
Durch die Forderungen von Klimaschutz-Bewegungen wie "Fridays For Future" ist die Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) nicht nur in Würzburg wieder zu einem wichtigen Thema geworden. Beim gut besuchten "StadtGespräch" der Main Post im Rudolf-Alexander-Schröder-Haus mit dem Titel "Wie kommt der ÖPNV in Fahrt?" ließen Applaus und Beiträge aus dem Publikum erkennen, dass sich die rund 90 Bürgerinnen und Bürger weitgehend einig waren: Eine Verkehrswende muss kommen – und ein attraktiver und komfortabler Nahverkehr für die gesamte Region ist ein wichtiger Baustein davon. Dies war der Tonus der von Main-Post-Redakteur Lucas Kesselhut moderierten rund zweistündigen Veranstaltung.
Busnetz sei überfrachtet
Dabei läuft der innerstädtische Straßenbahn- und Busverkehr schon ganz gut: Die Würzburger Straßenbahn GmbH (WSB) transportiert pro Jahr rund zwei Drittel ihrer Fahrgäste auf ihren fünf Straba-Linien. Ein überdurchschnittlich gutes Angebot für eine Stadt von der Größe Würzburgs, wie Verkehrsplaner Mathias Schmechtig vom Büro "NahverkehrsConsult" aus Kassel betonte. Das Busnetz sei dagegen "unübersichtlich und überfrachtet, weil man versucht, es allen recht zu machen". Das soll sich in naher Zukunft ändern, wenn die Würzburger Straßenbahn GmbH (WSB) ihr komplettes Busliniennetz neu geplant und attraktiver gestaltet hat, um mehr Menschen zum Umstieg vom Pkw auf den Linienbus zu bewegen.
"Wenn man besser werden will, braucht es aber eine wesentlich ausgeprägtere Finanzierung. Im Moment sind keine großen Sprünge möglich", warnte Schmechtig. Insgesamt liege der ÖPNV in Würzburg im gesicherten Mittelfeld: "Noch nicht Champions League, aber auch weit genug von den Abstiegsplätzen entfernt."
Ein Aufstieg in die Champions League ist das Ziel von Niklas Dehne, der auf dem Podium für das Bündnis "Verkehrswende Jetzt" sprach. "Wir brauchen eine 180-Grad-Wende, sonst bekommen wir die breite Masse nicht in den ÖPNV. Er muss mit anderen Verkehrsmitteln konkurrenzfähig sein", sagte Dehne. Soll heißen: Dichte Takte, gute Angebote in allen Stadtteilen und vor allem auch über die Stadtgrenzen hinaus, und dazu ein Tarifsystem, "für das man kein Diplomstudium braucht".
Experte fordert neue Straba-Linien

Dehne hält Zeitfahrkarten für eine deutlich bessere und gerechtere Lösung als den bestehenden Wabentarif. Außerdem fordert das Bündnis, bereits jetzt mit Planungen für neue Linienäste der Straßenbahn nach Versbach und Höchberg zu beginnen. Dass das nicht so lange dauern muss wie das aktuelle Planfeststellungsverfahren für die sogenannte "Linie 6" zum Hubland zeigen laut Dehne andere Städte wie Ulm und Augsburg, wo Straßenbahnlinien in sieben Jahren komplett umgesetzt worden seien.
Großen Applaus bekam Dehne auch, als er sich für deutlich bessere ÖPNV-Angebote in den Landkreisgemeinden aussprach.Teilweise werde der Busverkehr im Landkreis bereits ab 22 Uhr eingestellt: "Ich kann niemandem böse sein, wenn er aus Rimpar mit dem Auto in die Stadt fährt."
Keine einfache Zusammenarbeit mit dem Landkreis
Thomas Schäfer, Geschäftsführer der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) machte aber deutlich, dass die Zusammenarbeit der WSB mit dem Landkreis nicht einfach ist: "Wir würden uns darüber freuen, aber es ist schwer, da große gemeinsame Aktionen hinzubekommen."
Schäfer schlug vor, sämtliche Bahnhaltepunkte im Landkreis mit ordentlichen Park-and-Ride-Plätzen auszustatten, um die Zahl der täglichen PKW-Pendler in der Stadt – derzeit sind es rund 57 000 – zu reduzieren. Außerdem müssten Busse im Stadtverkehr eigene Spuren und Bevorrechtigung an Ampeln bekommen, "um ein klares Signal für den Vorrang des ÖPNV vor dem Auto zu setzen. Um diese Entscheidung werden wir nicht herumkommen", betonte der WVV-Geschäftsführer.
Erreichbarkeit der Innenstadt
Auch Wolfgang Weier, Geschäftsführer des Stadtmarketing-Vereins "Würzburg macht Spaß" (WümS) sprach sich für attraktivere ÖPNV-Angebote in Stadt und Landkreis aus. Gleichzeitig warnte er davor, die Erreichbarkeit der Innenstadt mit dem Auto zu erschweren: "Wir dürfen den 680 000 Menschen in unserem Einzugsgebiet nicht signalisieren, dass wir sie in Würzburg nicht haben wollen", so Weier.

Einschränkungen für den motorisierten Individualverkehr dürften erst umgesetzt werden, wenn es brauchbare Alternativen gebe. Um die Innenstadt autofreier zu machen, wäre für den WümS-Geschäftsführer ein mehrstöckiges P+R-Parkhaus auf dem Gelände des alten Gaswerks zwischen Hauptbahnhof und Nordtangente ein erster Schritt.
In der Diskussion mit dem Publikum ging es dann unter anderem um bezahlbare Fahrpreise und die Finanzierung des Nahverkehrs. So rechnete Schäfer beispielsweise vor, wie ein kostenloser Nahverkehr aussehen könnte, wenn jeder Würzburger ausnahmslos pro Jahr 250 Euro zahlen würde – ob er ÖPNV-Nutzer ist oder nicht. Auch die Einführung eines 365-Euro-Tickets koste sehr viel Geld, die staatliche Förderung dafür müsste langfristig fließen, so der WVV-Geschäftsführer: "Ich bin hoffnungsvoll, dass die Brisanz des Themas inzwischen auf der politischen Ebene angekommen ist."