Die Schläuche, die Pumpe, das Stromaggregat – Erika Fröhling weiß im Schlaf, wo welche Ausrüstung im großen Feuerwehrauto untergebracht ist. "Das lernt man für die Leistungsabzeichen", sagt die Eibelstadterin und lächelt. "Bei einem Einsatz muss man ja alles parat haben." Dabei spricht die 64-Jährige aus jahrzehntelanger Erfahrung. Oft genug hat sie die Handgriffe ausgeführt, die zum Löschen, Retten und Bergen notwendig sind.
Denn Fröhling war eine der ersten Frauen, die in den 70er Jahren im Landkreis Würzburg in eine Freiwillige Feuerwehr eingetreten sind. Mittlerweile ist sie seit 50 Jahren in Eibelstadt aktiv. Vor kurzem hat sie dafür eine Auszeichnung erhalten – als erste Frau im Landkreis Würzburg überhaupt.
Feuerwehrfrauen stießen anfangs auf Skepsis
Egal ob es darum ging, eine Unfallstelle zu sichern, erste Hilfe zu leisten oder ein brennendes Haus mit Atemschutzgerät zu betreten: "Ich habe alles gemacht, was gemacht werden musste", sagt Fröhling. Und das schon zu einer Zeit, in der es ganz und gar nicht selbstverständlich war, dass sich auch Frauen bei der Feuerwehr engagieren.
Nicht nur innerhalb der Gruppe seien die Feuerwehrfrauen in der Anfangszeit bei einigen auf Skepsis gestoßen. "Am Anfang musste der Feuerwehrverein die Kleidung für uns bezahlen", erinnert sich Erika Fröhling. Anders als bei den männlichen Einsatzkräften sei der Stadtrat nicht bereit gewesen, diese aus Mitteln der Kommune zu finanzieren. "Da hat bei vielen noch die Einstellung geherrscht: Was haben die Frauen da zu suchen?"
"Am Anfang haben wir uns erst beweisen müssen", sagt Fröhling. Gemeinsam mit ihr seien 1974 noch 17 weitere Frauen in die Freiwillige Feuerwehr in Eibelstadt eingetreten. "Ich war damals die Jüngste. Jetzt bin ich die Älteste", sagt die 64-Jährige mit einem Lächeln.
Fröhling ist seit der Gründung Teil der "First Responder"-Gruppe
Von Vorurteilen haben sich Fröhling und die anderen Frauen der Eibelstadter Feuerwehr allerdings nicht aufhalten lassen. Ob Maschinistenlehrgang, Schulungen zur Gruppenführerin oder für den Einsatz mit Atemschutzgeräten – sie habe jede Chance genutzt, neues zu lernen, sagt Fröhling. Auch bei der sogenannten "First Responder"-Gruppe, die etwa bei Unfällen Erste Hilfe leistet und die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes überbrückt, ist Fröhling seit deren Gründung vor etwa 25 Jahren aktiv.
Sogar einen Bootsführerschein habe sie gemacht. "Ich darf hier in der Halle alles fahren außer das große Auto", sagt sie und lässt den Blick durch das Feuerwehrhaus schweifen. Für das brauche es einen Lkw-Führerschein.
Auch mit den Männern der Feuerwehr habe es anfangs Spannungen gegeben, sagt Fröhling. "Wir mussten mehr wissen und schneller sein, um zu zeigen, dass wir ebenbürtig sind." Einen Grund dafür sieht sie darin, dass Männer und die beiden Damen-Trupps in der Anfangszeit getrennt übten und Leistungsabzeichen ablegten. Das habe sich im Laufe der Jahre geändert, sagt Fröhling. Durch die Zusammenarbeit seien dann auch die Vorbehalte weitestgehend verschwunden.
Früher mussten die Feuerwehrautos öfter einmal angeschoben werden
Das bestätigt auch Fröhlings Ehemann. Er war selbst jahrzehntelang bei der Feuerwehr in Eibelstadt aktiv – davon über 20 Jahre als erster Kommandant. "Mittlerweile hat sich da viel getan, es gibt heute auch Frauen als Kommandanten", sagt Artur Fröhling. Und das sei auch gut so.
Seiner Erfahrung nach profitiere die Feuerwehr von der Entwicklung. "Die Frauen bei uns haben teilweise Ideen gehabt, da wären wir sonst vielleicht nicht drauf gekommen", sagt er. Auch das Miteinander sei ein entspannteres, seit Frauen sich in der Feuerwehr etabliert haben.
Das ist aber nicht der einzige Punkt, der sich über die Jahrzehnte innerhalb der Truppe verändert hat. Neben neuen Strukturen und zunehmender Bürokratie habe sich auch die Technik massiv weiterentwickelt. "Heute geht vieles auf Knopfdruck", sagt Erika Fröhling. In den Anfangsjahren sei das anders gewesen.
Auch ein richtiges Feuerwehrhaus habe es damals nicht gegeben. "Das war eine alte Scheune. Und unsere Autos musste man öfter mal anschieben", sagt Fröhling und schmunzelt. "Da haben ein paar an der B13 gesperrt und die anderen haben das Auto den Schützenring runtergeschoben, bis es angesprungen ist", ergänzt ihr Mann.
Frauen sind auch heute noch eine Minderheit bei der Feuerwehr
Damals wie heute schätze sie an ihrem Ehrenamt vor allem die Kameradschaft, sagt Erika Fröhling. "Man rückt zusammen aus und man feiert zusammen. Das hat immer Spaß gemacht."
Bis zu 100 Einsätze habe sie in manchen Jahren absolviert, schätzt sie. Einige seien ihr besonders im Gedächtnis geblieben. Etwa als sie mit den "First Respondern" eine Geburt begleitet habe. Gleichzeitig werde man als Feuerwehrfrau genauso mit schlimmen Unfällen und Todesfällen konfrontiert. "Manches will man lieber vergessen", sagt Fröhling. Nur so könne man weitermachen.
Mittlerweile rücke sie nicht mehr so oft aus, wie früher, sagt sie. Auch auf Einsätze mit Atemschutzgerät verzichte sie aus gesundheitlichen Gründen mittlerweile. "Dafür haben wir genug Junge", sagt sie.
Denn von Nachwuchsproblemen gibt es bei der Feuerwehr in Eibelstadt keine Spur. Im Gegenteil: Aktuell sei die Zahl der aktiven Mitglieder so hoch wie nie, sagt Kommandant Marco Seynstahl. Insgesamt 101 Personen engagieren sich bei der Feuerwehr – Kinder und Jugendliche eingeschlossen.
Obwohl schon seit 50 Jahren Frauen unter den Einsatzkräften sind, ist das Verhältnis allerdings noch heute unausgeglichen. Auf 65 Männer kommen elf Frauen. Ein Grund dafür sei nach seinen Erfahrungen, dass Frauen auch heute noch häufig mehr für Kinder und Familie da sind als ihre Partner, sagt Seynstahl. Für die Feuerwehr bleibe dann oft keine Zeit. Ohne ihre Mutter, die oft als Babysitterin für ihre Kinder eingesprungen ist, hätte auch sie nicht so viele Einsätze absolvieren können, sagt Erika Fröhling.
Für sie bleiben nur noch einige Monate im aktiven Dienst. Im Herbst wird sie 65. Dann hat sie die gesetzliche Altersbeschränkung erreicht. "Das ist auch okay", sagt Fröhling. "Die Jungen sind dann doch irgendwann flexibler und schneller." Dank anderer Hobbys und der Enkel werde ihr sicher nicht langweilig. Außerdem wolle sie die Feuerwehr außerhalb der Einsätze weiter unterstützen.
Die Freiwillige Feuerwehr Eibelstadt feiert in diesem Jahr ihr 150-jähriges Bestehen. Informationen zu den Festlichkeiten vom 12. bis 15. Juli finden sich unter www.ffeibelstadt.de/termine.
Es geht nicht mehr ohne Frauen, allein um die Tagesalarm Bereitschaft zu erreichen.