Jürgen Weber war von 1990 bis 2002 Würzburger Oberbürgermeister, und wenn er jetzt auf die Würzburger Kommunalpolitik blickt, dann ist dem 74-Jährigen der Ärger ins Gesicht geschrieben. Weber, der gemeinsam mit Anke Wohlfart der derzeit vierköpfigen Stadtratsfraktion der Würzburger Liste (WL) vorsteht, sieht vor allem den Stadtrat unter seinen Möglichkeiten agieren. "Wir möchten erreichen, dass der Stadtrat seine Kompetenz und das Heft des Handelns zurück bekommt", sagte Weber in dieser Woche bei einem Pressegespräch über die Wahlziele der WL. Zwischen dem Stadtrat einerseits und dem OB und der Verwaltung andererseits müsse "wieder Waffengleichheit herrschen".
Im Zentrum der WL-Kritik steht OB Christian Schuchardt, den die Gruppierung 2014 noch unterstützt hatte. "Es werden doch nur noch Zustände beschrieben, aber ein OB hat Lösungen vorzuschlagen!", so Weber.
Würzburger Liste will Schwerpunkt auf "Notwendiges" legen
Wie sowohl Weber als auch WL-Vorsitzender und Stadtratskandidat Thomas Ort bei dem Gespräch erläuterten, gehe es der Gruppierung darum, den Schwerpunkt auf "Notwendiges" zu legen. Ein Begriff, den Weber durchaus wörtlich verstanden wissen will. "Wir müssen in unserer Stadt Not wenden, es darf nicht immer nur um Prestigeobjekte gehen", sagte er und nannte als Beispiele für Letztere den Bau des neuen Nautilands und den Umbau des Mainfranken Theaters, zwei Projekte, die mit Schulden finanziert würden.
Themen, von denen viele Menschen in der Stadt betroffen seien, würden stattdessen "verschlafen". Ort und Weber nannten als Beispiele den Ausbau der Krippen- und Kindergartenplätze und die Verbesserung der Raumsituationen an den Grund- und besonders den Mittelschulen. Der Ausbau der Kitaplätze müsse von der Stadt initiiert werden. Bei der Schulsituation führen die WL-Vertreter die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen mit mehr alleinerziehenden und berufstätigen Eltern ins Feld. Darauf müsse die Stadt reagieren, unter anderem mit der schnelleren Umsetzung des Hauger Mittelschul-Zentrums und mit der Gründung eines neuen Gymnasiums für den Würzburger Süden. "Viel zu lange" dauere zudem die Sanierung der Schultoiletten in den älteren Schulgebäuden.
Kritik an der Wohnungsbau-Politik
Kritik übten Weber und Ort am Umgang mit der Wohnungsnot. "In den letzten fünf Jahren hat es in Würzburg keine Arrondierungsfläche mehr gegeben", sagte Ort, kein Baugebiet sei ausgewiesen worden. Weber kritisierte, dass günstiger Wohnraum abgerissen und dafür teurer geschaffen werde und nannte als Beispiel das Bossi-Viertel in Grombühl. Außerdem müssten von den 5000 städtischen Wohnungen "mindestens 1000 Verfügungswohnungen sein für diejenigen, die anderswo nicht mehr unterkommen". Um den Anstieg der Bruttomieten zu dämpfen, müssten ferner die Nebenkosten sinken – durch Senkung der Grundsteuer und Streichung von Straßenreinigungsgebühren.
Beim Thema ÖPNV hält die WL an einer bekannten Forderung fest: Elektrobusse müssten im großen Stil eingekauft werden, auch hier habe man eine Umstellung verschlafen. "Sinnvolle Änderungen werden nicht angegangen, um die Linie 6 nicht zu gefährden", sagte Ort. Der neuen Strabalinie bescheinigt die WL dagegen "fehlende Wirtschaftlichkeit und Flexibilität".
Eine komplette Umkehr will die Gruppierung beim Umgang mit Photovoltaik-Vorhaben auf städtischen Gebäuden. "Das Prinzip muss sein: Alle städtischen Gebäude können Photovoltaikanlagen bekommen. Sind Gebäude nicht geeignet, muss das begründet werden."
Die kosten auch "nur" fast dreimal soviel wie ein normaler Dieselbus. Wird das dann auch auf Schulden eingekauft ?