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Würzburg
Missbrauch: Bistum ließ knapp 3000 weitere Akten prüfen
Vor Monaten hatte Bischof Franz Jung angekündigt, noch nicht untersuchte Personalakten der Diözese Würzburg extern sichten zu lassen. Nun liegen die Ergebnisse vor.
Die Diözese Würzburg ließ den Aktenbestand des gesamten Seelsorgepersonals von 1946 bis 1999 sichten.
Foto:  Illustration Stefanie Kind | Die Diözese Würzburg ließ den Aktenbestand des gesamten Seelsorgepersonals von 1946 bis 1999 sichten.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:46 Uhr

Für die sogenannte Missbrauchsstudie, deren Ergebnisse im vergangenen September vorlagen, wurden über 1000 Personalakten der Diözese Würzburg aus den Jahren 2000 und 2015 geprüft. Nun hat das Bistum rund 3000 weitere Akten des gesamten pastoralen Personals aus den Jahren 1946 bis 1999 im Zuge der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs extern sichten lassen. Am Freitag stellte Generalvikar Thomas Keßler zusammen mit Hans-Jochen Schrepfer sowie Heidi Frank von der Würzburger Strafrechtskanzlei Dr. Schrepfer & Kollegen die Ergebnisse vor: Bei 94 Priesterakten konnten Auffälligkeiten festgestellt werden. 13 Akten davon wurden zur weiteren Prüfung an die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg weitergeleitet.

Hinweise auf grenzüberschreitendes Verhalten mit und ohne sexuellem Bezug

Bei dieser externen Sichtung wurden "nicht nur Hinweise auf sexuellen Missbrauch und sexualisierte Gewalt, sondern auch auf Gewalttaten ohne sexuellen Bezug gesammelt", informierte Rechtsanwalt Schrepfer. Registriert wurde ebenso Verhalten, das unterhalb der Schwelle zur Strafbarkeit gelegen habe, "aber vom Betroffenen als unangenehm empfunden wurde".

Die Sichtung ergab im Einzelnen: Untersucht wurden genau 2922 Akten – die jedoch nicht mit der Anzahl des Personals gleichzusetzen sei, so Schrepfer. Zudem konnte nicht in jedem Fall verifiziert werden, ob die in in den Akten genannten Personen noch leben. Unter den Akten der Diakone und Pastoral- und Gemeindereferenten wurden keine Auffälligkeiten entdeckt, dagegen in 94 Priesterakten. In 47 von ihnen gab es demnach Hinweise auf grenzüberschreitendes Verhalten mit sexuellem Bezug. In 29 auffälligen Akten fehlte zwar ein sexueller Bezug, dafür ließen sich andere Verfehlungen wie Beleidigungen feststellen.

Missbrauch: Bistum ließ knapp 3000 weitere Akten prüfen

35 Akten enthielten Vermerke auf strafrechtliche Ermittlungen. Zehn Verfahren wurden bereits durch die Staatsanwaltschaft eingestellt, in 20 Fällen kam es zu einem Urteil, darunter waren fünf Freisprüche. Bei den 13 Akten, die an die Diözese Würzburg sowie an die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg weitergeleitet wurden, waren zehn Fälle mit sexuellem Bezug.

Generalvikar Thomas Keßler bittet Betroffene um Vergebung

"Für all die Fälle von sexuellem Missbrauch und von Gewalt gegenüber Minderjährigen und Schutzbefohlenen bitte ich im Namen der Diözese Würzburg und unseres Bischofs Franz um Vergebung", sagte Generalvikar Thomas Keßler im Anschluss an die Vorstellung der Ergebnisse. Keßler ging auf "Züchtigungen von Kindern" ein, vor allem im Religionsunterricht. Zahlreiche Kleriker hätten diese als pädagogische Maßnahme in bestimmten Fällen als angebracht angesehen. "Aus dem Geist des Evangeliums hätte ein Priester auch schon damals eine solche Züchtigung nicht durchführen dürfen". Dieses Verhalten sei falsch gewesen "und tut uns als Kirche leid".

Pressekonferenz am 31. Mai 2019 zur zusätzlichen Aufarbeitung des Aktenbestandes des gesamten Seelsorgepersonals von 1946 bis 1999. Von links: Pressesprecher der Diözese Bernhard Schweßinger, Generalvikar Thomas Keßler, Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochen Schrepfer, Rechtsanwältin Heidi Frank.
Foto: Christine Jeske | Pressekonferenz am 31. Mai 2019 zur zusätzlichen Aufarbeitung des Aktenbestandes des gesamten Seelsorgepersonals von 1946 bis 1999.

Als Konsequenzen erwähnte der Generalvikar unter anderem die "gute Zusammenarbeit" mit den staatlichen Strafverfolgungsbehörden. So seien die in der Missbrauchsstudie erfassten Akten bereits im November vollständig an die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg übergeben worden und aktuell die erwähnten 13 Akten. Zudem sei ein Seelsorge-Team für Betroffene etabliert worden, ebenso ein Interventionsteam. Darüber hinaus sei der Informationsaustausch zwischen den Diözesen verbessert worden. So werden laut Keßler die Umzüge von Ruhestandspriestern, bei denen unabhängig von einer Verurteilung Missbrauchsvorwürfe vorliegen, den neuen Wohnortdiözesen schriftlich mitgeteilt.

Bereits im Dezember 2018 hatte Bischof Franz Jung angekündigt, bislang noch nicht gesichtete Personalakten extern untersuchen zu lassen. Dazu gehören auch die Personalakten der drei früheren Kilianeen (Knabeninternate) in Würzburg, Bad Königshofen (Lkr. Rhön-Grabfeld) und Miltenberg. Laut Generalvikar Thomas Keßler sei bislang aber erst der Bestand des Würzburger Kilianeums untersucht worden. Diese Ergebnisse werden zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht.

Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz
Im September 2018 wurden in Fulda die Ergebnisse der von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebenen Missbrauchsstudie vorgestellt. Durchgesehen wurden insgesamt 38 156 Personal- und Handakten der 27 Diözesen aus den Jahren 2000 bis 2015. Bei 1670 Klerikern fanden sich Hinweise auf Beschuldigungen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger.
Auch Personalakten der Diözese Würzburg wurden für die Missbrauchsstudie untersucht. Ebenso alle Handakten und Dokumente aus dem diözesanen Geheimarchiv von Klerikern aus den Jahren 1946 bis 2015. Generalvikar Thomas Keßler gab damals bekannt: 62 Geistliche wurden des Missbrauchs beschuldigt, die Zahl der Opfer beläuft sich auf 157.
 
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  • Rolando-07
    ..auch bei 94 "Fällen" kann, nein muss einem übel werden und die Strolche wenigstens strafrechtlich verfolgt werden genauso lang wie ihre Opfer darunter....lebenslang !!
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  • Harald.Zierhut@t-online.de
    missbrauch darf nicht verjähren!!!
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  • k.emmerling@freenet.de
    3000, diese Zahl nur für das Bistum Würzburg? Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen...…….es muss einem übel werden.
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  • maikel
    Artikel überhaupt gelesen? Auffälligkeiten (gleich welcher Art) haben sich in 94 Fällen ergeben.
    3000 ist lediglich die Anzahl der gesichtete Akten. Ergo: In 2906 Akten gab es keinerlei Hinweisw
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  • metzger@maxiklinik.de
    Wollen Sie das klein reden? 94 Fälle, jeder Fall ist einer zu viel.
    Warum erst jetzt nach Jahren des Bekanntwerdens der Missbräuche und immer wieder Berichtens über die Vielzahl von Missständen das Sichten von weiteren 3000 Akten. Was ist das für eine widerwärtige Salamitaktik!
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  • maikel
    Mitnichten...ich habe lediglich auf den Kommentar von nikomich geantwortet, der sich an der Zahl 3000 gestört hat.
    Im übrigen sehe ich das durchaus wie Sie. Jeder Fall ist zu viel.
    Trotzdem sollte man vor lauter Empörung nicht den Verstand gänzlich ausschalten. Je mehr Akten gesichtet werden, desto besser. Im Gegensatz zu "nikomich" kann ich hieran nichts verwerfliches finden, wovon einem übel werden müsste
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