Vor dem Start des neuen Schuljahres blickt der Unterfränkische Lehrer- und Lehrerinnenverband (ULLV) mit Sorge auf die Situation an den Grund- und Mittelschulen in der Region. Personell sei man auf Kante genäht, sagte Vorsitzender Helmut Schmid am Freitag bei einer Pressekonferenz.
Schulen müssten teilweise "tricksen" und zum Beispiel Gruppen zusammenlegen. Aber immerhin: "Vor jeder Klasse in Unterfranken wird am ersten Schultag eine Lehrperson stehen." Man habe mit dem Schlimmsten gerechnet – dies sei nicht eingetreten. Zufrieden ist man beim Lehrerverband mit der Lage aber nicht.
Immer häufiger kommen an Schulen in Unterfranken Aushilfen und Quereinsteiger zum Einsatz
Um Löcher zu stopfen, kommen immer öfter Studierende, pensionierte Lehrkräfte oder Quer- und Seiteneinsteiger zum Einsatz. Man sei zwar dankbar, dass sie im Schulbetrieb unterstützen, so ULLV-Vorstandsmitglied Joachim Dutz. "Ein Dauerzustand kann das aber nicht sein!" Denn vielen Aushilfskräften fehle es an der fachlichen Qualifikation. Darunter leide die Qualität des Unterrichts.
Die Aushilfen müssen von den Stammlehrkräften an der Schule betreut werden – ein zusätzlicher Aufwand in angespannter Situation. Die Erfahrungen mit "ungelernten" Lehrkräften sind laut ULLV sehr unterschiedlich: Manche Aushilfen seien hochmotiviert und talentiert, bei anderen gehe der Einsatz auch mal schief.
ULLV-Vorsitzender Schmid würdigte den Einsatz von Regierung, Schulämtern und Schulleitung: "Sie haben bei der Rekrutierung von Personal Außergewöhnliches geleistet." Allerdings müssten nun dringend weitere Lehrkräfte eingestellt werden. "Sonst spült uns die erste Krankheitswelle hinweg."
Der Verband bedauert, dass die Kernmannschaften an den Schulen immer kleiner werden. Diese gut ausgebildeten Lehrkräfte würden die Hauptlast tragen. Eine Mobile Reserve, die im Krankheitsfall einspringt, "gibt es eigentlich nicht", klagt Schmid.
Dabei seien die Schülerzahlen in Unterfranken seit 2014 kontinuierlich gestiegen. Und für sozial wichtige Zusatzangebote wie Musik, Theater oder Sport seien keine Stunden übrig.
Piazolo: In Bayern in diesem Schuljahr "so viele Lehrerinnen und Lehrer wie noch nie"
Bayerns Schulminister Michael Piazolo (Freie Wähler) sieht dagegen die Lehrerversorgung zum Schulstart voll im Plan: "Wir haben so viele Lehrerinnen und Lehrer wie noch nie, wir haben aber auch so viele Herausforderungen wie noch nie", sagte er in München.
Ob Inklusion, Integration geflüchteter Kinder oder Ganztag – die Aufgaben der Schulen würden immer vielfältiger. Gleichzeitig wuchs die Schülerzahl im Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Prozent auf bayernweit mehr als 1,7 Millionen Schülerinnen und Schüler.
Auch in den nächsten Jahren seien mehr Lehrerstellen neu zu besetzen, als fertig ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung stünden, warnte er. Sehr erfreulich sei deshalb, dass rund 600 Quereinsteiger aus anderen Berufen ab diesem Schuljahr zu Lehrkräften ausgebildet werden können.
In den nächsten fünf Jahren will Piazolo zudem 10.000 zusätzliche Lehrerstellen durchsetzen. Allein 5.000 davon seien nötig, um auf die weiter steigenden Schülerzahlen zu reagieren.
Schulminister: Quereinsteiger sind am Ende ihrer Ausbildung "eine vollwertige Lehrkraft"
Von Lehrerverbänden geäußerten Bedenken einer Entwertung der klassischen Lehrerausbildung und einer "Entprofessionalisierung" des Berufes durch die Quereinsteiger wies Piazolo zurück: Wer den zweijährigen Vorbereitungsdienst sowie das zweite Staatsexamen absolviert habe, "ist eine vollwertige Lehrkraft", findet er. Aber auch Seiteneinsteiger ohne Zusatzqualifikation seien als Unterstützung wichtig: "Schule kann nur als Teamleistung gelingen."
"Unser Ziel ist, dass möglichst kein Unterricht ausfällt", beteuerte Piazolo. Seine aktuelle Rückmeldung sei, dass dies überall in Bayern zum Schulstart möglich sein wird. Es bleibe aber über das Schuljahr eine Daueraufgabe, bei Bedarf "nachzusteuern", so der Minister. "Ganz auszuschließen ist ein Unterrichtsausfall leider nicht."