
In der Jugendhilfe explodieren die Fallzahlen – und damit die Kosten. Über eine Million Kinder und Jugendliche brauchen laut einer Mitteilung des Statistischen Bundesamts vom November 2020 erzieherische Hilfen - ein neuer Höchststand. Zwischen 2009 und 2019 sind die Fallzahlen um 22 Prozent gestiegen.
Zu den erzieherischen Hilfen gehören niedrigschwellige Angebote wie Erziehungsberatung, intensivere Hilfen wie Vollzeitpflege in Pflegefamilien und kostenintensive Maßnahmen wie die Unterbringung in einem Heim. Diese Leistung nahmen laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2019 deutschlandweit insgesamt 136 000 Kinder und Jugendliche wegen extremer Verhaltensauffälligkeiten in Anspruch. Im Jahr 2009 lag die Zahl noch bei 91 000.
Die Risiken für Verhaltensauffälligkeiten steigen
Wächst ein Kind in Armut oder in abweichenden Familienstrukturen auf, steigt das Risiko, verhaltensauffällig zu werden. Auch die hohe Belastung oder die psychische Erkrankung von Eltern können eine Gefahr darstellen. "Diese Faktoren haben nachweisbar in den letzten Jahren alle zugenommen“, sagen Experten wie der Leiter des therapeutischen Heims St. Josef in Würzburg, Norbert Beck. Entsprechend sei das Risiko für Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern gestiegen. Dass auch die Digitalisierung der Kinderwelt und die oft daraus folgende Bewegungsarmut zu Verhaltensauffälligkeiten führt, wird von Experten vermutet.
"Stabile, tragfähige, liebevolle Familien", in denen ein Kind gerade in den ersten Lebensjahren Bindungssicherheit erleben könne, würden dagegen einen Schutz vor Verhaltensauffälligkeiten bieten. "Aber wir haben immer weniger tragfähige Familien“, sagt Beck.
Die Annahme indes, dass insbesondere verhaltensauffällige unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, deren Betreuung ebenfalls der Jugendhilfe obliegt, für den massiven Anstieg der Inanspruchnahme von "Hilfen zur Erziehung" verantwortlich sind, stimmt laut Studien nicht mehr. Demnach sei die Zahl der Geflüchteten in den Heimen zwar in den Jahren 2014, 2015 und 2016 hoch gewesen. Insgesamt ist die Anzahl Geflüchteter in Deutschland jedoch in den vergangenen zwei Jahren gesunken; die Fallzahlen bei Jugendlichen, die Hilfen zur Erziehung brauchen, steigen jedoch weiter.
Zahl der benötigten Erziehungsheimplätze ist in Unterfranken stark gestiegen
Laut der Heimaufsicht der Regierung von Unterfranken belief sich die Zahl der Heimplätze für schwer erziehbare Kinder und Jugendliche nach Paragraf 34 des Sozialgesetzbuchs in Unterfranken im Jahr 2019 auf 1520 Plätze. Im Jahr 2010 waren es noch 1100 Plätze.
Die Kosten für therapeutische Heime sind aufgrund des großen Personalbedarfs sehr hoch. Nach Aussagen unterfränkischer Heimleiter kostet die Unterbringung eines einzigen Jugendlichen dort bis zu 7000 Euro – und zwar pro Monat. Aber selbst wenn man nur den von der Heimaufsicht genannten Durchschnittswert von 5000 Euro für die monatlichen Heimkosten zugrunde legt, fallen für alle 1520 unterfränkischen Erziehungsheimplätze zusammen monatliche Kosten von 7,6 Millionen Euro an. Pro Jahr sind das 91 Millionen Euro. Eine Deckelung der Kosten ist in der Jugendhilfe nicht vorgesehen.
Kommunen und Kreise sind durch Jugendhilfekosten stark belastet
Das Gesetz sieht vor, dass die Jugendämter der Kommunen und Kreise zur Gänze für die Kosten aufkommen. Staatliche Beihilfen gibt es nicht - außer es handelt sich bei den Heimbewohnern um minderjährige unbegleitete Geflüchtete. Angesichts der exorbitanten Heimkosten schauen Kommunalpolitiker in ganz Unterfranken immer besorgter auf ihren stetig steigenden Jugendhilfe-Etat.
Über den "Kostenanstieg in der Jugendhilfe“ um 2,4 Millionen Euro auf 20,2 Millionen Euro informierte 2020 etwa der Leiter der Kreisverwaltung Würzburg, Rainer Künzig. Die Zunahme rühre "vor allem von einer vergleichsweise geringen Zahl von Jugendlichen her, die in Heimen untergebracht" seien und einen besonders hohen Betreuungsaufwand hätten, so Künzig. Vergleichbare Aussagen haben in den vergangenen Jahren auch Kommunalpolitiker aus den Kreisen Main-Spessart, Kitzingen, Schweinfurt oder Miltenberg getroffen.
Im Ernst, auch wenn ich nachvollziehen kann, dass so eine Unterbringung teuer ist, so scheinen mir dies Zahlen eher die Auswirkungen der sich selbstverständigenden Sozialindustrie zu sein. Da die Zahlen vor gar nicht so langer Zeit bei 5.000 pro unbeg. Flüchtling/Monat lagen (lt. Stadt Würzburg, der Betreute selbst bekommt davon ja nur ein Taschengeldchen): Kann es sein, dass jetzt halt die zur Flüchtlingskrise massenhaft geschaffenen Sozpäd-etc-Stellen - ganz dem Parkinsonschem Gesetz folgend - irgendwie finanziert werden müssen? Und solange es Steuerzahler gibt ...
Also nur pro oder contra Unterbringung im Kindesalter zu diskutieren, ist mir zu kurz gegriffen- die (vielfältigen) Probleme liegen woanders und da muss die Hilfe/Unterstützung hin!