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Würzburg
Wiener Wahnsinn und ein leiser Schrei nach Tränen: Herzlich willkommen in Wandas sauber versauter Welt
3000 Fans feiern in der ausverkauften Würzburger Posthalle die österreichischen Indie-Pop-Rocker und deren amouröse Ausflüge nach Italien.
Emotionale Songs über Lieben und Leiden:  Michael Marco Fitzthum und die Wiener Indie-Band Wanda begeisterten 3000 Fans in der Würzburger Posthalle.
Foto: Ulises Ruiz Diaz | Emotionale Songs über Lieben und Leiden:  Michael Marco Fitzthum und die Wiener Indie-Band Wanda begeisterten 3000 Fans in der Würzburger Posthalle.
Michi Bauer
 |  aktualisiert: 12.11.2024 02:41 Uhr

Solch Worte finden sich, wenn die Zunge so schwer wird, dass der Kopf niedersinkt auf die von Whisky-Cola pappige Holzplatte. Zeit für Lebensbeichten. Für eine Tresen-Therapie zwischen Lieben und Leiden, Laster und Lust. Zwischen Tod und Trauma, Sehnsucht und Schnaps, Wein und Wahnsinn. Wandas Welt. In die sich 3000 Fans in der ausverkauften Würzburger Posthalle entführen lassen von diesem charmanten Indie-Pop-Rock-Schlager-Chansonnier Michael Marco Fitzthum. Und seiner nach der berüchtigten Wiener Zuhälterin Wanda Kuchwalek benannten Band.

Es ist ein schräger, ein spinnerter Trip. Manuel Poppes Gitarre schrammelt sich ins Ohr. Ins Hirn. Und soll da genauso wenig jemals wieder raus wie Fitzthums angedeutete Beischlaf-Phantasien mit seiner Cousine in "Bologna",  wo Tante Ceccarelli, die es wahrhaftig geben soll, so gern Amore macht. Wanda singen Sachen, die sich ihre Fans nicht zu träumen trauen. Bis sie zum ersten Mal "Lasca mi fare" hören: "Wenn ich die Welt durch deine Augen sehe, dann ist sie schmutzig wie der Wiener Schnee." Sauber versaut.    

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Liebenswert verkommen wickeln Wanda auch die Würzburger mit ihrem grenzenverlierenden Gespinst aus amourösem Italo-Schwulst und nächtlichem Wiener Wahnsinn ein. Die Reime sind sparsam, die Musik eingängig einfach - doch die wenige Worte derart hypnotisch zu wiederholen und darin versteckte Sehnsüchte zu vertonen, ist hohe Kunst. "Genauso wie die Flaschen von gestern,
meine beiden Schwestern, ich schau dich gern von rechts an. Hin und wieder stehen wir uns nah" - der ganze Weltschmerz eines Menschen in ein paar herrlich sinnbefreiten Zeilen. 

In einem Interview mit dieser Redaktion hat Fitzthum vor ziemlich genau fünf Jahren gesagt, man könne ihm, wenn er auf der Bühne steht, mit einem Baseballschläger auf den Kopf schlagen und er täte "einfach weitersingen. Ich bilde mir ein, dass ich zusammen mit dem Publikum in eine andere Welt hinüberwechsle, in eine schöne Welt. Das hat etwas von Leben nach dem Tod. Wir sind alle plötzlich im Jenseits – und dann kommen wir wieder zurück."

Aufmunterndes Servus an das Leben nach der Trauer

In den vergangenen zwei Jahren begleitete der Tod Fitzthums Leben. 2023 verlor er seinen Vater, im September 2022 war Keyboarder Christian Hummer einer langen, schweren Krankheit erlegen. Die Band versteht sich seitdem als "Trio plus". Mit Livemusikern für die Tour. Die "Ende nie" heißt, wie die neue Platte. Die gleicht einem Requiem, und ist doch auch aufmunterndes Servus an das Leben nach der Trauer

Lässig, schrammelig: Manuel Poppe verpasst Wanda einen individuellen, hypnotischen Gitarren-Sound. 
Foto: Ulises Ruiz Diaz | Lässig, schrammelig: Manuel Poppe verpasst Wanda einen individuellen, hypnotischen Gitarren-Sound. 

Wer nach neueren Interviews zu Hummers Tod sucht, findet kaum was. Als wollten die Musiker die Wunde nicht immer wieder aufreißen. Als spräche das im Sommer erschienene Album ausreichend für sich selbst. Fitzthum redet auch in der Posthalle weniger als bei früheren Gastspielen. Nur einmal holt er weiter aus, klassisch mit Tschick in den Fingern - zwei, drei Züge aus der zusammengekrümpfelten Zigarette und weiter geht's.

In die Posthalle schaffen es nur drei Lieder vom neuen Material. Darunter "Bei niemand anders", eine Melo-Ballade, die ganz sicher auf so mancher Beerdigungs-Setlist nicht nur von Wanda-Fans zu finden sein dürfte. "Und wenn du glaubst, dass es endet, bin ich da und halt' dich fest." Das klingt eigentlich gar nicht so neu, schreit leise nach Tränen und bekommt einen besonderen Platz: zu Beginn des Zugabenblocks.

In dem Wanda noch einmal alles rauspulvern, was die Wiener in den vergangenen zwölf Jahren beliebt gemacht hat. "Bussi Baby", "Columbo" und "1,2,3,4" - der Stoff für eine weinselige Party mit ordentlich Umdrehungen. Und sei's nur beim Tanzen.

 
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