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Würzburg/Schweinfurt
Weniger aus der Ukraine, deutlich mehr aus anderen Ländern: So viele Flüchtlinge hat  Unterfranken 2023 aufgenommen
Im vergangenen Jahr kamen so viele Asylsuchende wie seit dem Krisenjahr 2015 nicht mehr. Ihre Unterbringung fordert Städte und Landkreise, vielerorts geht es nur mit Notunterkünften.
Alltag im Anker-Zentrum Geldersheim zwischen Stockbetten, Tüchern und Bierbank als Mittagstisch: Ob die kurdische Familie in Deutschland bleiben darf, ist ungewiss.
Foto: René Ruprecht | Alltag im Anker-Zentrum Geldersheim zwischen Stockbetten, Tüchern und Bierbank als Mittagstisch: Ob die kurdische Familie in Deutschland bleiben darf, ist ungewiss.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:35 Uhr

Im zweiten Jahr des russischen Angriffskrieges kamen 2023 zwar deutlich weniger Flüchtlinge aus der Ukraine an – dafür erneut deutlich mehr Asylbewerber aus anderen Ländern. Dies geht aus Zahlen hervor, die die Regierung von Unterfranken jetzt veröffentlicht hat.

Zentrale Anlaufstelle für Flüchtlinge in Unterfranken ist die sogenannte Anker-Einrichtung in Geldersheim (Lkr. Schweinfurt). "Anker" steht für "ANK-unft, E-ntscheidung, R-ückführung", die Einrichtung in der ehemaligen US-Kaserne Conn Barracks ist eigentlich ausgelegt für maximal 1500 Bewohner. 

Anker-Zentrum in Geldersheim war im November überfüllt

Normalerweise, so Leiter Benjamin Kraus, werde sie mit Rücksicht auf Zusammenleben und anstehende Reparaturen nur mit höchstens 1200 Personen belegt. Zur Zeit leben dort aber knapp 1300 Menschen (Stand 11. Januar), der Höchststand war im vergangenen Jahr am 7. November mit 2101 Flüchtlingen erreicht.

Ein Vergleich zeigt die drastische Entwicklung: Zwischen März 2016 und Juni 2021 kamen durchschnittlich 180 Menschen pro Monat an, zwischen Juli 2021 und Juni 2022 waren es bereits 560 – und zwischen Juli und Dezember vergangenen Jahres wurden monatlich über 840 Flüchtlinge aufgenommen.

Weniger aus der Ukraine, deutlich mehr aus anderen Ländern: So viele Flüchtlinge hat  Unterfranken 2023 aufgenommen

Über das ganze Jahr 2023 kamen im Anker-Zentrum 7944 Menschen an – davon 6740 Asylsuchende, das ist ein Drittel mehr als im Vorjahr. Dagegen war die Zahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine mit 1204 gegenüber dem Vorjahr (3120) deutlich rückläufig, das entsprach einen Anteil von 15 Prozent im Anker-Zentrum. Fast 3000 weitere Ukrainerinnen und Ukrainer fanden laut Regierung direkt in Privatwohnungen oder in Erstanlaufstellen der Landkreise Zuflucht.

Generell stellt die Unterbringung von Flüchtlingen die Behörden vor enorme Herausforderungen. Vor allem der starke Zuzug in der zweiten Jahreshälfte konnte teils nur noch mit Notunterkünften bewältigt werden. Beispiele sind das ehemalige Kreiskrankenhaus in Bad Neustadt (Lkr. Rhön-Grabfeld), eine ehemalige Veranstaltungshalle in Güntersleben (Lkr. Würzburg) oder die Erwin-Ammann-Halle in Karlstadt (Lkr. Main-Spessart).

Dabei sind der Regierung zufolge mehr als 12.500 der aktuell in Unterfranken lebenden rund 14.600 Ukraine-Flüchtlinge in privaten Wohnungen untergekommen. Die hiesige Bevölkerung leiste bei der Integration von Neuankömmlingen sowie der Schaffung von Unterkunftsplätzen den staatlichen Stellen und Gemeinden "unverzichtbare Unterstützung", zeigt sich die Regierung in ihrer Mitteilung dankbar.

Fast jeder dritte neue Asylbewerber im Anker-Zentrum stammte im vergangenen Jahr aus Afghanistan (31 Prozent). Dahinter folgen die Türkei (elf Prozent) sowie vor allem Menschen aus Ländern, für die die Einrichtung in Geldersheim schwerpunktmäßig zuständig ist – aus Somalia (zehn Prozent), der Elfenbeinküste (neun), Algerien (neun) und Armenien (vier). Aus Syrien kamen 550 Flüchtlinge (sieben Prozent).

Weniger aus der Ukraine, deutlich mehr aus anderen Ländern: So viele Flüchtlinge hat  Unterfranken 2023 aufgenommen

Dabei gibt es bei der Zusammensetzung nach Herkunftsländern starke Schwankungen. So stellten zum Jahreswechsel die Flüchtlinge aus Somalia (26 Prozent) und der Elfenbeinküste (18 Prozent) knapp die Hälfte aller Bewohner im Anker-Zentrum, während der Anteil der afghanischen Flüchtlinge nur noch bei drei Prozent lag.

Anker-Einrichtungen werden im Freistaat von den Bezirksregierungen betrieben. Unterfranken muss nach dem Königsteiner Schlüssel 10,2 Prozent der nach Bayern zugewiesenen Asylbewerber übernehmen. Für die längerfristige "Anschlussunterbringung" nutzte die Regierung zum Jahreswechsel 47 Gemeinschaftsunterkünfte für 3900 Menschen. Hinzu kamen fast 500 dezentrale Einrichtungen der Landkreise und kreisfreien Städte mit knapp 7900 Flüchtlingen. Auf 338 mehr als verdoppelt hat sich der Zugang von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Sie kamen vor allem aus Afghanistan und Syrien.

Und wie steht es um Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde? Nach Zahlen der Regierung hat die Zentrale Ausländerbehörde Unterfranken im vergangenen Jahr 226 Personen abgeschoben – im Behördenjargon heißt das: "Aufenthaltsbeendende Maßnahmen wurden erfolgreich vollzogen." Dabei mussten die meisten (124) zurück in sichere europäische Länder, die sie auf der Flucht zuerst erreicht hatten. 80 Flüchtlinge wurden tatsächlich in ihr jeweiliges Heimatland abgeschoben.

Freiwillig sind 2023 nach Angaben der Regierung 158 Menschen in ihr Herkunftsland zurückgekehrt. Schwerpunkt waren hier Armenien (28 Personen), Makedonien (16), der Irak (14) und Serbien (11). Derzeit, so die Regierung von Unterfranken, seien im Zuständigkeitsbereich der Zentralen Ausländerbehörde Unterfranken 1288 Personen vollziehbar ausreisepflichtig.

 
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