zurück
Würzburg
Was der Limburger Missbrauchsbericht mit Würzburg zu tun hat
2015 wurde W., ein Priester des Bistums Würzburg, aus dem Klerikerstand entlassen. Der  Missbrauchsbericht des Bistums Limburg greift den Fall auf und nennt neue Details.
Der Bericht 'Betroffene hören - Missbrauch verhindern' des Bistum Limburgs geht unter anderem auf den Fall des Würzburger Ex-Priesters W.W. ein: ein Musterbeispiel an Vertuschung, so ein Mitarbeiter des Limburger Berichts.
Foto: Arne Dedert, dpa | Der Bericht "Betroffene hören - Missbrauch verhindern" des Bistum Limburgs geht unter anderem auf den Fall des Würzburger Ex-Priesters W.W.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:57 Uhr

Der vollständige Missbrauchsbericht hat über 400 Seiten. "Betroffene hören - Missbrauch verhindern" lautet der Titel. Das Bistum Limburg hat ihn vor kurzem in Frankfurt vorgestellt. Darin werden 46 aktenkundige Missbrauchsfälle von 1946 bis heute aufgearbeitet - aber nicht im Detail veröffentlicht. Es gibt Verbindungen zu Würzburg, zum Beispiel zu dem Fall des Priesters W.W., der 2015 aus dem Klerikerstand entlassenen wurde.

Der Bericht ist ein Folgeprojekt beziehungsweise eine Konsequenz aus der von den deutschen Bischöfen in Auftrag gegebenen und im September 2018 veröffentlichten Missbrauchsstudie (MHG-Studie). In seiner Ausführlichkeit stellt der Bericht eine Premiere dar. Im März sollte ein Bericht des Erzbistums Köln veröffentlicht werden, die Präsentation wurde wegen unklarer Rechtslage verschoben. Weitere Bistümer haben eigene Berichte angekündigt. Das Bistum Würzburg hat Ende Mai 2019 eine Auswertung von Personalakten präsentiert.

Der Fall des im Limburger Bericht erwähnten Würzburger Ex-Priesters W. wurde maßgeblich von Johannes Heibel, dem Vorsitzenden der "Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen" aufgedeckt. Er hat dazu das Buch "Der Pfarrer und die Detektive" geschrieben.

"Musterbeispiel für erhebliches Maß an Vertuschung und gleichzeitiger Irreführung der Öffentlichkeit."
Projektmitarbeiter Josef Bill über den Fall des Würzburger Ex-Priesters W.

Jetzt wurden neue Details bekannt. Der Fall W. wird von dem Projektmitarbeiter des Limburger Berichts, Josef Bill, in seinem Statement als "Musterbeispiel für ein erhebliches Maß an Vertuschung und gleichzeitiger Irreführung der Öffentlichkeit mit schlimmen Folgen für eine Betroffene" bezeichnet. Wobei es insgesamt mehrere Betroffene gibt - nicht nur im Bistum Limburg. Dazu zählen zum Beispiel die Übergriffe in Eichenbühl im Landkreis Miltenberg.

Bereits in seiner Zeit im Bistum Würzburg fiel W. wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern auf. Ein Schöffengericht verurteilte ihn deswegen. Das Landgericht Aschaffenburg stellte das Strafverfahren 1987 gegen eine Zahlung von 8000 Euro ein.

Ein Studienkollege von W. war damals Generalvikar in Bistum Limburg. Auf dessen Initiative sei W. dort übernommen worden, "um ihn aus der Schusslinie zu bringen", so Bill. Der pensionierte Richter wird noch deutlicher, wenn er das weitere Vorgehen als "infam und geradezu verlogen" bezeichnet. So habe der Limburger Generalvikar damals an seinen Studienkollegen W. von einem "Beweis des Vertrauens" und der "Chance eines Neuanfangs" geschrieben.

"Keiner in unserem Bistum weiß etwas von diesen Problemen außer dem Bischof, dem Regens und mir."
Limburger Generalvikar an den Würzburger Ex-Priester W.

Bill zitiert weiter aus dem Schriftstück des Generalvikars an W.: "Um einer Übertragung von Problemen, die Sie im Bistum Würzburg hatten vorzubeugen, möchte ich Sie aber nachdrücklich bitten, nirgendwo in unserem Bistum die Probleme zu schildern, die Sie bewegen, und möglichst auch nicht ihren letzten Einsatzort als Pfarrer zu nennen. Keiner in unserem Bistum weiß etwas von diesen Problemen außer dem Bischof, dem Regens und mir."

Laut Projektmitarbeiter Bill wollte W. im April 1990 philippinische Kinder adoptieren. Dies lehnte das Limburger Ordinariat jedoch ab. Weitere sexuelle Übergriffe wurden in den Gemeinden im Westerwald bekannt, wo W. eingesetzt war, und anonym zur Anzeige gebracht. Das Verfahren wurde eingestellt, W. lediglich eine Therapie auferlegt. Zudem soll sich W. öfter im Recollectio-Haus der Abtei Münsterschwarzach (Lkr. Kitzingen) aufgehalten haben - eigentlich kein Ort für Missbrauchstäter, sondern gedacht für Priester, Ordensangehörige sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die eine Auszeit benötigen - folgten.

Zuletzt war W. im Bistum Bamberg, das vorab nicht über die "Probleme" von W. informiert worden sei. Dort stritt er laut Johannes Heibel weitere Übergriffe ab, setzte Eltern unter Druck, beschäftige Detektive, wurde 2000 zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Am 26. Juni 2015 entlässt ihn der Papst aus dem Klerikerstand. W. lebt in Würzburg in einer Immobilie des Bistums und erhält laut dessen Aussage von November 2016 eine "nicht dynamisierte Versorgungszusage".

Der gekürzte Abschlussbericht "Betroffene hören - Missbrauch verhindern" sowie weitere Texte sind abrufbar unter: www.bistumlimburg.de

Buchtipps: Johannes Heibel: "Der Pfarrer und die Detektive" (Horlemann-Verlag) sowie aktuell "Telefonat mit einem Priestertäter". Darin veröffentlicht Heibel ein längeres Gespräch, das er mit Pfarrer W. geführt hat. W. gibt sich jedoch nicht zu erkennen, sondern als Pastoralreferent aus. Das Buch ist direkt über die "Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen" zu beziehen. Info: www.www.initiative-gegen-gewalt.de

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Christine Jeske
Abtei Münsterschwarzach
Bischöfe
Bistum Bamberg
Bistum Würzburg
Geistliche und Priester
Generalvikare
Landgericht Aschaffenburg
Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten
Philippinische Kinder und Jugendliche
Päpste
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top