Beim 365-Euro-Ticket für Schüler und Auszubildende will der Landkreis Würzburg aufs Gas drücken und strebt die Einführung im ganzen Nahverkehrsverbund ab dem Herbst 2020 an. Außerdem soll das bestehende Busangebot im Landkreis attraktiver gemacht werden, etwa durch eine engere Vertaktung zu bestimmten Zeiten, Expresslinien, mehr Fahrten in den Abendstunden und ein dichteres Rufbus-Angebot im Süden des Landkreises.
In der vergangenen Woche hat sich der Verwaltungsrat der Landkreis-Nahverkehrsgesellschaft APG getroffen, um den Fahrplan für die Weiterentwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im Landkreis abzustimmen. Der sei bereits besser als in den allermeisten ländlichen Gegenden Bayerns, meinte Landrat Eberhard Nuß in der nachfolgenden Pressekonferenz. Trotzdem gäbe es noch einiges zu verbessern, um mehr Menschen vom Umstieg vom eigenen Auto auf Bus und Bahn zu überzeugen. Das sei nicht nur im Sinne von Umwelt und Klima. "Es gibt kaum noch eine Gemeinde im Landkreis, die nicht über Verkehrsströme in unerträglichem Ausmaß klagt", so Nuß. Nur mit einem verbesserten ÖPNV-Angebot lasse sich das Problem wirksam bekämpfen.
Jährlicher Mehraufwand von über zwei Millionen Euro
Insgesamt geht es dabei um einen jährlichen Mehraufwand von über zwei Millionen Euro, der zusätzlich in den öffentlichen Personennahverkehr fließen soll. Mehr als die Hälfte davon ist durch staatliche Förderprogramme gedeckt. Dem Landkreis kommt dabei zupass, dass die Staatsregierung einen Mobilitätsfond aufgelegt hat, der jährlich bis zu 650 000 Euro in Aussicht stellt - vorausgesetzt, der Landkreis steckt die gleiche Summe in die Verbesserung des Angebots. Zusätzlich übernimmt der Freistaat zwei Drittel der Einnahmeausfälle, die durch die Einführung eines 365-Euro-Tickets für Schüler und Auszubildende entstehen.
Von diesem 365-Euro-Ticket würden junge Menschen im Landkreis noch stärker profitieren als in der Stadt, wo dessen Einführung ebenfalls diskutiert wird. Anders als das bisherige Ausbildungsticket für 39,90 Euro im Monat soll es nicht nur für die Strecke zwischen Wohnort und Schule oder Ausbildungsbetrieb gelten, sondern im gesamten Verbundraum. Die Einnahmeausfälle für den gesamten Verkehrsverbund beziffert Dominik Stiller von der APG auf rund zehn Millionen Euro. Der Anteil des Landkreises lägt bei 1,2 Millionen Euro.
Langfristige Kundenbindung und höhere Erlöse
Rechnet man Einsparungen bei der Schülerbeförderung dagegen, bleibt noch immer eine jährliche Mehrbelastung für den Kreishaushalt von rund 700 000 Euro. Im Gegenzug hofft Stiller auf eine langfristige Kundenbindung, also darauf, dass viele Jugendliche später dem ÖPNV treu bleiben, und so zusätzliche Fahrkartenerlöse den Mehraufwand später zumindest zum Teil kompensieren. Allerdings ist der Landkreis bei der Einführung des 365-Euro-Tickets auf die Unterstützung der übrigen Verbundpartner aus der Stadt Würzburg und den Landkreisen Kitzingen und Main-Spessart angewiesen. Die Gespräche verliefen erfolgsversprechend, sagt Landrat Eberhard Nuß.
Über die 650 000 Euro aus dem Mobilitätsfonds, die der Freistaat fünf Jahre lang zur Verfügung stellt, kann der Landkreis alleine entscheiden. Aufgabe müsse deshalb sein, das Programm möglichst vollständig auszuschöpfen, und das Geld in Maßnahmen zu stecken, die langfristig zu mehr Fahrgästen und damit zu höheren Ticketeinnahmen führen, sagt Alexander Schraml, Vorstand im Landkreis-Kommunalunternehmen. Dass diese Rechnung aufgehen kann, hat die Einführung des Stundentakts bewiesen. Auf den betroffenen Linien, zuletzt auf der Verbindung von Giebelstadt nach Würzburg, steigen die Einnahmen seitdem kontinuierlich.
Höhere Fahrgastzahlen durch bessere Angebote
Den Stundentakt nach Giebelstadt am Nachmittag auf einen Halbstundentakt zu verkürzen, ist eines der Maßnahmen, die der APG-Verwaltungsrat nun beschlossen hat. Gleiches gilt für die Verbindungen nach Greußenheim und Hettstadt. Auf der Linie Würzburg-Waldbrunn steigt die Frequenz nachmittags sogar von 40 auf 20 Minuten.
Neu ist die Einführung einer direkten Verbindung an die Würzburger Uni-Kliniken. Fahrgästen aus dem östlichen Landkreis bleibe so der zeitraubende Umweg über den Hauptbahnhof erspart, sagt Alexander Schraml. Der Versuch soll beispielgebend für weitere Expresslinien zu stark frequentierten Zielen in Würzburg sein.
Mehr Rufbus-Angebot im ländlichen Raum
Während es im Ballungsraum um Würzburg hauptsächlich um eine Verdichtung der Taktverkehre und eine Ausweitung der Angebote am späten Abend und an den Wochenenden geht, strebt die APG im südlichen Landkreis eine Verbesserung des Rufbus-Angebots an. Der Verkehrsverbund arbeitet dabei mit dem Ochsenfurter Taxi-Unternehmen Hennermann zusammen, das Haltestellen in den Nebenzeiten nur bedient, wenn sich die Fahrgäste spätestens 60 Minuten vor der planmäßigen Abfahrt an der Taxizentrale anmelden.
Das System habe sich bewährt, sagt Dominik Stiller. 30 bis 40 Prozent der fahrplanmäßigen Fahrten werden in Anspruch genommen. Es gelten die üblichen Bus-Fahrpreise, den Differenzbetrag zum Taxi-Tarif zahlt der Landkreis. Im Durchschnitt ist jedes Rufbus-Taxi mit 1,8 Personen besetzt. Künftig will man dieses Angebot deutlich ausweiten. "Wir streben eine Verdoppelung der Leistung an", sagt Dominik Stiller und hofft, dass sich auch das Fahrgastaufkommen entsprechend erhöht. Die jährlichen Mehrkosten für den Landkreis beziffert Stiller auf 250 000 bis 300 000 Euro.
Bahnhöfe müssen barrierefrei werden
Wirksamer könnte die Stadt Würzburg vom Autoverkehr aus dem Landkreis entlastet werden, wenn es gelingt, die Bahnlinien noch stärker in das Mobilitätskonzept einzubeziehen. "95 Prozent unserer Linien führen nach Würzburg", sagt Nuß, "da wäre es doch besser, wenn die Leute vorher in den Zug steigen und am Stau im Berufsverkehr einfach vorbeifahren."
Mit diesem Wunsch stößt Landrat Eberhard Nuß allerdings an Grenzen. Der Ochsenfurter Bahnhof etwa, der bereits heute täglich von rund 1500 Fahrgästen genutzt wird, ist noch immer nicht barrierefrei ausgebaut, und die Bahn hat erst unlängst angekündigt, dass ein solcher Ausbau in den kommenden Jahren nicht geplant ist. "Das kann nicht sein", so Nuß, "der barrierefreie Ausbau muss kommen."
Auch das Tarifsystem ist gründlich zu entrümpeln und zu vereinfachen.
Auf barrierefreie Bahnhöfe warte ich in Ochsenfurt und Kitzingen schon lange. Auch sichere Abstellanlagen für Fahrräder an Bahnhöfen und gut ausgebaute Fahrradwege zu den Bahnhöfen sind eine wichtige Maßnahme.