"Die Wildschweine laufen nachts durch die Straßen", schildert Werner Niederdraenk. In seiner Nachbarschaft am Würzburger Dallenberg wühlen sie Gärten um, vor Lichtern, die plötzlich über Bewegungsmelder angehen, haben sie keine Angst mehr. Auch tagsüber habe man schon Tiere gesehen, so Niederdraenk, man traue sich kaum noch den Heißbergweg entlang zu laufen, den Feldweg, der hinter dem Trainigsgelände der Kickers entlang führt.
Hans Dürr ist als Jagdpächter für den Bereich zuständig, ihm ist das Problem bekannt. Seit Beginn der Jagdsaison im März 2019 hat er schon über 60 Sauen abgeschossen, etwas mehr als in den Jahren zuvor. "Die Tiere finden im Stadtwald zur Zeit keine Nahrung, weil es in diesem Jahr wenige Eicheln und Bucheckern gibt. Deswegen zieht es sie auf die Felder und in die Gärten", erklärt er. Dort fressen sie zum Bespiel Würmer oder liegengebliebenes Fallobst. Auch offene Komposthaufen ziehen die Tiere an.
Kein Jagd im Wohngebiet
Probleme mit Wildschweinen in Wohngebieten gibt es in der Stadt immer wieder: Im April gruben sie im Leutfresserweg Gärten um, im August wühlten sie vor dem Schlafzimmerfenster einer Familie, die ebenfalls am Dallenberg wohnt. Auch im Botanischen Garten der Universität trieben sie schon ihr Unwesen und fraßen die Blumenzwiebeln aus dem Boden. Das Problem: In den befriedeten Wohngebieten darf der Jagdpächter nicht schießen.
Jagdruhe im Stadtwald soll Tiere aus den Wohngebieten locken
Auf Nachfrage heißt es von seiten der Stadt Würzburg, dass im Dezember und Januar viele Tiere aus dem Stadtwald geflüchtet seien, weil dort Treibjagden abgehalten wurden. "Im März wird im Stadtwald daher Jagdruhe herrschen", so Pressesprecherin Claudia Lother.
Die Wildschweine aus der Stadt vertreiben, indem man weniger jagt – wie kann das funktionieren? Auf den Feldern und Wiesen außerhalb des Waldes soll die Jagd in dieser Zeit weitergehen. "Durch diesen Jagddruck von außen flüchten die Tieren dann hoffentlich wieder in den friedlichen Wald", so Lother. Rund vier Wochen soll diese Pause dauern. Das Konzept ist neu, der Stadtförster will es in diesem Jahr erstmals testen.
Schutzinstinkt der Muttertiere ist stark
Der Zeitraum ist nicht zufällig gewählt: Im Januar und Februar bekommen die Tiere in der Regel Junge, die Bachen sind in der Zeit danach besonders auf den Schutz ihrer Frischlinge fixiert. Jadgpächter Hans Dürr erklärt: "Ein Frischling kann schon durch ein kleines Loch im Zaun in einen Garten schlüpfen – und die Bache lässt sich von dem Zaun nicht mehr aufhalten, wenn sie denkt, ihr Junges könnte in Gefahr sein."
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Michael Hein, Vorsitzender des Bayerischen Jagdverbands in Würzburg, begrüßt die Idee des Stadtförsters, im März im Stadtwald nicht zu jagen. "Der Ansatz ist gut, ob er funktioniert, weiß man aber immer erst, wenn man es ausprobiert hat." Jadgpächter Dürr ist skeptischer, die Tiere seien schließlich weiterhin auf Nahrung angewiesen, und die sei im Stadtwald eben rar. Er sieht weiterhin auch die Anwohner in der Pflicht, ihre Grundstück gut einzuzäunen.
Die Anwohner und den Jagdpächter will die Stadt bald zu einem runden Tisch einladen, um über verschiedene Maßnahmen zu sprechen. Werner Niederdraenk, Anwohner am Dallenberg, ist froh, dass die Stadt nun "endlich aufgewacht" ist.
Wetten dasss....