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Würzburg
Wie gut ist Würzburg auf eine zweite Corona-Welle vorbereitet?
Hat Würzburg genug Schutzausrüstung und wird ausreichend getestet? Bisherige Tests in Alten- und Pflegeheimen reichen nicht aus, sagt Gesundheitsexperte Andrew Ullmann.
Während der ersten Welle der Corona-Pandemie war die Würzburger Innenstadt, hier die Alte Mainbrücke, aufgrund der Ausgansbeschränkungen menschenleer.  
Foto: Daniel Peter | Während der ersten Welle der Corona-Pandemie war die Würzburger Innenstadt, hier die Alte Mainbrücke, aufgrund der Ausgansbeschränkungen menschenleer.  
Tim Eisenberger
 |  aktualisiert: 18.02.2024 11:55 Uhr

In der ersten Welle der Corona-Pandemie war Würzburg einer der Hotspots, unter anderem gab es in Würzburg am  12. März den ersten Corona-Toten in Bayern. Auch der Ausbruch der Seuche im Seniorenheim Ehehaltenhaus/St. Nikolaus war einer der ersten in einer Pflegeeinrichtung. "Ein solch unvorbereiteter Infektionsausbruch, auf den wir nicht vorbereitet sind, darf sich nicht wiederholen", schreibt Andrew Ullmann in einer Anfrage an die Stadt Würzburg. Ullmann ist Professor für Infektiologie an der Universität Würzburg, Gesundheitsexperte der FDP im Bundestag und außerdem Mitglied des Würzburger Stadtrats. Jetzt wollte er von der Stadt wissen, wie Würzburg auf eine zweite Welle in der Corona-Pandemie vorbereitet ist. Diese Redaktion hat die Antworten zusammengefasst und Ullmanns Meinung dazu eingeholt.

Wie viele Menschen leben in Alten- und Pflegeheimen und sind damit Risikopatienten?

In Würzburg leben aktuell ungefähr 1600 Menschen verteilt auf 23 Senioren- und Pflegeeinrichtungen. "Ich wollte wissen, wie viele besonders anfällige Menschen, die wir schützen müssen, hier leben", so Ullmann. Während der ersten Welle der Infektionen habe man viele Ansteckungen erst verspätet oder gar nicht bemerkt, so Ullmann. Das möchte der FDP-Stadtrat so kein zweites Mal erleben. Stattdessen soll die zweite Welle weniger dramatisch, bestenfalls ohne Lockdown ablaufen. Dafür sei es jedoch wichtig, dass Hotspots rechtzeitig entdeckt werden und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden. Ullmann gehe es vor allem darum, die alten Menschen dieses Mal besser zu schützen. 

Wie viel Schutzkleidung ist in Würzburg vorrätig vorhanden und reicht das?

Laut Stadt sind die einzelnen Rettungsorganisationen aktuell ausreichend für mehrere Wochen ausgestattet. In der Antwort heißt es aber auch, dass die Organisationen selbst für die Bevorratung von Desinfektionsmitteln und Schutzkleidung verantwortlich sind. Außerdem gebe es ein zentrales Katastrophenschutzlager der Stadt. Dort befanden sich zum 15. Juni ungefähr 40 000 Liter Desinfektionsmittel, 480 000 Mund-Nasen-Schutzmasken, 278 000 FFP-2-Masken, 700 FFP-3-Masken, 246 000 Einmalhandschuhe und circa 9000 Überziehkittel. Bei Versorgungsengpässen kann die Stadt mit diesen Reserven aushelfen.

Der Bundestagsabgeordnete und FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann kritisiert die Stadt für ihre Vorbereitungen auf die zweite Welle der Corona-Pandemie. 
Foto: Cronauer | Der Bundestagsabgeordnete und FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann kritisiert die Stadt für ihre Vorbereitungen auf die zweite Welle der Corona-Pandemie. 

Wie viel Schutzausrüstung allerdings im Falle einer zweiten Welle benötigt wird, ist bei der Stadt bisher nicht bekannt. "Die Daten sind sicherlich vorhanden und die Stadt müsste sie nur bei den Einrichtungsleitern abfragen, damit wir eine Bevorratung gewährleisten können, wenn es wieder zu vermehrten Infektionen kommt", so Ullmann. Ob die Vorräte ausreichen? Ullmann kann es nicht mit Sicherheit beantworten, da niemand weiß wie viel in der Hochphase der Pandemie verbraucht wurde. 

"Wir haben wegen Covid-19 so viel Geld ins Gesundheitssystem gesteckt, da kann man die paar Euro mehr für ausreichend Schutzmaterialien auch noch ausgeben", findet Ullmann.

Wer wird in Würzburg getestet?

Mitarbeiter von Alten- und Pflegeheimen werden in Würzburg nicht regelmäßig, sondern nur anlass- und bedarfsbezogen durch das Gesundheitsamt getestet. Allerdings gibt es präventiv und eigeninitiative Testungen durch die Einrichtungen. Allerdings teilt die Stadt auch mit, dass ab Mitte Juni alternierend einzelne Senioren- und Pflegeeinrichtungen im Rahmen der öffentlichen Gesundheitsfürsorge im Raum Würzburg getestet werden sollen. Daraus erhofft sich die Stadt weitere Erkenntnisse über die Corona-Verbreitung in der Region. 

Hier spielen sicherlich auch die Aussagen von Ministerpräsident Markus Söder eine Rolle. Dieser hatte am Dienstag verkündet, dass die Testkapazität in Bayern auf 30 000 Tests erhöht werden soll. Er versprach, dass jeder der getestet werden will, auch getestet wird. Sogar mehrfache Tests einer Person seien möglich. Ullmann ist da ganz anderer Meinung: "Ungezieltes Testen kostet Geld, das ist auch Steuergeld und da muss man das Geld sinnvoll ausgeben und nicht blind testen, wie Söder es versprochen hat." 

Ullmann findet sogar, dass der Ministerpräsident hier sehr unüberlegt handelt. "Herr Söder übertreibt mal wieder. Das ist typisch Übersprungshandlung des Ministerpräsidenten, denn wenn er sagt, jeder kann sich testen lassen, wenn er will, ist es so unkontrolliert nicht sinnvoll und sehr kostspielig", so Ullmann. Stattdessen würde der FDP-Politiker gezielter testen. Neben Risikopatienten besonders Lehrerinnen und Lehrer, Beschäftigte in Kitas, im Rettungsdienst und in Alten- und Pflegeheimen, weil dort Kontakt zu empfindlichen Bevölkerungsgruppen bestehe oder die Abstandsregelungen nur schwer eingehalten werden können.

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Außerdem fordert Ullmann vom Staatsministerium noch die Umsetzung einer ganz anderen Idee. In den Niederlanden gab es eine Studie, die zeigt, dass das Ausbruchsgeschehen mit der Menge an Covid-19-Erbgut im Abwasser korreliert. Deshalb fordert Ullmann auch, dass das Wissen aus dieser Studie genutzt wird, um das Infektionsgeschehen vom Abwasser in Kläranlagen aus zu beobachten. 

Sind die Testkapazitäten mittlerweile ausreichend?

Mittlerweile gebe es genug Testkapazitäten, bestätigt Ullmann. Während der ersten Welle seien vor allem die Labore in den Ballungsgebieten ziemlich überfordert gewesen. In der Zwischenzeit sei aber genug ausgebildetes Personal vorhanden und Labore könnten die Ergebnisse zeitnah an die Patienten melden. "Die verzögerten Meldungen waren eine Katastrophe, aber jetzt sind wir besser aufgestellt", so Ullmann. Außerdem fordert er, dass auch Pflegeeinrichtungen selbst Proben entnehmen und ins Labor schicken könnten. "Eine Art Jobsharing wäre hier sinnvoll", findet Ullmann. 

 
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Kommentare
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  • 2. teil:

    wenn man dann im fernsehen sieht, wie fröhlich die fußballer sich umarmen und auch der abstand auf dem rasenplatz nicht so ernst genommen werden kann, oder
    wenn sich politiker/innen (auch unsre kanzlerin) dann in der öffentlichkeit bzw. im plenarsaal ohne masken drinn sitzen, frag ich mich manchmal, wird hier mit zweierlei maß gemessen?
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  • ich finde es langsam unerträglich, dass man sprichwörtlich eine zweite coronawell herbei redet. entweder will man die leute klein halten, oder aber man hält uns für unmündige bürger, die nicht wissen, wie wir uns schützen können. der staat wird
    sich auch hüten, nochmals einen kompletten lockdown für dl auszurufen, denn dann
    ist dl pleite und die wirtschaft völlig ruiniert. die ersten 6-8 wochen teilte man ja die gesamte entwicklung und war mit einverstanden, welche maßnahmen getroffen werden mussten. wenn man sich aber überlegt, in dl offiziell knapp 200.000 menschen infiziert, knapp 9000 menschen gestorben, fast 180000 wieder genesen,
    gott sei dank, bleiben also noch 8-10.000 patienten, hoffentlich werden diese auch
    bald wieder gesund, wenn man dann aber nach einer grippenwelle schaut, sterben jedes jahr mehr daran davon hört man heuer gar nichts mehr.
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  • Mainpost@ullmann.email
    Hier geht es doch gar nicht um ein lock down, sondern genau das muss verhindert werden. Wir als Gesellschaft dürfen nicht ein zweites Mal unvorbereitet einer globalen Pandemie ausgesetzt werden. Daher muss geprüft werden, ob wir genügend testen können und ob genügend PSA vorhanden ist. Auch andere Methoden der Überwachung der Virusverbreitung muss geprüft werden.
    Gerade besonders vulnerable Menschen müssen geschützt werden. Und vor allem nicht mit weiteren Besuchsverbote wieder bestrafen.
    Wie stark die zweite Welle sein wird, liegt alleine an uns wie gut wie vorbereitet sind. Augen verschließen hilft da natürlich nicht.
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