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Ochsenfurt
Bahnhof Ochsenfurt: Barrieren vor der Barrierefreiheit
Seit langem wird gefordert, den Bahnhof umzubauen. Auf Initiative des Abgeordneten Volkmar Halbleib gibt es jetzt immerhin einen Plan für die nächsten Schritte.
Für die Bahn steht ein barrierefreier Umbau des Ochsenfurter Bahnhofs nicht zur Debatte.
Foto: Catharina Hettiger | Für die Bahn steht ein barrierefreier Umbau des Ochsenfurter Bahnhofs nicht zur Debatte.
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 19.10.2020 10:38 Uhr

Der Ochsenfurter Bahnhof ist ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt für den öffentlichen Nahverkehr zwischen dem südlichen Landkreis und dem Oberzentrum Würzburg. Nach jüngsten Zählungen wird er täglich von knapp 1500 Fahrgästen benutzt. Für Menschen mit Behinderung und selbst für Eltern mit Kinderwagen ist der Bahnhof jedoch kaum nutzbar, weil der Bahnsteig nur über eine lange Treppe zu erreichen ist. Lokalpolitiker und Bahnnutzer fordern deshalb schon seit Jahren vergebens einen barrierefreien Umbau. Jetzt gibt es immerhin eine Machbarkeitsstudie und eine erste Kostenschätzung – über sieben Millionen Euro.

Den Stein erneut ins Rollen gebracht hat der Ochsenfurter Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib (SPD). Im vergangenen Herbst hatte er bereits einen runden Tisch mit Verantwortlichen von Bahn und Stadt initiiert – mit dem klaren Ziel, das Problem nicht nur zu beschreiben, sondern feste Schritte für eine Lösung festzulegen. Mit dem Auftrag an die Bahn, eine Machbarkeitsstudie und eine Kostenschätzung auszuarbeiten, war man nach einem ersten Gespräch im Juni auseinander gegangen.

Rampe statt Treppe zum Bahnsteig

Bei einem erneuten Treffen im Ochsenfurter Rathaus stellte der Vertriebsbeauftragte der Bahntochter DB Station & Service AG, Herbert Kölbl, nun die aus seiner Sicht einzige realistische Ausbauvariante vor. Weil der Bahnsteig zu schmal ist, um neben dem Treppenzugang noch einen Aufzug aufzunehmen, sieht diese Variante eine langgezogene Rampe vor, die von der Unterführung unter den Gleisen zum Bahnsteig führt.

"Ich sehe derzeit keinen Ansatz, mit Ochsenfurt in die Regelfinanzierung zu kommen."
Herbert Kölbl, DB Station & Service AG

Um die geforderte maximale Steigung von sechs Prozent zu erreichen, müsste diese Rampe 90 Meter lang sein, so Kölbl. Das bringt weitere Probleme mit sich. Mit 220 Metern ist der Bahnsteig derzeit zwar 50 Meter länger als in den baulichen Standards der Bahn vorgesehen. Beim Bau einer Rampe müsste er aber um weitere 40 Meter in Richtung Marktbreit verlängert werden.

Für Reisende, die mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen unterwegs sind, ist der Bahnsteig am Ochsenfurter Bahnhof ohne fremde Hilfe nicht erreichbar.
Foto: Catharina Hettiger | Für Reisende, die mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen unterwegs sind, ist der Bahnsteig am Ochsenfurter Bahnhof ohne fremde Hilfe nicht erreichbar.

Geschätzte Kosten: sieben Millionen Euro

Größtes Problem dürfte allerdings die Finanzierung werden. In einer ersten groben Schätzung geht die Bahn davon aus, dass der gesamte Umbau 6,9 Millionen Euro kosten würde. Darin enthalten sind Planungskosten von 1,46 Millionen Euro und ein Risikozuschlag wegen fehlender Planungstiefe von 1,26 Millionen Euro. Den hohen Planungsaufwand schreibt Herbert Kölbl dem komplizierten Umbau der gesamten Bahnanlagen mit Gleis-, Signal- und Oberleitungstechnik zu. Und das unter laufendem Betrieb.

Eine belastbare Kostenberechnung setze eine Vorplanung voraus, die ihrerseits bereits rund 200 000 Euro kosten würde, sagt Bahn-Vertriebschef Kölbl weiter. Und nachdem in den Ausbauplänen der Bahn der Ochsenfurter Bahnhof derzeit nicht vorgesehen ist, müssten diese Planungskosten von Dritten getragen werden. "Ich sehe derzeit keinen Ansatz, mit Ochsenfurt in die Regelfinanzierung zu kommen", begründet Herbert Kölbl seine Einschätzung. Die Bahn setze ihre Ausbaumittel vorrangig dort ein, wo Bahnhöfe und Haltepunkt marode sind. "Der Ochsenfurter Bahnhof ist baulich in einem sehr guten Zustand; das ist das Dilemma."

"Von allen Kommunen fordert man einen barrierefreien Ausbau der Bushaltestellen und die Bahn tut nichts, das geht gar nicht."
Alexander Schraml, Verkehrsverbund Würzburg

Volkmar Halbleib will sich mit dieser Aussage nicht abfinden. "Es ist zwar der Ochsenfurter Bahnhof, ab er ist für den gesamten südlichen Landkreis Anknüpfungspunkt in Richtung Würzburg." Unterstützt wird er dabei vom Vorstand des Landkreis-Kommunalunternehmens und Geschäftsführer des Nahverkehrsverbunds, Alexander Schraml. "Für unser Buskonzept spielt der Ochsenfurter Bahnhof eine zentrale Rolle", so Schraml im Gespräch mit der Redaktion. "Für den Umstieg auf den ÖPNV ist der Komfort entscheidend, da geht es nicht nur um Rollstuhlfahrer und Mütter mit Kinderwagen." Er kritisiert, dass dabei für örtliche Verkehrsanbieter und die Bahn unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden. "Von allen Kommunen fordert man einen barrierefreien Ausbau der Bushaltestellen und die Bahn tut nichts, das geht gar nicht", so Schraml.

Hoffen auf Sonderprogramme

Einen Ausweg aus dem Finanzierungsdilemma könnte der Freistaat weisen, meint Landtagsabgeordneter Volkmar Halbleib. Gemeinsam mit seinen Landtagskollegen von Grünen und CSU, Kerstin Celina und Manfred Ländner, will er deshalb beim Verkehrsministerium erörtern, wie weit der Staat die Kosten der Vorplanung übernehmen kann. Auch die Stadt Ochsenfurt und der Landkreis könnten für einen Teil dieser Planungskosten in Vorleistung gehen, meinen Bürgermeister Peter Juks und der stellvertretende Landrat und Behindertenbeauftragte Ernst Joßberger.

Gerade vor dem Hintergrund der Klimadebatte rechnet Halbleib mit Sonderprogrammen für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Und da sei die Chance, zum Zug zu kommen, allemal größer, wenn man bereits fertige Pläne in der Schublade hat.

In einem halben Jahr will man sich erneut am runden Tisch treffen, schlägt Volkmar Halbleib vor. Bis dahin soll die Finanzierungsfrage so weit erörtert sein, um einen Planungsauftrag einleiten zu können. Seine Landtagskollegin Kerstin Celina begrüßt den Vorschlag: "Es ist gut, dass es jetzt zumindest einen Plan für einen Plan gibt." Wie es danach weitergehen soll, ist ungewiss. Allein die Bauzeit beziffert Bahn-Vertriebsleiter Kölbl auf ein Jahr. Für Bürgermeister Peter Juks ist das kein Problem. "Irgendwann muss man mal anfangen", sagt er, "wir müssen dabei an die nächste Generation denken."

 
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  • Arcus
    Ochsenfurt und Kitzingen-beide Bahnhöfe müssen endlich eine barrierefreien Zugang zu den Gleisen bekommen. Da müssen Stadt, Bahn, vor allem aber auch die CSU geführte Landesregierung endlich handeln. Statt weiter viel Geld in den Strassenausbau zu stecken, muss endlich der SPNV gestärkt werden. Da heißt es auch Prioritäten setzen.
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