Starke Nachfrage, hohe Mieten – nicht nur in den Metropolen ist die Situation angespannt, auch in Würzburg ist der Druck auf dem Wohnungsmarkt groß - vor allem bei kleineren und mittleren Wohnungen im unteren und mittleren Preissegment. Über 30 Prozent sind die Mieten in den vergangenen fünf Jahren gestiegen, die Stadt reagiert darauf mit ihrem "Handlungskonzept Wohnen", wie Claudia Kaspar vom Fachbereich Stadtplanung erläutert.
"Zimmer verzweifelt gesucht". "Fünfköpfige Familie sucht dringend barrierefreie Wohnung" - solche und ähnliche Gesuche finden sich auf den entsprechenden Internetplattformen zu Genüge. "Wenn es nach dem im Handlungskonzept ermittelten Bedarf geht, müssen jährlich 550 neue Wohnungen entstehen", erklärt Kaspar. Diese Zahl an Baugenehmigungen sei in den vergangenen Jahren erreicht worden."Das heißt allerdings nicht, dass die Wohnungen bereits gebaut und bezugsfertig sind. Wir sind im Prozess zeitverzögert."
De facto sei Würzburg ein attraktiver Ort zum Wohnen, ein Zuzug vom Land in die Stadt sei erkennbar, so Kaspar. Hatte Würzburg im Jahr 2016 noch 126.000 Einwohner, wurden zum 31. Dezember 2017 schon 129.089 Einwohner verzeichnet. Tendenz steigend, auch durch steigende Geburtenraten.
Erhalt der sozialen Mischung
Im Handlungskonzept der Stadt sind Leitlinien wie die Stärkung der Innenentwicklung, Anpassung der Quartiere an den demografischen Wandel, Erhalt der sozialen Mischung sowie preisgünstiges, familiengerechtes, barrierefreies, seniorengerechtes und studentisches Wohnen festgehalten. "Wir versuchen mit den uns zur Verfügung stehenden Flächen diesem Bedarf gerecht zu werden." Ohne die Leighton Barracks am Hubland allerdings stünde Würzburg vor einem echten Problem, ist sich die Stadtplanerin sicher. Hier sollen bis zum Jahr 2030 insgesamt bis zu 2500 Wohnungen entstehen, ein Teil davon sozial gefördert.
Es gehe darum, weiteren „Flächenfraß“ zu stoppen, die Nachverdichtung voranzutreiben, zu sichten, wo man beispielsweise noch Geschosse anbauen kann, erklärt Kaspar. Und: Trotz reger Nachfrage nach Bauplätzen gibt es in der Stadt plus der Stadtbezirke Versbach, Lengfeld und Rottenbauer bereits heute fast 500 Grundstücke, die sofort zu bebauen wären – falls die Besitzer es wollten. Das tun sie aber – teils seit Jahrzehnten – nicht. „Nun sind wir dabei, die Eigentümer anzuschreiben und versuchen in Dialog zu treten. Natürlich auf freiwilliger Basis und vertraulich “, erklärt Kaspar.
Eigenleistung fürs neue Heim
Die Quadratmeterpreise für ein Einfamilienhaus in Würzburg liegen derzeit zwischen 250 bis 650 Euro pro Quadratmeter. Wer also ein bezahlbares Häuschen findet, hat Glück. Wie beispielsweise eine Familie aus dem Frauenland. Vor zweieinhalb Jahren kaufte das junge Paar dort eine 3-Zimmer-Wohnung. Nun ist das zweite Kind unterwegs, der Platz reicht nicht aus. Aufs Land wollte die Familie aber nicht ziehen. „Ich mag es, dass ich ins Stadtzentrum laufen, mein Kind zu Fuß in den Kindergarten bringen kann und nicht aufs Auto angewiesen bin“ , so die junge Mutter. Für einen gerade noch annehmbaren Preis fand die Familie ein renovierungsbedürftiges Haus in Heidingsfeld. „Da mein Mann handwerklich sehr begabt ist, kann er vieles selbst machen, nur so können wir uns das Haus leisten.“ Um den Kauf finanziell zu stemmen, wurde die alte Wohnung verkauft, für ein Vielfaches mehr als der Kaufpreis vor zweieinhalb Jahren. „Gut, dass unser Eigentum an Wert gewonnen hat.“
Wertsteigerung beim Eigentum
Diejenigen, die in Würzburg Eigentum haben, dürften sich freuen, so zum Beispiel eine weitere Familie aus dem Frauenland: „Wir haben vor fünf Jahren gekauft, bei guten Zinsbedingungen.“ Heute ist die 120 Quadratmeter große Wohnung mit Festungsblick 100.000 Euro mehr wert. "Auch wenn die Zinsbedingungen immer noch gut sind, könnten wir uns die Wohnung zu diesem Preis heute nicht mehr leisten. Also alles richtig gemacht", so der 50-jährige Wohnungseigentümer.
Des einen Freud ist des anderen Leid: Während Eigentümer, die ihre Wohnung vermieten von der Wertsteigerung profitieren, stehen Mieter vor teils hohen Kosten. Wohnungsgenossenschaften und die städtische Tochter „Stadtbau Würzburg GmbH“ versuchen regulierend auf das Mietpreisniveau Einfluss zu nehmen. Klar sei aber auch: „Mit unserem Marktanteil können wir nicht den gesamten Mietanteil bestimmen“, so Hans Sartoris, Geschäftsführer der Stadtbau Würzburg.
Derzeit besitzt und verwaltet die Stadtbau - als kommunale Wohnungsgesellschaft und größtes Immobilienunternehmen in Würzburg - mehr als 5000 Wohnungen. „Neben der Verpflichtung Innovator zu sein, haben wir den Auftrag als soziales Wohnungsbauunternehmen das Mietpreisniveau in der Stadt zu stabilisieren.“
Fortschreitende Singularisierung
Bei einer weiter steigenden Bevölkerungszahl und immer mehr allein lebenden Menschen in der Stadt werde die momentane Entwicklung anhalten, ist sich Sartoris sicher. Schon heute bestünden 83 Prozent aller Haushalte in Würzburg nur aus ein oder zwei Personen. Die Stadtbau versucht, diesem Trend durch Neubau, Sanierung und Flächeneffizienz zu begegnen.
So mit dem Projekt Hubland. Mit 175 Wohnungen handelt sich um eines der größten Projekte des Unternehmens seit Langem. 2020 sollen die Bauarbeiten für Hubland 2 beginnen, durch das 125 weitere Wohnungen der Stadtbau entstehen. 50 Prozent der Wohnungen werden durch den Freistaat Bayern mit einer einkommensorientierten Förderung (EOF) unterstützt.
Aber auch in Grombühl (etwa 150 Wohnungen) entsteht bei der Stadtbau gerade neuer Wohnraum im so genannten Bossi-Quartier, sprich die Stadtbau reißt zunächst alle nicht sanierungsfähigen Wohnblocks ab und ersetzt sie durch zeitgemäß neue. „Zukünftig werden dann statt 6500 Quadratmeter Wohnfläche beachtliche 9500 Quadratmeter auf dem Grundstück vorhanden sein.“
Ansprüche an Wohnraum sind gestiegen
Laut Sartoris wird die Stadtbau ihrem Anspruch nach wie vor gerecht, die Wohnungen zu günstigeren Preisen als auf dem freien Markt anzubieten. Die durchschnittliche Nettokaltmiete in 2017 betrug 5,53 Euro pro Quadratmeter (freier Markt: etwa 7,80 bis 13 Euro). Interessant stellt der Geschäftsführer fest, dass die Ansprüche der Mieter gestiegen sind, egal ob das Einkommen es hergibt oder nicht. Standort, Grundriss, Komfort und Luxus spielten eine immer größere Rolle. "Manchmal wundert man sich, wie anspruchsvoll die Menschen trotz der Wohnungsnot sind.“ Allerdings seien sie auch bereit, für Wohnen mehr Geld zu bezahlen, so Sartoris.
Kaspar beziffert die Pro-Kopf-Wohnfläche (Stand 2017, Quelle: Statistisches Bundesamt) auf 46, 5 Quadratmeter. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 waren es noch 39,5 Quadratmeter. Ein weiterer Meilenstein in puncto Wohnen sei vom Stadtrat noch vor der Sommerpause verschiedet worden, erklärt die Stadtplanerin. So müssen künftig bei größeren Wohnbauprojekten durch private Investoren mindestens 30 Prozent der Wohnungen Sozialwohnungen sein – sofern mindestens 25 Wohneinheiten gebaut werden.
Investoren sollen sich an der Schaffung neuer Kita-Plätze beteiligen
Der erste Bebauungsplan mit Sozialquote ist "Katzenberg West" zwischen Steigerfurtweg und Unterer Katzenbergweg in Heidingsfeld, wo das Grundstück einer Gärtnerei zum Wohngebiet entwickelt werden soll. Beim Kauf städtischer Grundstücke sollen Investoren vertraglich zur Einhaltung verpflichtet werden.
„Nach dem Vorbild anderer Städte werden private Bauherren künftig auch an den Kosten für die Schaffung neuer Kinderbetreuungsplätze beteiligt", betont Kaspar. Dafür hat sich das Sozialreferat Würzburg stark gemacht. „Es geht ja nicht nur darum, Wohnraum zu schaffen, wir müssen auch die nötige soziale Infrastruktur haben. Sonst funktioniert es nicht“, so Kaspar.
Dabei sind beispielsweise die Mietpreise in Retzbach/Zellingen wesentlich niedriger, in nur 11 Minuten kann man (mehrmals pro Stunde!) mit dem Zug in die Würzburger City gelangen - schneller als von Versbach, Heidingsfeld usw....
Und falls man sowieso mit dem Auto zur Arbeit pendelt, kann es auch eine von unzähligen Gemeinden im Umland sein, die nicht so optimal mit dem ÖPNV angebunden ist wie mein Beispiel Retzbach/Zellingen. Da gibt es teilweise Leerstände ohne Ende und auch Häsuer zum Kauf.
Wenn viele Leute trotz der Preisunterschiede nicht in Zellingen oder dort im Umland wohnen möchten, dann wäre es doch an der Zeit, dass diese Gemeinden sich Gedanken machen, warum sie zwar billig, aber scheinbar nicht attraktiv sind. Beschimpfung der Menschen, die sich in Würzburg besser aufgehoben fühlen, hilft da nicht weiter.
Jammern, dass der Staats einem doch bitte eine günstige Wohnung zur Verfügung stellen soll, erscheit aber auch zu wenig.
Wenn ich mir Würzburg (oder auch München, Frankfurt...) leisten kann, kann ich ja dort hin. Aber ich kann nicht sagen, ich möchte im Steinbachtal oder Hubland wohnen, der Staat soll dafür sorgen, dass ich ausreichenden Wohnraum bekomme.
Wer jammert? wer fordert ein Recht auf Wohnen im Steinbachtal?
Sorry, wenn sie Argumente haben bin ich gern zur Diskussion bereit.
Ein weiterer Grund ist sicherlich auch der Hohe und ungeregelte Zuzug und Nachzug aus dem Ausland.
Und wenn ich es mir nicht leisten kann, dann muss es ja vielleicht auch nicht die Innenstadt sein. In guten Lagen ist der Konkurrenzkampf durch den insgesamt sehr hohen Wohlstand (ja den haben wir!) natürlich größer geworden.
Was ist mit den vielen Tausend Würzburgern in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen, die Mieten zahlen müssen, die sie sich NICHT leisten können?
Für die ist die fehlende Fußläufigkeit zur nächsten Kita oder der nicht vorhandene Festungsblick nun wirklich nicht das Hauptproblem...
Was noch fehlt: wir brauchen mehr Geschosswohnungsbau. Die weitere Vergabe von Einfamilienhäusern wie gerade am Hubland löst nicht unser Wohnungsproblem und es ist nur für gutbetuchte zu finanzieren.