Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die am Dienstag offiziell beschlossene massive Ausweitung der Corona-Tests in Bayern gegen Kritik auch aus der Union verteidigt: "Der letzte, der Testen grundsätzlich hinterfragt hat, war US-Präsident Trump", warnte er in München. Auch in der deutschen Debatte könne er sich "nur noch wundern, wenn man Testen, Testen, Testen über Monate als veritables Ziel ausgibt - und es sofort kritisch hinterfragt, wenn es einer dann auch macht".
Kassenärzte sollen freiwillige Tests durchführen
Nach dem Kabinettsbeschluss von Dienstag kann sich ab 1. Juli in Bayern jedermann auf eine Corona-Infektion testen lassen, auch wenn er keine Symptome hat oder mit Infizierten in Kontakt war. Durchgeführt werden sollen die Tests von Kassenärzten in Bayern. Die Abrechnung für die Ärzte übernimmt die Kassenärztliche Vereinigung (KVB) direkt mit dem Freistaat. "Wir können nicht jeden Hausarzt zwingen, dabei mitzumachen", sagte Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU). Die KVB habe aber zugesichert, ein flächendeckendes Angebot sicherzustellen.
Falls viele Hausärzte nicht teilnehmen wollten, werde das Gesundheitsministerium zeitnah eine Liste von möglichen Test-Orten veröffentlichen. "Wir wollen aber zunächst abwarten, wie es anläuft", sagte Huml. Das Ergebnis eines freiwilligen Tests soll nach der Anlaufphase in der Regel spätestens nach 48 Stunden vorliegen.
Freiwillige Tests könnten Menschen, die sich angesichts der zunehmenden Lockerungen von Beschränkungen und nachlassender Corona-Disziplin in Teilen der Bevölkerung unsicher fühlen, Ängste nehmen, erklärte Söder. "Es ist zum Beispiel auch nach dem Urlaub eine Möglichkeit für mehr Sicherheit", findet er.
Darüber hinaus könne die Ausweitung nicht anlassbezogener Tests dabei helfen, bislang unentdeckte Corona-Schwerpunkte frühzeitig zu entdecken, hofft Söder. Eine Pflicht zur Testung gebe es aber nicht: "Wir gehen auch nicht davon aus, dass jeder Testen muss oder will, aber jeder kann diese Chance nutzen", sagte er. Auch mehrfache Tests einer Person seien grundsätzlich möglich.
Freistaat rechnet mit Kosten von rund 200 Millionen Euro in 2020
Insgesamt will der Freistaat seine Test-Kapazitäten von derzeit rund 10 000 Tests pro Tag auf bis zu 30 000 Tests pro Tag erhöhen. Die Regierung rechnet bis Ende des Jahres mit Kosten von rund 200 Millionen Euro. "Klar: Es kostet viel Geld. Aber es gibt keine lohnendere Investition", erklärte Söder. Denn Testen sei auch "ein Frühwarn-System und nicht erst dann wichtig, wenn es brennt", ergänzte er.
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Söder wies zudem den Vorwurf zurück, in Bayern unkoordiniert zu handeln: Die Test-Strategie folge dem Dreiklang "Schutz, Sicherheit und Prävention": So sollen künftig Menschen mit Symptomen sowie Kontaktpersonen von Infizierten zum Schutz der Mitbürger binnen 24 Stunden ein Corona-Testergebnis haben. Zur Sicherheit vor Infektionen soll zudem die freiwillige Testung von Erziehern, Lehrern, Polizisten sowie von Personal und Patienten in Alten- und Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser noch einmal ausgeweitet werden.
Ministerin Huml: Tests kein Ersatz für Abstand und Masken
Auch Reihen-Tests in Risiko-Gebieten und kritischen Bereichen wie etwa Schlachthöfen würden fortgeführt. Die Maßnahmen könnten nun aber dank vorhandener Labor-Kapazitäten auch durch präventive Tests der daran interessierten Bevölkerung ergänzt werden. Damit würden bestehende Sicherheitsmaßnahmen aber keinesfalls überflüssig, warnte Ministerin Huml: "Mehr Tests heißt nicht, dass man auf Abstand oder auch Mund-Nasen-Schutz künftig verzichten kann."