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Würzburg
Interview mit Marco Wanda: "Ich brauche diese bürgerliche Ruhe"
Die österreichische Rockband Wanda spielt im Februar wieder in der Würzburger Posthalle. Ihr Sänger erklärt, warum sich Konzerte für ihn wie das Leben nach dem Tod anfühlen.
Die Wiener Rockband Wanda spielt im Februar 2020 in der Würzburger Posthalle. 
Foto: Alexander Bachmayer | Die Wiener Rockband Wanda spielt im Februar 2020 in der Würzburger Posthalle. 
Corbinian Wildmeister
Corbinian Wildmeister
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:04 Uhr

Wanda sind fünf Österreicher, die gerne in zerrockten Lederjacken über "Amore" singen, über Leidenschaft, Schnaps und Schmerz. Bekannt geworden ist die Wiener Band, für die Rockattitüde und Popmelodien kein Widerspruch sind, 2014 mit dem dem Song "Bologna"; ein Riesenhit, der verruchterweise von der heimlichen Liebe zur eigenen Cousine handelt. Im Herbst dieses Jahres brachten Wanda nun schon ihr viertes Album "Ciao" heraus, 2020 gehen sie deshalb auf eine gleichnamige Tour. Der erste Halt: Würzburg. Am Dienstag, 25. Februar 2020, spielen Wanda in der Posthalle. Wir haben mit Sänger Marco Wanda über den Exzess in seinen Texten, das Heimkehren von einer langen Tour und die Zukunft des Rock 'n' Roll gesprochen.

Frage: Schnaps, Wein und Rauchen haben auf den ersten Wanda-Platten eine große Rolle gespielt. Das hat auch das Image der Band geprägt. Hat sich Wanda mit dem neuen Album "Ciao" vom Exzess verabschiedet?

Marco Wanda: Als wir begonnen haben, habe ich ein völlig anderes Leben geführt. Ich war als Mensch eher am Rand dieser Gesellschaft unterwegs. Mein Umfeld bestand aus Trinkern und jungen Menschen, die keine Zukunft hatten. Ich habe versucht, deren Geschichten zu erzählen. Doch im Laufe der Zeit waren diese Geschichten auserzählt und dieser scharf beobachtende Ich-Erzähler ist verschwunden. Mittlerweile sind die Texte weniger geworden, und auch nebulöser – mehr Kalligrafie statt Ölgemälde.

Auf "Ciao" geht es um Schmerz und Sehnsucht, es wird viel zurückgeblickt, aber es geht auch darum, wieder aufzustehen. Ist das für Sie eine Art Teufelskreis?

Wanda: Ich glaube dieser Teufelskreis ist das Leben. Alle Wanda-Texte sind eine Abhandlung von Schmerz. Man muss lernen mit diesem Schmerz umzugehen. Viele Menschen ertränken ihn in Konsum oder Drogen, andere Menschen tun einander weh. Alle diese Mechanismen versuchen diese Texte aufzuzeigen und darauf zu reagieren. Doch am Ende einer schwierigen Phase steht immer die Erkenntnis, dass man weitermachen muss. Das ist das Wesentliche. Man darf aber auch nicht vergessen: Texte schreiben ist für mich eine Notwendigkeit. Denn ohne sie könnte ich nicht auf der Bühne stehen.

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Was ist für Sie der schönste Moment bei Konzerten?

Wanda: Alles. Das ist schwer zu erklären. Da oben könnte mir jemand mit einem Baseballschläger auf den Kopf schlagen und ich könnte einfach weitersingen. Ich bilde mir ein, dass ich zusammen mit dem Publikum in eine andere Welt hinüberwechsle, in eine schöne Welt. Das hat etwas von Leben nach dem Tod. Wir sind alle plötzlich im Jenseits – und dann kommen wir wieder zurück.

Wird es als Band mit der Zeit schwerer oder leichter nach einer Tour nach Hause zurückzukehren?

Wanda: Es wird tatsächlich leichter, man kennt sich besser aus. Nach einer Tour sind alle unsere Erlebnissüchte bedient. Man kommt an den Punkt, an dem man sagt: Jetzt ist genug. Mehr ist auch nicht möglich, als vor tausenden Menschen auf der Bühne zu stehen und diese Energie freizusetzen. Früher war mein Zyklus so: Ich bin Saufen gegangen, habe mich dann zuhause eingeschlossen und ein Lied geschrieben. Aber dieses Leben ist auf Tour genug, heute gehe ich spazieren oder mit Freunden essen. Doch am Ende brauche ich immer eine bürgerliche Ruhe, damit ich überhaupt Lieder schreiben kann.

Wanda bewegt sich nicht unbedingt in einer Szene, die sich einem bestimmten Genre verschrieben hat: Wie stellen Sie sich den typischen Wanda-Fan vor?

Wanda: Ich treffe ihn ja die ganze Zeit auf der Straße. Das sind fünfjährige Kinder, aber auch alte Menschen. Das sind sehr aufrechte und interessante Menschen. Gleichzeitig ist es kein Mainstream-Publikum; noch gelingt dieser Spagat. Ich selbst wäre auch Wanda-Fan. Alle Kollegen machen so eine schlechte Musik; die Menschen haben unseren Rock 'n' Roll verdient. Ich wüsste nicht, wo ich mir das noch abholen könnte. Überall sonst würde ich mich verarscht fühlen, zwischen Pyrotechnik, Konfetti und Kostümen. Es gibt keine andere Band im deutschsprachigen Raum, die ihre Shows so sehr auf den Menschen reduziert, aber nicht als Konsumenten, sondern als zu therapierendes Wesen.

Viele Jugendliche gehen momentan auf die Straße, sind politisch und demonstrieren gegen den Klimawandel. Sind Hedonismus und Rock 'n' Roll-Romantik für diese Jugend noch spannend?

Wanda: Das glaube ich tatsächlich nicht. Ich habe das Gefühl, es gibt für viele entweder den totalen Konsum oder die Verfolgung von so ganz fixen Ideen. Und beides lässt mich unberührt, beides finde ich komisch. Rock 'n' Roll wird es aber immer geben, da mache ich mir keine Sorgen. Es ist ein sinnliches Spektakel, das man gemeinsam erleben kann, das verbindet. Ich glaube nicht, dass das untergehen wird.

"Ciao" heißt das neue Album. Aber was ist die beste Art, sich zu verabschieden?

Wanda: (lacht) Wahrscheinlich ein Herzinfarkt. Zack und aus.

 
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