
In mühsamen bürokratischen Ritualen schleppt sich das Gericht im australischen Lismore weiter in Richtung eines Prozesses zum Tod der Würzburger Touristin Simone Strobel. Ein anstehender Erörterungstermin an diesem Mittwoch dauerte kaum fünf Minuten und brachte keine Weichenstellung, ob und wann die Voruntersuchung in einen Mordprozess mündet.
18 Jahre nach dem ungeklärten Tod der Erzieherin in Australien sind ihre in Rieden im Landkreis Würzburg lebenden Eltern damit weiter zu quälender Ungewissheit verdammt. Zumal einiges in Australien nur hinter verschlossenen Türen erörtert wird.
Die 25-jährige Simone Strobel war im Februar 2005 bei einer Rundreise mit ihrem Lebensgefährten Tobias und zwei Freunden nach Lismore gekommen, einer Kleinstadt südlich von Brisbane. Am Morgen nach einer Kneipentour meldeten ihre drei Mitreisenden sie als vermisst. Sechs Tage später wurde die Leiche der jungen Frau gefunden, unter Zweigen versteckt, nur 100 Meter vom Campingplatz entfernt. Sie war mutmaßlich erstickt worden.
Ermittlungen wieder aufgenommen und Anklage wegen Mordes: Reichen die neuen Beweise?
Jahrelang traten die Ermittler in dem ungelösten Fall auf der Stelle. Doch im vergangenen Jahr nahm die australische Justiz die Ermittlungen unerwartet wieder auf. Simones damaliger Freund Tobias wurde des Mordes angeklagt. Was bis jetzt unklar ist: Reichen die Beweise aus, um den 43-Jährigen, der aus dem Landkreis Main-Spessart stammt und heute in Australien lebt, wegen Mordes vor Gericht zu stellen?
Vor neun Monaten nährte der Polizeichef von Lismore noch spektakulär Erwartungen: Der 43-jährige Familienvater wurde vor laufenden Kameras in Perth festgenommen, später gegen eine sechsstellige Kaution wieder freigelassen.
Ankündigungen des Polizeichefs vor laufenden Kameras
Tage später forderte Polizeichef Scott Tanner, flankiert vom Premierminister des Bundesstaates New South Wales, im australischen Fernsehen von deutschen Behörden die Festnahme und Auslieferung der beiden anderen Mitreisenden, die in Unterfranken leben. Ohne hiesige Ermittler vorher über den Stand der Ermittlungen zumindest zu informieren.
Darauf wartet die Staatsanwaltschaft Würzburg auch ein Dreivierteljahr später weiter vergeblich. 2007 hatten die Ermittler in Australien bei einer ersten Anhörung alle Beweismittel von medizinischen Daten bis zur Analyse eines Profilers offengelegt. Aber welche neuen Beweise jetzt für eine Schuld des Verdächtigen sprechen, bleibt völlig offen.
Auf die Anfrage dieser Redaktion nach dem Stand des Verfahrens antwortete eine Sprecherin in Lismore schon vor Monaten nur sehr allgemein: "Da der Fall derzeit vor Gericht ist, wäre es unangebracht, sich weiter zu dieser Angelegenheit zu äußern." Seitdem werden keine Fragen mehr beantwortet.
Erörterung der Justiz hinter verschlossenen Türen
Auch in australischen Medien gab es an diesem Mittwoch keine Zeile darüber, obwohl der Fall der unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommenen Touristin aus Unterfranken seit Jahren für internationale Aufmerksamkeit sorgt. Australische Reporter deuten gegenüber dieser Redaktion an, dass ihnen verwehrt ist, über bestimmte Details zu berichten.
Vereinzelt wurden Fakten vor Gericht hinter verschlossenen Türen erörtert, wie dies auch in Deutschland in Verfahren bei schutzwürdigen Vorgängen passiert. Die Polizei habe ein Publikationsverbot für einige Informationen verlangt, heißt es von einem Journalist. "Aber es wurde nicht bekannt gegeben, um welche Informationen es sich handelt."
Nachrichtensperre bei Prozessen, um die Jury nicht zu beeinflussen
In Australien sind Nachrichtensperren bei Prozessen erlaubt. Denn dort entscheidet oft eine Jury über Schuld- oder Freispruch eines Angeklagten. Mit dem Veröffentlichungsverbot soll die Jury vor Beeinflussung von außen geschützt werden, bis wichtige Fakten vor Gericht zur Sprache gekommen sind. Bei Verstößen werden Journalisten harte Strafen angedroht: Im Bundesstaat New South Wales drohen den Informationen zufolge Strafen von einem Jahr Gefängnis beziehungsweise 110.000 australischen Dollar (ca. 66.000 Euro).
"Es ist nicht richtig zu sagen, dass die Medien mundtot gemacht wurden", betonen zwei mit dem Fall vertraute australische Reporter auf Nachfrage. "Wir können darüber berichten, was vor Gericht passiert. Aber es ist noch wenig passiert, worüber wir schreiben könnten."
Termine für zwei weitere Anhörungen vor Gericht in Australien
Die drei kurzen Termine in diesem April seien "Formalitäten, um das Gericht über den Fortgang des Verfahrens auf dem Laufenden zu halten", erklärt eine Reporterin. Jetzt sei man an dem Punkt, an dem die Polizei den Rest ihrer Beweise an die Staatsanwaltschaft übergeben soll. Dazu kann die Verteidigung Stellung nehmen. Dann entscheidet der Richter in Lismore, ob, wann und wo ein Prozess stattfinden wird. Die nächsten Anhörungen sind am 8. Mai und 14. Juni.
Und sonst nichts Neues? Wegen einer nichtssagenden Meldung wird schon wieder Altbekanntes wiederholt.