät
Fitness-Studios
Fleischkonsum
Weltmeister
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Jutta Nöther
    Ordentlich durchgebraten sehen sie ja aus...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans-Georg Heim
    Diese Selbstdisziplin, die die Beiden aufbringen müssen, nötigt mir höchsten Respekt ab.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Herbert Zorn
    Hübsch , Hässlich ,
    naja, jeder so wie er es braucht!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Anton Müller
    Krass! Ich darf also täglich trainieren, mich von "Shakes, Quark oder Proteinpudding" ernähren, strikte Kalorienvorgaben und Lebensmittel abwiegen und am Ende aller Mühen sehe ich dann so aus, wie die beiden auf dem ersten Bild? Echt jetzt? Wird man da bei Wettbewerben vorher in ein Fass mit Altöl getaucht? Das ist schon ein sehr spezielles Hobby...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Klaus Krug
    Hat die Mainpost eigentlich was für die schöne Produktplazierung kassiert?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Müller
    Super Tanja & Christian, weiter so.
    2024 verletzungsfrei trainieren, Gesundheit und weiter viel Erfolg.
    Endlich man ein Bericht über Natural BB. 😎
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten