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Würzburg
Warum wirbelt immer häufiger Saharastaub über Unterfranken und ist das gefährlich für die Gesundheit?
Immer wieder sorgt Staub aus der Sahara für Dunst und gelbe Luft über der Region. Ist das eine Folge des Klimawandels? Was ein Wetter-Experte und ein Lungenarzt sagen.
Rot-dunstige Luft durch Saharastaub: Was steckt hinter dem Phänomen und wie sollte man sich an Tagen mit staubiger Luft verhalten?
Foto: Thomas Warnack, dpa | Rot-dunstige Luft durch Saharastaub: Was steckt hinter dem Phänomen und wie sollte man sich an Tagen mit staubiger Luft verhalten?
Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 15.07.2024 20:42 Uhr

Sommerwetter in Unterfranken, mitten im April – und doch kam die Sonne teilweise nicht richtig durch: Saharastaub hat für viel trübe Luft und vernebelte Aussichten in der Region gesorgt. Und das Phänomen scheint zuzunehmen? Ist das so - oder gab es die staubige Luft früher auch schon? Spielt der Klimawandel in Unterfranken eine Rolle? Und ist Saharastaub gefährlich für die Gesundheit?

Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ist Saharastaub?

Saharastaub ist im Prinzip nichts anders als Partikel, die in der Sahara aufgewirbelt und zu uns geweht werden, sagt Andreas Walter, Klimatologe und Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst (DWD). Chemisch bestehe der Staub überwiegend aus sehr feinem Quarz, Silikaten und Eisenoxiden sowie zu einem kleinen Anteil aus Kalzit und Gips.

Für die Umwelt ist der Staub nützlich, sagt Walter: Im karibischen Raum und im südamerikanischen Regenwald diene er als Mineraldünger.

Wie kommt der Staub aus Afrika nach Unterfranken?

Das hängt von der Jahreszeit ab. Im Frühsommer kommt Staub laut DWD meist aus der westlichen Sahara über das Mittelmeer zu uns. Ursache sind den Meteorologen zufolge häufig Tiefdrucksysteme über Westeuropa und dem Ostatlantik, die bis nach Afrika reichen und auf deren "Vorderseite" der Staub nach Europa getragen wird.

Im Sommer und Herbst wird der Staub laut DWD teils auch mit östlichen Winden auf den Atlantik getragen. Dort gerät er in den Einfluss des Azorenhochs - und gelangt dann aus westlichen bis nördlichen Richtungen nach Deutschland. Generell wird der Staub den Wetterexperten zufolge meist in zwei bis sieben Kilometern Höhe transportiert.

Ist Saharastaub ein neues Phänomen - oder gab es ihn früher schon?

In den Medien sorgte der Saharastaub in den vergangenen Jahren häufig für Schlagzeilen. Gleichwohl gab es diese Ereignisse vermutlich schon immer, sagt Klimatologe Andreas Walter. Darauf hindeuten würden zum Beispiel historische Schilderungen von sogenanntem "Blutregen". Der DWD misst Saharastaub-Ereignisse erst seit etwa Mitte der 1990er Jahre, so Walter.

Dafür nutzt der Wetterdienst bundesweit rund 170 Stationen mit "Ceilometern": Das sind spezielle Lasermessgeräte, aus deren Rückstreusignal sich Informationen wie etwa die Staubmenge in der Atmosphäre ableiten lassen.

Häufen sich Saharastaub-Ereignisse in den vergangenen Jahren?

"Nein", sagt der DWD-Experte. Generell schwanke aber die Häufigkeit von Saharastaub-Tagen von Jahr zu Jahr: "Manchmal haben wir um die zehn, manchmal sind es auch 60 oder mehr." Das Mittel liege in Deutschland bei etwa 20 Saharastaub-Ereignissen jährlich. Aber, sagt Walter: "Viele von diesen Ereignissen werden von der Bevölkerung gar nicht richtig wahrgenommen".

Dass Saharastaub in Süddeutschland häufiger auftritt als im Norden, liege schlicht daran, dass er sich dort oft bereits absetzt: "Südlich des Mains haben wir ungefähr 60 Tage pro Jahr – in den nördlichen und östlichen Bundesländern meist nur die Hälfte."

Hat der Saharastaub mit dem Klimawandel zu tun?

Nein, sagt der Klimatologe des DWD: "Das ist ein ganz natürliches Phänomen." Es gebe keinerlei Nachweise, dass Saharastaub-Ereignisse eine Folge des fortschreitenden Klimawandels seien.

Wenn in Zukunft in Nordafrika größere Gebiete noch trockener werden, könne sich dies aber auswirken: Denn bei einer weiteren Ausdehnung der Wüste könnten auch mehr Partikel aufgewirbelt werden. Dann finden solche Ereignisse eventuell häufiger statt oder werden intensiver. Aber, sagt Walter: "Das sind alles Spekulationen."

Ist Saharastaub gesundheitsschädlich?

Saharastaub ist nicht mit industriellen Schadstoffen, doch er kann die Atmung beeinträchtigen, gerade bei Menschen mit Atemwegserkrankungen, sagt Dr. Matthias Held, Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte.

Wissenschaftliche belegt sei, dass sich die Beschwerden von Asthma- oder COPD-Patienten bei Saharastaub akut verschlechtern können, sagt der Pneumologe. Zudem gebe es Hinweise, dass Saharastaub bei Herz-Kreislauf-Erkrankten zu höheren Konzentrationen von Stoffen führen könne, die Entzündungsreaktionen auslösen. "Die Datenlage ist hier aber noch nicht ausgereift."

Niemand muss wegen Saharastaub in Panik geraten, sagt Dr. Matthias Held, Pneumologe und Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Aber auf die Jogging-Runde sollte man lieber verzichten.
Foto: Thomas Obermeier (Archivbild) | Niemand muss wegen Saharastaub in Panik geraten, sagt Dr. Matthias Held, Pneumologe und Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Aber auf die Jogging-Runde sollte man lieber verzichten.

Generell gilt: Menschen atmen mit jedem Luftholen Partikel ein und "die Atemwege versuchen sich davon wieder zu befreien", erklärt Held. Normalerweise setzen sich die eingeatmeten Stoffe in den Atemwegen ab und werden mit Flüssigkeit und Schleim über Bronchien, Rachen und Nase nach außen getragen. "Eine hohe Staubbelastung kann jedoch die Sekretzusammensetzung auf der Schleimhaut verändern und den Abtransport der Stoffe verschlechtern", sagt der Lungenspezialist.

Liegt viel Staub in der Luft, spüren deshalb auch gesunde Menschen Beeinträchtigungen wie Reizhusten etwa oder trockene Schleimhäute. "Je unsauberer die Luft ist, desto mehr wird man das auch als gesunder Mensch merken."

Kann man trotz Saharastaub in der Luft Sport im Freien treiben?

Für Menschen mit Vorerkrankungen wie Asthma oder COPD sei es sinnvoll, an Tagen mit hoher Staubbelastung längere Aufenthalte im Freien zu vermeiden, rät Matthias Held. Niemand müsse sich "panisch zu Hause einsperren". Von Sport im Freien rät er aber ab. 

Auch Gesunde sollten aus Sicht des Würzburger Pneumologen bei trüber Luft vorsichtig sein: "Wenn in der Luft bereits eine rote Dunstglocke hängt, würde ich wahrscheinlich lieber einmal auf die Jogging-Stunde verzichten und mir Alternativen überlegen."

Wie kommt der Saharastaub wieder aus der Luft?

"Es gibt zwei Mechanismen, wie der Staub wieder aus der Atmosphäre kommen kann", sagt der DWD-Klimatologe Andreas Walter. Man spreche hier von "trockener und nasser Deposition": Dabei sinken die Staubpartikel aufgrund ihres Gewichts und durch die Schwerkraft langsam zu Boden. Bei der nassen Deposition hingegen wird der Staub durch Niederschläge ausgewaschen.

 
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  • Hartmut Haas-Hyronimus
    Der Saharastaub ist eigentlich nur ein Warnsignal dafür, dass sich Großwetterlagen sehr viel länger halten, sich über weitaus größere Räume erstrecken und so Staub über sehr große Strecken in Nord-Süd-Richtung transportiert werden kann - so wie im Winter Polarluft bis nach Afrika.
    Eigentlich haben wir dann manchmal die ganzen Sommermonate über Siebenschläfer.
    Zur Veranschaulichung:
    http://www.chemiekiste.de/klimawelle.html
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