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Ochsenfurt
Wie der Ochsenfurter Maschinenbauer Kinkele seine Zukunft einschätzt
Nach der Coronaflaute sind die Auftragsbücher von Kinkele in Ochsenfurt gut gefüllt. Welches Problem das Wachstum jetzt bremsen könnte und was man dagegen tut.
Die beiden Feinwerkmechaniker Daryl Kruska (links) und Maximilian Kießling bereiten ein Bauteil für die Schweißarbeit vor. Seine Ausbildung bei Kinkele hat Kießling vor kurzem erst als unterfränkischer Kammersieger abgeschlossen. Im Hintergrund von links Fertigungsleiter Michael Graf, der Bereichsleiter Schweißbau Matthias Exner und Firmenchef Kurt Kinkele.
Foto: Gerhard Meißner | Die beiden Feinwerkmechaniker Daryl Kruska (links) und Maximilian Kießling bereiten ein Bauteil für die Schweißarbeit vor.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:47 Uhr

Trotz voller Auftragsbücher herrscht beim Ochsenfurter Maschinenbauer Kinkele Unsicherheit wegen der  mittelfristigen Entwicklung der Konjunktur und der steigenden Energiepreise. Langfristig macht sich Firmenchef Kurt Kinkele jedoch größere Sorgen um die Fachkräfte von morgen. Deshalb lädt das Unternehmen bereits seit einem Jahrzehnt regelmäßig Schülerinnen und Schüler ein, um ihnen die Ausbildung in einem technischen Beruf schmackhaft zu machen.

Für die Jugendlichen, die sich an diesem Vormittag über eine Ausbildung informieren, bietet der Rundgang durch die Fertigungshallen manche Überraschung. Anlagenteile für den Bau von Satelliten sind zu sehen, halbfertige Vakuumkammern für die großtechnische Produktion von Photovoltaik-Modulen, Turbinenteile für die Verflüssigung von Luft bei extrem niedrigen Temperaturen, tonnenschwere Extruder-Schnecken für die Gummiindustrie und sogar eine Anlage zur Herstellung von Schokolade.

Bauteile für die Arian-Rakete und die größte Turmuhr der Welt

Als Zulieferer für Maschinen- und Anlagenbauer hat sich Kinkele einen Namen gemacht. Anlagen und Bauteile aus Hohestadt sind schon mit der Ariane-Rakete ins All geflogen, unterstützen den Optik-Konzern Zeiss bei der Entwicklung der nächsten Computerchip-Generation oder treiben die größte Turmuhr der Welt im saudi-arabischen Mekka. Die Fachleute aus dem Hohestadter Gewerbegebiet sind vor allem dann gefragt, wenn es anderen zu kompliziert oder zu groß wird, sagt Kurt Kinkele.

Am 'Tag der Ausbildung' bei Kinkele in Hohestadt ließen sich angehende Fachkräfte von interessierten Schülerinnen und Schülern bereitwillig über die Schulter schauen, wie hier beim Schutzgas-Schweißen. 
Foto: Gerhard Meißner | Am "Tag der Ausbildung" bei Kinkele in Hohestadt ließen sich angehende Fachkräfte von interessierten Schülerinnen und Schülern bereitwillig über die Schulter schauen, wie hier beim Schutzgas-Schweißen. 

Entsprechend ausgerüstet ist der Maschinenpark: Alle möglichen Arten von computergesteuerten Bohr-, Dreh- und Fräsmaschinen stehen in den Werkshallen. Diese Zerspanungsanlagen können bis zu 20 Meter große Werkstücke in einem Durchgang bearbeiten und das mit einer Genauigkeit von wenigen Hundertstel Millimetern.

"Wir brauchen super ausgebildetes Fachpersonal, das wir so am Arbeitsmarkt nicht bekommen."
Michael Graf, Fertigungsleiter

Um die Anlagen programmieren und bedienen zu können, sind Spezialisten gefragt. Und auch der Umgang mit unterschiedlichen Werkstoffen und Problemstellungen setzt hohes Fachwissen voraus, sagt Fertigungsleiter Michael Graf. "Wir brauchen super ausgebildetes Fachpersonal, das wir so am Arbeitsmarkt nicht bekommen." 

Die Firma setzt deshalb auf den Nachwuchs aus dem eigenen Haus, bildet Feinwerkmechaniker und -mechanikerinnen, technische Produktdesigner, Elektroniker, Verfahrensmechaniker für die Beschichtungstechnik und Industriekaufleute aus. Hinzu kommen Studentinnen und Studenten im Rahmen eines dualen Studium zum Bachelor of Engineering.

Fertigungsleiter Michael Graf (links) und Firmenchef Kurt Kinkele vor dem Rohling einer Vakuumkammer für die Beschichtung von Solarmodulen. Mit sechs Metern Länge und einem Gewicht von 14 Tonnen zählt das Bauteil noch lange nicht zu den größten, die bei dem Maschinenbauer in Hohestadt hergestellt werden können.
Foto: Gerhard Meißner | Fertigungsleiter Michael Graf (links) und Firmenchef Kurt Kinkele vor dem Rohling einer Vakuumkammer für die Beschichtung von Solarmodulen.

Am "Tag der Ausbildung" sind es vor allem diese Auszubildenden, die den jungen Besucherinnen und Besuchern ihren Beruf und ihr Arbeitsumfeld vorstellen. Am Bildschirm überträgt Feinwerkmechaniker Marcel Büchold die Maße eines Werkstücks in das Programm einer Fräsmaschine. In einer der Fertigungshalle bereiten Daryl Kruska und Maximilian Kießlich ein Bauteil für die Schweißarbeit vor. Seine Ausbildung zum Feinwerkmechaniker hat Kießling vor kurzem erst als unterfränkischer Kammersieger abgeschlossen. 

60 Auszubildende sind das Ziel

Früher waren es durchschnittlich 60 Nachwuchskräfte, die – verteilt auf die Ausbildungsjahrgänge – neben den rund 300 Stammmitarbeitenden beschäftigt wurden. Aktuell sind es 34 Auszubildende. "Wir hätten gerne wieder 60 Azubis", sagt Firmenchef Kurt Kinkele. Die wären allein schon deshalb nötig, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu ersetzen, die in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen werden.

Bevor ein Werkstück in der computergesteuerten Zerspanungsanlage hergestellt wird, programmiert Feinwerkmechaniker Marcel Büchold jeden Bearbeitungsschritt am Bildschirm.
Foto: Gerhard Meißner | Bevor ein Werkstück in der computergesteuerten Zerspanungsanlage hergestellt wird, programmiert Feinwerkmechaniker Marcel Büchold jeden Bearbeitungsschritt am Bildschirm.

Aber auch die wirtschaftlichen Perspektiven seien gut. "Es geht voran, wir investieren weiter in den Standort", so Kinkele. Das sei vor allem im vergangenen Herbst deutlich geworden, als nach einer pandemiebedingten Flaute der Auftragseingang spürbar zunahm. "Es war, als hätte jemand eine Schleuse geöffnet", sagt der Firmenchef.

Breiter Branchenmix sorgt für Stabilität

"Ein großer Vorteil für uns ist die breite Streuung der Branchen, für die wir arbeiten", sagt kaufmännischer Leiter Matthias Groll. Aufträge rund um die Erzeugung erneuerbarer Energie und aus dem Bereich Luft- und Raumfahrt zählten dabei derzeit zu den Schwerpunkten. Der Ukraine-Krieg habe sich für Kinkele im Frühjahr vor allem durch große Preissteigerung bei Stahl und Aluminium bemerkbar gemacht. Dank neuer Lieferwege habe sich die Lage mittlerweile wieder stabilisiert. 

Aktuell seien die Energiepreise der größte Unsicherheitsfaktor, so Groll weiter. Deshalb will er sich nicht auf mittelfristige Prognosen einlassen. "Wir können mit der Auftragslage zufrieden sein, aber wir wissen nicht, was nächstes Jahr sein wird", sagt er. Jenseits aktueller Krisen wird langfristig aber der Fachkräftenachwuchs zum entscheidenden Erfolgsfaktor werden, davon ist Firmenchef Kurt Kinkele überzeugt.

 
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    @lookling. Ihr Argument ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Klar braucht es Wohnungen für Zuwanderer. Klar ziehen wir Fachkräfte aus Zuwandererländer ab. Klar kann das zu sozialen Verwerfungen in diesen Ländern führen. Aber es gibt Lösungen. Wohnraum haben wir genug. Wir müssen ihn nur anders verteilen. Nicht einfach. Aber es gibt erste gute Ansätze. Zugegeben, die Herausforderung ist riesig. Ausbildung kann durch entsprechende Hilfsangebote in den Herkunftsländern sichergestellt werden. Kostet Geld. Funktioniert aber. Und funktioniert. Auch die CSU nahe Hanns Seidel Stiftung leistet hier gute Arbeit. Wir alleine werden die Welt nicht retten, aber zusammen mit anderen europäischen Ländern +westliche Demokratien kann das funktionieren. Für all das aber, brauchen wir eine Politik, die Herausforderungen annimmt und das der Bevölkerung auch ehrlich kommuniziert.
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    Wir brauchen jedes Jahr etliche 100.000 Zuwanderer, um unseren Fachkräftebedarf zu decken. Und jetzt tauchen Sie wieder auf, die grossen Versäumnisse der CSU/CSU. Zuwanderung von Fachkräften verhindert. Selbst gut integrierte mit Qualifikation sollen abgeschoben werden, wie im jüngsten Fall in Heidingsfeld.
    Die neue Regierung will stückweise die Hürden für Zuwanderung abbauen. Doch das alleine wird nicht reichen . Eine Initiative zur Fachkräftemangellage muss auch auch die große stille Reserve der Erwerbstätigkeit von Frauen und eine Initiative für Qualifizierung und Weiterbildung umfassen.
    Um Deutschland nicht in den wirtschaftlichen Abgrund zu stürzten, Bedarfes aber einer anderen Politik in Stadt, Land und Bund. Deshalb weg mit einer CSU/CSU/FW, die träge und faul, alles verhindert, was notwendig wäre und das Ganze mit ein paar populistischen Phrasen von Margus und Hubsi garniert.
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    Alles schön und gut. Aber um überhaupt Fuß fassen zu können braucht es ebenfalls Wohnraum für die etlichen 100.000 Fachkräfte, welche jedes Jahr einwandern könnten. Das andere ist, die gut ausgebildeten Fachkräfte, welche aus evtl. wirtschaftlich schwächeren Ländern einwandern, schwächen mit ihrer Auswanderung gegebenenfalls das soziale Gefüge und die Wirtschaftskraft des Auswanderungslands. Zusätzlich verliert das Auswanderungsland das Kapital, welches für die Bildung des Menschen zur Verfügung gestellt wurde.
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  • D. K.
    Wenn Unternehmen wirklich dringend Personal durch Zuwanderung benötigen werden sie auch für Wohnraum sorgen können.

    Für das Auswanderungsland ist es zweischneidig: Brain-Drain gegen Rücküberweisung.

    Wenn sich aber die wirtschaftliche oder politische Lage im Herkunftsland verbessert könnte es von zusätzlich erlernten Fähigkeiten oder Kontakten der Rückkehrer profitieren.
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  • A. N.
    Es stehen mehr Wohnungen und Häuser im Würzburger Umland leer, als Sie glauben. Weil die Inhaber im Pflegeheim sind oder die Kinder irgendwann ausgezogen sind. Ein zweigeschossiges Haus mit 300 qm Wohnfläche und von einer 80jährigen bewohnt, ist keine Seltenheit.
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  • H. S.
    Der junge Mann in Heidingsfeld steht am Beginn seiner Ausbildung, von Qualifikation jetzt schon zu sprechen ist doch etwas verfrüht.
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    @hms Ein Ausbildungsangebot in einem Mangelberuf hätte er sicher nicht bekommen, wenn er sich nicht dafür qualifiziert hätte. Und großartig was die Sportvereine und andere Vereine an Integrationsarbeit leisten, die auch Unternehmen zu Gute kommt.
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