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Würzburg/Schweinfurt
Weniger Teilzeit, mehr Deutschunterricht: Was Unterfrankens Lehrkräfte von den bayerischen Reformvorschlägen halten
Die jüngste Pisa-Studie hat die Staatsregierung aufgeschreckt. Jetzt sollen die Grundschulen schnell reformiert werden. Doch nicht alle Ideen kommen in der Lehrerschaft gut an.
Helmut Schmid war bis Juli 2021 Rektor der Grundschule Gerolzhofen und wechselte dann als Bezirkspersonalratsvorsitzender an die Regierung von Unterfranken. Er führt den BLLV in Unterfranken.
Foto: Thomas Obermeier | Helmut Schmid war bis Juli 2021 Rektor der Grundschule Gerolzhofen und wechselte dann als Bezirkspersonalratsvorsitzender an die Regierung von Unterfranken. Er führt den BLLV in Unterfranken.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:10 Uhr

Erst Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), dann Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler): Aufgeschreckt durch die jüngste Pisa-Studie wollen beide rasche Reformen an der Grundschule in die Wege leiten. Die Kernfächer Deutsch und Mathe sollen durch zusätzliche Stunden gestärkt werden. Dafür müssten die Schulen bei anderen Fächern streichen. 

Vorstoß geht für Lehrerverband in die richtige Richtung

Für Helmut Schmid, Vorsitzender des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes in Unterfranken (ULLV), zielen die Reformen in die richtige Richtung – auch wenn er sich "ein wenig gewundert" habe, dass sich Söder und Stolz plötzlich "mit Vorschlägen überbieten". "Einen gut abgesprochenen Eindruck macht das nicht." Generell zeige die Staatsregierung aber den "richtigen Reflex". Aus den schlechten Pisa-Ergebnissen seien Konsequenzen zu ziehen.

Für Schmid ist es aber mit dem reinen Stundenplus nicht getan: Es komme auf die Qualität an, auf zielgerichtete Inhalte – nicht nur auf den Umfang. Und hier stellt sich für den Verband die Frage: Woher kommen die gut ausgebildeten Lehrkräfte für mehr Deutsch und Mathe? Schon jetzt herrscht akuter Personalmangel. Nur mit Quer- und Seiteneinsteigern kann das Kultusministerium derzeit den geregelten Schulbetrieb aufrechterhalten. "Damit retten wir uns über den Tag", sagt Schmid.

Bedauern über Stundenkürzungen in anderen Fächern

Er bedauert, dass das Plus bei Deutsch und Mathe wegen des Lehrermangels auf Kosten anderer Fächer wie Kunst, Musik, Religion, Sport oder Englisch gehen soll. Drei Stunden würden dafür in der vierten Klasse fehlen, weil Stolz hier zusätzlich die Wochenstundenzahl von 29 auf 28 reduzieren will. Erstklässler hätten dagegen eine Stunde mehr.

Wie sie ihre Stundentafel umschichten, sollen im wesentlichen die 250 Grundschulen in Unterfranken vor Ort entscheiden. Eine Flexibilität, die der Lehrerverband begrüßt. "Sie können die Grundschule in bestimmten Würzburger Stadtteilen nicht mit einer Grundschule in der ländlichen Rhön vergleichen", sagt Schmid. 

Wichtigste Aufgabe bleibt aus Sicht des ULLV eine bessere Personalsituation der Schulen. Die Ankündigung Söders, den Teilzeitanspruch von Lehrkräften weiter zu beschränken, hält Schmid für kontraproduktiv: "Viele entscheiden sich genau deshalb für das Lehramt – weil Familie und Beruf gut zu vereinbaren sind."

Zum anderen kämen ältere Lehrkräfte eher an Belastungsgrenzen. Die Erhöhung der Mindeststunden bei Teilzeit habe bereits zu einem erhöhten Krankheitsausfall geführt, ebenso die Anhebung des Ruhestandseintritts von frühestens 64 auf 65 Jahre. Als Verband lehne man Zwangsmaßnahmen ab, der Beruf müsse im Gegenteil attraktiver werden.

Gegen die von Söder und Stolz propagierten Sprachtests vor der Einschulung hat Helmut Schmid zwar nichts einzuwenden. Allerdings müssten Kinder mit schlechten Deutsch-Kenntnissen dann auch entsprechend gefördert werden. "Dafür brauchen die Schulen wieder mehr Personal."

 
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  • Klaus B. Fiederling
    Es wird ZEIT, dass bei den Hauptfächern Deutsch und Mathe (erst mal vernünftiges Rechnen, dann Mengenlehre) in der Schule unterrichtet wird, gerade auf die Sicht hin, dass immer mehr Kinder aus fremden LÄNDERN die Schulen besuchen. Doch hier können auch die Eltern zu Hause masiv den Kindern in diesen Fächern helfen. 1 Stunde weniger Handy/Computer am Tag, dafür vernünftigen UNTERRICHT zu Hause wären für die Lehrer auch ein Entlastung in der
    Schule.
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