Wenn diese Saison vorbei ist, wird Spargelbauer Fabian Kuhn aus Allersheim (Lkr. Würzburg) bewiesen haben, dass er auch als Reiseveranstalter und Hygienekontrolleur seinen Mann stehen kann. Seit Wochen arbeitet Kuhn daran, dass wenigstens ein Teil der ausländischen Erntehelfer, die er pro Saison braucht, einreisen kann.
Auch wenn die Bundesregierung den Ende März wegen Corona verfügten Einreisestopp für Saisonarbeiter Anfang April wieder aufgehoben hat, gestaltet sich die Anwerbung und Anreise der Mitarbeiter äußerst schwierig. "Ein Teil der Saisonarbeiterinnen kommt nicht - aus Angst“, sagt Kuhn.
Saisonarbeiter: Erst mal vierzehn Tage Quarantäne
Aber nicht Angst vor Corona sei der Grund, warum die Frauen zögerten. "Es ist die Angst vor dem Fliegen“, seufzt Kuhn. Rumänische Saisonkräfte dürfen nämlich nur noch einfliegen, mit eigens gecharterten Maschinen nach speziellem Procedere. "Ich hab in Rumänien einen Busunternehmer vor Ort, der die Leute von daheim abholt. Am Flughafen in Rumänien werden sie dann medizinisch gecheckt, bei der Ankunft in Nürnberg nochmals. Und wenn sie hier auf dem Hof ankommen, müssen sie erstmal vierzehn Tage in Quarantäne“, schildert der Spargelbauer.
Quarantäne auf dem Spargelhof? Wie soll das gehen? Wieder seufzt Kuhn. Es sei, "alles so komplex“. Aktuell seien erst rund 30 der benötigten Helfer bei ihm angekommen, sie belegten die Quartiere, die sonst für die gesamte Belegschaft reichen. "Für die nächsten, die ankommen, ziehen wir gerade Container hoch“, sagt Kuhn.
In Absprache mit dem Gesundheitsamt dürften die Neuankömmlinge trotz Quarantäne-Vorgabe auf den Feldern arbeiten, jedoch nur in festen kleinen Teams und unter ständiger Wahrung des Abstandsgebots. Nicht alle Helfer achteten stets auf die Distanz: "Man kommt sich vor wie ein böser Finger, wenn man die Leute ständig davon abhalten muss, sich nahe zu kommen“, sagt Kuhn. Ständig ermahnen zu müssen, sei anstrengend. Er selbst trägt – wie seine Familie auch – ständig Warnweste: Sie soll daran erinnern, dass sich die Gruppe der ausländischen Saisonarbeiter und die Gruppe der heimischen Helfer nicht mischen.
Besonders schwierig: das Essen. Die Arbeitskräfte würden auf dem Hof verköstigt, doch normalerweise bedienten die Saisonkräfte sich selbst. "Jetzt haben wir eine Kantine mit Essensausgabe und zwischen Küchenhilfe und Erntehelfer eine Plexiglasscheibe“, sagt Kuhn. Die Essenspause dauert doppelt so lange wie sonst, weil die Helfer wegen der Ansteckungsgefahr in verschiedenen Schichten essen müssen. Das mache die Arbeitstage lang, sagt Kuhn: "Diese ganze Sache geht total an die Substanz“.
Heimische Helfer: Rückkehr an die Uni oder in Ursprungsjobs
Auch Spargel- und Gemüsebauer Jürgen Heilmann aus Albertshofen (Lkr. Kitzingen) arbeitet notgedrungen unter erschwerten Bedingungen und mit kleinerer Besetzung als sonst. Üblicherweise beschäftigt Heilmann mindestens 70 ausländische Helfer und 20 heimische Verkäufer; heuer muss er mit 50 ausländischen und zehn heimischen Kräften auskommen.
Anders als etliche seiner Kollegen hatte sich Heilmann vor einigen Wochen bei der Anwerbung ungelernter heimischer Kräfte sehr aufgeschlossen gezeigt. Jetzt sagt er: "Da hab ich wohl aufs falsche Pferd gesetzt.“ Nicht weil die Arbeitsleistung der Leute schlecht gewesen wäre. "Aber die Studenten, die ich hatte, sind jetzt mehrheitlich halt wieder weg, müssen lernen und Prüfungen schreiben. Und die Kurzarbeiter aus anderen Branchen, die kehren langsam wieder in ihre Jobs zurück.“
Feldarbeit: Leute mit Fachkenntnissen dringend gesucht
Was das bedeutet? "Die ganzen Vorstellungsgespräche fangen von vorne an“, stöhnt Heilmann. Erschwerend komme hinzu, dass es für manche Tätigkeiten auf dem Feld Fachkenntnis brauche. "Spargelstechen kann man in zehn Tagen lernen, das geht“, sagt der Gemüsebauer. "Aber ich kann nicht jeden auf den Schlepper lassen und nicht jedem die Bewässerung von Gemüse anvertrauen. Um das zu lernen, braucht man zehn Wochen.“ Wegen des Mangels an Fachkräften rechnet Heilmann mit "20 bis 30 Prozent Verlust“ in dieser Saison.
In Gochsheim (Lkr. Schweinfurt) versucht Gemüsebäuerin Christina Heimrich gerade, mit Hilfe der erweiterten Familie die Produktion zu stemmen. Heimrichs bauen Salat an. Üblicherweise helfen zwölf bis 16 Kräfte, heuer sind nur acht Leute da. "Wir haben noch einige Rumänen und Polen rekrutiert, die schon im Land waren. Neue Leute kriegen wir gerade nicht“, sagt Christina Heimrich und regt an, den Saisonarbeitskräftemarkt auch für Ukrainer zu öffnen.
Gemüseanbau: Ob die Arbeit sich auszahlt, wissen die Erzeuger noch nicht
Sie habe auch in der Region um Arbeitskräfte geworben. Ein deutscher Helfer sei gekommen, die Gochsheimerin hofft, ihn halten zu können. Die Arbeitsagentur habe auch einen Geflüchteten geschickt, ihm sei der Mindestlohn von 9,35 Euro in der Landwirtschaft aber nicht ausreichend erschienen.
"Naja, jetzt arbeitet halt die ganze Familie bis zum Umfallen“, sagt Heimrich. Die Kraut-, Kohlrabi- und Lauchpflänzchen stünden in Paletten auf dem Hof. "Die müssen jetzt raus, sonst wird es zu spät.“ Ob ihre ganze Arbeit sich auch auszahlt, wissen Heimrichs noch nicht. "Wir verkaufen an einen Großhändler, der sonst überwiegend die Gastronomie beliefert“, sagt die Gemüsebäuerin. Allerdings bediene dieser Händler auch Lebensmittelgeschäfte, so sei wenigstens der Absatz eines Teils der Produktion gesichert.