zurück
Würzburg
Welche medizinischen Gründe gegen eine Corona-Impfung sprechen
Menschen mit Vorerkrankungen sind verunsichert: Ist die Impfung gegen Covid-19 ein Risiko? Probleme gibt es nur in einem einzigen Fall, sagen Würzburger Experten und das RKI.
Ärztinnen und Ärzte beraten bei Vorerkrankungen über die Covid-19-Impfung. In sehr seltenen Fällen können medizinische Gründe entgegenstehen.
Foto: Christin Klose, dpa | Ärztinnen und Ärzte beraten bei Vorerkrankungen über die Covid-19-Impfung. In sehr seltenen Fällen können medizinische Gründe entgegenstehen.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:38 Uhr

Rund 30 Prozent der Deutschen sind noch nicht gegen Covid-19 geimpft – darunter viele Kinder und Jugendliche, aber auch jeder fünfte Erwachsene.  Die Gründe, sich nicht impfen zu lassen, können recht verschieden sein: hier Unsicherheit und diffuse Ängste, dort zu wenig oder falsche Information. Und dann gibt es die radikalen Gegner, die mit der Impfung gleich den ganzen Staat verteufeln oder sich bizarre Verschwörungstheorien zurechtgelegt haben.

Betroffener: "Werde ich dann beschimpft, geächtet, gebasht?"

Was aber ist mit jenen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können? Jüngst hatte ein Leser in einem Online-Kommentar zu einem Beitrag dieser Redaktionbeklagt, dass Ungeimpfte pauschal in eine Schublade gesteckt würden: "Ich kann wie viele andere aus gesundheitlichen Gründen (noch) nicht geimpft werden und frage mich ernsthaft: Wenn ich nun erkranke, werde ich dann auch beschimpft, geächtet und gebasht?? Oder muss ich mich dann überall im kranken Zustand rechtfertigen?"

Fakt ist: Der Leser gehört zu einer absoluten Minderheit. Denn nach übereinstimmender Einschätzung seriöser Mediziner und Virologen gibt es bei den gängigen mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna nur eine einzige strikte Kontraindikation, also medizinischen Grund, gegen die Covid-19-Impfung – nämlich die Allergie gegen einen bestimmten Bestandteil des Impfstoffes.

Das betrifft dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge nur "sehr wenige Personen", also Einzelfälle. Und selbst bei schweren Allergien könne mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen geimpft werden, sagt Prof. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II am Würzburger Universitätsklinikum. Auch die Wahl eines anderen Impfstoffs ist laut RKI eine Option.

Prof. Oliver Kurzai, Vorstand des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie am Uniklinikum, sieht ebenfalls nur spezielle Allergien gegen das Vakzin als medizinischen Hinderungsgrund für eine Impfung. Dennoch rät er zur Vorsicht: Bei Patientinnen und Patienten mit schwersten Grunderkrankungen oder komplexen medikamentösen Therapien sollten Impfschema und -zeitpunkt genau geprüft werden. 

Allergien nicht generell ein Problem für die Impfung

Andere Allergien, die sich nicht gegen Bestandteile des Impfstoffes richten, stellen laut RKI kein Problem für die Covid-19-Impfung dar. Gleiches gelte – mit zeitlichem Abstand zur Therapie – für Krebserkrankungen, Rheuma, neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose sowie chronisch entzündliche Darm- oder Nierenerkrankungen. Viele Betroffene glaubten fälschlicherweise, sich deshalb nicht impfen lassen zu können. 

Beim Impfstoff von Astrazeneca gibt es laut RKI zwei sehr seltene Vorerkrankungen als Kontraindikationen: Bei beiden – dem Thrombose-mit-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS) und dem Kapillarlecksyndrom – könnten aber mRNA-Impfstoffe verwendet werden.

Stammzelltherapie: Schwaches Immunsystem beeinträchtigt Impfwirkung

Und dann gibt es noch jene Menschen, die aus medizinischen Gründen auf eine Impfung warten müssen. Wie  Hilmar Baumeister aus Heidingsfeld. Der 74-Jährige war bereits geimpft und sogar geboostert. Doch er hat das Multiple Myelom, Knochenmarkkrebs. Zwei Wochen nach seiner Drittimpfung wurde Baumeister zur Stammzelltherapie in die Würzburger Uniklinik eingewiesen. Dort hatte man ihm zuvor schon Stammzellen entnommen und diese künstlich aufbereitet.

Bei der Therapie wird das Immunsystem auf Null heruntergefahren, begleitet von einer Chemotherapie. Nun gilt es zu prüfen, was an Wirkung früherer Impfungen noch übrig ist. Voraussichtlich muss Baumeister neue Immunität aufbauen. Er gilt also offiziell als vollständig geimpft, ist aber de facto wohl ohne Impfschutz. 

Nach seiner Entlassung nach Hause muss der 74-Jährige nun extrem vorsichtig sein und jede Ansteckungsgefahr meiden. Erst mit einem Vierteljahr Abstand zur Stammzelltransplantation könne er mit dem Impfen neu beginnen, berichtet Baumeister. Bis dahin kann er sich nicht in die Öffentlichkeit begeben und wird in einer "Fast-Quarantäne" leben. Dass er sich erneut gegen Corona impfen lässt, ist für den Knochenmarktskrebs-Patienten klar: "Ich will doch wieder am normalen Leben teilnehmen."  

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Andreas Jungbauer
BioNTech
Coronavirus
Multiples Myelom
Robert-Koch-Institut
Stammzelltherapien
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • P. K.
    Bisher gehen alle Kommentare am Thema medizinische Gründe vorbei.
    Zum Thema Allergie kann ich sagen, dass ich mehrere Allergiker kenne denen die Impfung mit Biontech oder Astra Zeneca nicht geschadet hat.

    An die Themaverfehler
    Christliche Fundamentalisten sind ein Riesenproblem in den USA. Bei uns gibt es die nicht so häufig
    https://www.deutschlandfunk.de/christlicher-fundamentalismus-geimpfte-werden-geaechtet-100.html

    Anders als von semistar behauptet unterstützt DITIB Impfaktionen
    https://www.br.de/nachrichten/bayern/corona-impfungen-in-nuernberger-moschee,SZx1lR4
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. G.
    Man kann aber auch den ganzen Staat verteufeln und sich trotzdem impfen lassen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • A. S.
    Hier hat uns Bremen vorgemacht wie auch diese Bevölkerungsgruppen erreicht werden: Mit dem Impfbus und Dolmetschern in die entsprechenden Wohngebiete. So liegt das Bundesland mit den Impfungen ganz vorne und mit den Ansteckungen weit hinten.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • R. W.
    Stern TV hat zuletzt ein ganz heißes Eisen angefasst: Erstmals überhaupt, dass sich ein deutsches Medium das getraut hat: Impfverweigerer mit Migrationshintergrund. Oft sind es sprachliche Barrieren, aber auch religiöse Gründe, die den Gang zur Spritze verbauen.
    Das ungeimpfte Potenzial in dieser Bevölkerungsgruppe scheint erheblich zu sein, doch es wird weitgehend in Ruhe gelassen. Auch Religionsverbände wie der DITIB tragen nicht zur Werbung für eine Impfung bei, tuen eher das Gegenteil.
    Es hat Stern TV sicher viel Mut gekostet auch mal in eine bislang kaum beachtete Richtung zu recherchieren!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten