"Du kannst, wenn du willst." Für viele klingt das nach einem abgedroschenen Spruch. Aber bei manchen Menschen ist genau das der Anfang, um ihr Leben zu verändern und etwas zu erreichen. Eine radikale Umstellung in punkto Gewicht hat Tanja Merklein (47) aus Markt Herrnsheim hinter sich.
Die "Käsefrau" der Hofkäserei Brunner, die Freitag und Samstag saisonale Käseprodukte an ihrem Marktstand in Kitzingen und Würzburg anbietet, hat in neun Monaten 66 Kilogramm Gewicht reduziert – von Kleidergröße 58 auf 42. Gelungen ist ihr das allein durch eisernen Willen, eine drastische Ernährungsumstellung und regelmäßige Sporteinheiten.
Die erste Diät hielt nicht lange vor
Egal ob als Kind oder Jugendliche – "pummelig" sei sie schon immer gewesen, erinnert sie sich. Merklein heiratete mit 24, es kamen zwei Kinder, sie vernachlässigte sich selbst zugunsten der Familie. Ein schleichender Prozess begann. Manchmal aß sie nicht wegen des Essens, sondern aus Frust: weil sie nur noch für die Familie funktionieren musste, weil alles wichtiger war als sie selbst und sich Probleme auftürmten, die vorher nicht da waren.
"Essen war für mich eine Droge, eine Ersatzbefriedigung. Ich belohnte mich mit Essen, tat mir was Gutes – dachte ich", ist sich Tanja heute klar. Dazu kam der Frust über das eigene Aussehen. Man fühlt sich nicht mehr "wertvoll und attraktiv" und bekommt immer mehr körperliche Leiden. Vor ein paar Jahren hatte sie dieser Leidensdruck schon zu einer Low-Carb-Diät bewoben, bei der sie 30 Kilogramm abnahm. Allerdings hielt dieser Erfolg nicht lange an, und die Kilos waren schnell wieder drauf.
Von außen bekam sie zu hören: "Wow, was für eine taffe Frau", die den Spagat zwischen Familie und Beruf scheinbar mühelos schafft. "Aber in deinem Inneren stirbst du", so hat es Merklein gefühlt. "Du bist nicht mehr du selbst und hast dich verloren", beschreibt sie ihre damalige Gefühlslage.
Zu den körperlichen Veränderungen, die eine Gewichtszunahme mit sich bringt, kamen psychische Probleme: "Jede Verabredung, jeder Besuch in Kino, Biergarten, Restaurant war damals psychischer Stress für mich: Was ziehe ich an? Sind die Stühle breit genug, dass ich reinpasse?" Das waren die Fragen, die sie beschäftigten. So waren auch Freizeitaktivitäten, die ihr sonst Freude bereiteten, mit Unbehagen und Angst verbunden. Schlimm war für sie auch, dass sie das Gefühl hatte, dass ihre Kinder, mittlerweile 21 und 18 Jahre alt, sich für sie schämten. "Welche Mutter will das schon!"
Das Schlüsselerlebnis, das sie zu einer gesunden Ernährung und weg von den überflüssigen Kilos führte, hatte sie im Juni 2020. Mittlerweile waren die Tage von Schmerzen begleitet und rheumatische Schübe nichts Besonderes mehr. "Ich lag im Bett und mir war klar: Wenn ich jetzt nichts ändere, sterbe ich im Corona-Jahr. Ich hatte Todesangst."
Aufgrund dessen änderte sie von heute auf morgen ihre Essensgewohnheiten. Sie verzichtete weitgehend auf Schweinefleisch, Wurst, weißes Mehl, Backwaren, Süßes und stellte Obst, Gemüse, Fisch, Pute, Hähnchen, Vollkornprodukte und Salat sowie ausreichendes Trinken in den Vordergrund ihrer Ernährung. Dabei war ihr wichtig, auf hochwertige Lebensmittel zurückzugreifen und nicht auf sogenannte Light-Produkte, die zwar weniger Fette, dafür mehr Zucker enthalten.
Da Merklein eine Null-Diät schon immer ein Gräuel war, aß sie sich an Salat und Gemüse satt. Zudem fing sie das Laufen an. "Am Anfang schaffte ich gerade mal zehn Meter", erzählt sie, "und keuchte, als würde ich gleich umfallen. Aber ich gab nicht auf." Gestärkt wurde sie bei ihrem "Kampf gegen sich selbst", wie sie sagt, von Freunden, die sie unterstützten, vom Glauben an Gott und von dem Buch "Wie wir denken, so leben wir" (James Allen).
Während sie anfangs bis zu sechs Kilogramm in der Woche verlor und ihren Körper einem extremen Umschwung aussetzte, wurde sie durch Sohn Max, der sich auch mit gesunder Ernährung und Bewegung beschäftigt, auf den richtigen Weg gebracht. Er zeigte ihr, wie erfolgreiches und langfristiges Abnehmen gelingt – mit gesundem Essen, Bewegung, einer Lebensmittelwaage und einer Kalorienzähler-App, die ihr anzeigt, wie viele Kalorien sie zu sich nimmt. Das sind momentan pro Tag 1400 Kalorien. Mehr nicht.
Lob von der Familie und von außen
Bewundernde Blicke von außen, Lob auf sozialen Plattformen und die Bestätigung ihrer Familie bestärken sie. Aber das größte Lob macht sie sich selbst: Sie kann sich wieder selbst lieben, hat wieder Lebensqualität erlangt, ein hohes Maß an Selbstbewusstsein und ein Stück weit auch gesunden Egoismus. "Nur wenn es dir selbst gut geht, kannst du auch für andere da sein", lautet mittlerweile ihre Devise.
Die Liebe zum Essen hat Merklein dabei nicht verloren, sie gönnt sich auch heute noch Tage, an denen sie nicht Kalorien zählt. Aber mit Maß und Ziel. Denn dort, wo sie mal war, möchte sie nie mehr hin. "Und auch wenn Menschen sagen, sie seien mit ihrem Übergewicht zufrieden oder fühlten sich wohl – das stimmt nicht", behauptet Merklein. "Ich habe es erlebt und weiß, wovon ich rede."
Ihr größter Erfolg war eine Jeans in Größe 42, die sie sich kürzlich gönnte. Ihr Wohlfühlgewicht hat sie damit erreicht, aber sie will auf jeden Fall fitter und aktiver werden. Mit ihrem Erfolg möchte Merklein anderen Frauen Mut machen, an sich selbst zu glauben. Und da ist sie wieder, die Aussage, mit der alles anfängt: "Wenn du willst, kannst du alles schaffen."