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Würzburg
Warum es in Würzburg jetzt keine lokalen Corona-Lockerungen gibt
In den vergangenen Tagen lag der Inzidenzwert in der Region unter 50. Forderungen nach Ladenöffnungen und anderen Lockerungen werden laut. Doch was sagen die Verantwortlichen?
Längst ein gewohntes Bild: Hinweise auf Corona-Schutzmaßnahmen in der Würzburger Innenstadt. 
Foto: Ulises Ruiz | Längst ein gewohntes Bild: Hinweise auf Corona-Schutzmaßnahmen in der Würzburger Innenstadt. 
Julia Back
 und  Torsten Schleicher
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:07 Uhr

Der Corona-Lockdown zerrt nicht nur an den Nerven, für viele Geschäftsleute, ob Firmeninhaber oder Soloselbständige, ist der De-facto-Stillstand inzwischen existenzbedrohend. Wolfgang Weier, Geschäftsführer des Stadtmarketing-Vereins "Würzburg macht Spaß" (WÜmS), findet im Gespräch mit der Redaktion klare Worte: "Die Luft wird inzwischen richtig dünn, auch für alteingesessene Würzburger Traditionsunternehmen. Ihre Botschaft ist: Wir halten vielleicht noch vier oder sechs Wochen durch. Dann gehen hier reihenweise die Lichter aus." 

Von den Frisör- und teilweisen Schulöffnungen abgesehen, sind Lockerungen der Corona-Maßnahmen derzeit jedoch nicht in Sicht. Und das, obwohl sich die Infektionszahlen in der Region in den vergangenen Wochen im Schnitt günstig entwickelt haben: Wenngleich es zuletzt wieder eine leicht steigende Tendenz gab, liegt die 7-Tage-Inzidenz in Stadt und Landkreis seit über einer Woche unter der Marke von 50. Am Freitag betrug der Wert in der Stadt 42,99 und im Landkreis 36,97.

Warum es in Würzburg jetzt keine lokalen Corona-Lockerungen gibt

Paragraf zu Lockerungen auf kommunaler Ebene

Vor diesem Hintergrund hatte es bereits in der vergangenen Woche einen Vorstoß der FDP/Bürgerforum-Fraktion im Würzburger Stadtrat gegeben. FDP-Ratsmitglied Andrew Ullmann, der auch Gesundheitsexperte seiner Partei im Bundestag ist, hatte gefordert, dass sich die Stadtverwaltung Gedanken über Lockerungen auf kommunaler Ebene machen sollte und einen Stufenplan dazu gefordert. 

Tatsächlich haben Landkreise und kreisfreie Städte bereits jetzt die Möglichkeit, "erleichternde Abweichungen" von den Corona-Maßnahmen zu verfügen, wenn die Inzidenz innerhalb von sieben Tagen nicht über 50 liegt und eine fallende Tendenz hat. Das zumindest sieht der Paragraf 26 der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (BylfSMV) vor. Mögliche Lockerungen müssen allerdings "im Einvernehmen" mit der zuständigen Bezirksregierung vonstatten gehen. 

Ullmann für vorsichtige Öffnung des Einzelhandels

Wie Ullmann in dieser Woche im Gespräch mit der Redaktion sagte, gehe es bei dem Vorstoß darum, den Menschen eine Perspektive zu bieten: "Die Spirale 'Angstmachen und Dichtmachen' muss endlich durchbrochen werden."

Er hält so unter anderem eine "vorsichtige Öffnung" des Einzelhandels für machbar. Voraussetzung seien funktionierende Hygienekonzepte, ein begrenzter Zugang (ein Kunde pro zehn Quadratmeter) und eine medizinische Maskenpflicht "auch für das Personal". 

Ähnlich sieht das WÜmS-Chef Weier. Für ihn ist eine Öffnung der Geschäfte "längst überfällig" und auch möglich: "Die Innenstadt bietet ausreichend Platz, und die Hygienekonzepte im Handel haben gegriffen." 

Obwohl nach dem Bund-Länder-Gipfel vom 11. Februar ein Inzidenzwert von 35 als Marke für weitere Lockerungen genannt wurde, hält Ullmann den im Paragraf 26 der Verordnung genannten Inzidenz-Schwellenwert von 50 für maßgeblich. Der 50er Wert sei ja letztlich deshalb eingeführt worden, weil die Nachverfolgung der Corona-Infektionen gewährleistet werden sollte. "Wir sind unter 50 und ich erwarte, dass wir in Würzburg keinerlei Probleme bei der Nachverfolgung haben", sagt Ullmann. Vor möglichen Lockerungen dürfe es außerdem keine Überlastung der Intensivstationen oder der stationären Versorgung geben, was aber auch nicht der Fall sei. 

Gesundheitsamtsleiter warnt vor "verfrühten" Lockerungen

Dass die Nachverfolgungen derzeit gut funktionieren, bestätigt Dr. Johann Löw, der Leiter des Würzburger Gesundheitsamtes. "Aufgrund der personellen Aufstockung unserer Kontaktermittler und deren Schulung ist unser professionell aufgestelltes Team in der Lage, die Kontakte aktuell zeitnah nachzuverfolgen. Hierzu trägt auch die vergleichsweise niedrige Zahl der Neuinfektionen bei."

Trotz der vergleichsweise komfortablen Lage warnt Löw aber vor "verfrühten" Lockerungen:  "Je weniger Indexe, desto weniger Kontaktpersonen sind in der Regel zu ermitteln. Auch deshalb wäre eine Lockerung der Maßnahmen zum aktuellen Zeitpunkt unklug." Zudem meldeten die Kliniken "auch auf den Isolierstationen weiterhin konstant hohe Belegungen".

Landrat Thomas Eberth hält Lockerungen ebenfalls für "zu früh", zumal die Bund-Länder-Konferenz hierfür von einem Inzidenz-Schwellenwert von 35 ausgehe. Das Infektionsgeschehen in der Region sei diffus, und es gebe "noch keine wirklich sinkende Tendenz der 7-Tage-Inzidenz". Hinzu komme auch auf regionaler Ebene ein deutlicher Anstieg der britischen Virusvariante, so Eberth.

Sorge wegen Virus-Mutationen

Die Virus-Mutationen sind auch für die Stadt Würzburg ein wichtiger Grund, derzeit keine kommunalen Lockerungen anzugehen. "Der Wunsch der Unternehmen und der Bevölkerung nach einer raschen und verantwortbaren Öffnung ist sehr verständlich. Dennoch verfolgen wir auch mit Sorge die Ausbreitung der besorgniserregenden Virusvarianten und wollen die Erfolge und die unmittelbar bevorstehenden Schul- und Kindertagesstättenöffnungen nicht vorschnell wieder verspielen",  sagt Kommunalreferent Wolfgang Kleiner auf Anfrage.

Für Lockerungen nach Paragraf 26 der Schutzverordnung sei zudem ein wichtiges Kriterium nicht erfüllt: Der Inzidenzwert habe derzeit keine sinkende Tendenz. Kritisch sieht man im Rathaus auch Alleingänge einzelner Kommunen – wegen möglicher "Einpendler" aus anderen Städten. Wegen eines befürchteten "Einkaufstourismus" hatte zuletzt auch Schweinfurts OB Sebastian Remelé Ladenöffnungen abgelehnt, obwohl der Inzidenzwert der Stadt im einstelligen Bereich liegt. 

FDP-Mann Andrew Ullmann hält die kommunale Lockerungs-Debatte dennoch weiter für wichtig. Er hoffe darauf, "dass wir auf kommunaler Ebene einen Konsens finden, mutig und perspektivisch etwas für die Menschen zu erreichen." Es gehe nicht um Leichtsinn, sondern um Umsicht. Zumindest Letzteres sieht auch Würzburgs Landrat so: "Noch immer sind Umsicht, Vorsicht und Ruhe bewahren das oberste Gebot", schreibt Thomas Eberth.

 
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  • K. F.
    dies hat schon mit falschen prophezeihungen etwas zu tun! man verspricht den leuten schon seit ende januar dass der lockdown bald zu ende gehen wird. man muß nicht ein großer vorausschauender prophet sein, wenn am 7. märz das ganze noch mal verlängert würde. bis spätestens ende des jahres gehen vermutlich zichtausende kleinbetriebe bankrot. oder sehen sie das anders, werder werner? sicher kann niemand vorausschauen, wie sich das virus weiter entwickelt, wenn man aber immer wieder von pannen, sei es bei den tests, oder bei den impfungen hört, so muss man schon hinterfragen dürfen, wieviele menschen noch durch das virus sterben müssen bevor alle geimpft sind, und wieviele versprechungen gab es da schon von oben?
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  • J. B.
    Was sollen diese Diskussionen um Öffnungen ?
    Es läuft auf den gleichen Fehler wie letztes Jahr hinaus.
    Zu frühe Öffnungen.
    Nur mit dem Unterschied das jetzt das mutierte Virus sich verbreitet.
    Ich sage jetzt schon voraus wenn sich diese Öffnungsbefürworter durchsetzen das wir spätestens im Juli einen richtig harten Lockdown haben werden.
    Einfach jetzt mal die Füße still halten und genau beobachten wie sich die Mutationen verbreiten.
    Dann hat man vielleicht auch die Chance auf einen Sommerurlaub in Deutschland.
    Wenn man den Osterurlaub zulässt kann man den Sommerurlaub knicken weil wir uns dann mitten in der 3. Welle befinden.
    Und was soll das immer mit den Städten die niedrige Inzidenzen haben.
    Wenn man da öffnet kommen die Menschen doch aus ca. 100 Km Umkreis zum Einkauf.
    Wir leben doch nicht im Jahr 1950 wo sich das Einkaufen nur in den umliegenden Orten abgespielt hat.
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  • A. U.
    Nur „Öffnen“ wäre ja auch zu kurz gesprungen, es geht um vorsichtiges Öffnen mit Hygienekonzepte, mit begrenzten Besucherzahlen in den Geschäften. Natürlich besteht die hypothetische Gefahr von Einkauftourismus in Städten mit niedrigen Inzidenzen, aber die Hygienekonzepte der Geschäfte sollten das Ansteckungsrisiko deutlich reduzieren. Aerosolbildung in freien Luft spielt als Risiko eher eine sehr untergeordnete Rolle. Übrigens, wir schützen uns vor mutierte SARS-CoV-2 Viren, wie vor dem ursprünglichen Virus, mit AHA-L Regeln.
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  • K. F.
    liebe leut, haltet doch noch 2 wochen durch. dann müssen ja doch die politiker farbe bekennen, ob sie wahrheitsgemäß am 7.3. ein lockdownende bejahen, wie dies schon seit ein paar wochen immer prophezeit wird. falls wieder eine verlängerung kommt, sage ich nur noch: oh ihr falschen propheten und gute nacht deutschland!
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  • J. B.
    Was hat das mit falschen Propheten zutun ?
    Keiner kann voraussagen wie sich das Virus ausbreitet.
    Keiner kann voraussagen wie die Menschen die Regeln beachten.
    Herr Söder wahr mir eigentlich nie sympathisch aber in der jetzigen Situation hat er absolut recht.
    Alle Politiker die irgendetwas in Aussicht stellen, das sie dann nicht halten können, machen sich nur Sorgen um ihre Wiederwahl.
    Allen voran Herr Laschet.
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  • K. E.
    Es gibt gar kein "wahrheitsgemäß" denn niemals hat jemand versprochen - und kann es auch gar nicht - wie es in ein paar Wochen aussieht. Daher muss auch niemand "Farbe bekennen", sondern nur weiterhin faktenbasiert, vernünftig und verantwortungsbewusst entscheiden.
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