Am 31. März ist im Würzburger Stadtrat noch vieles im Unklaren. Als die Sozialreferentin Hülya Düber während einer öffentlichen Sitzung zu einem mutmaßlichen Mietbetrug um Stellungnahme gebeten wird, antwortet sie, man befinde sich noch in der Prüfung. Danach kämen gegebenenfalls zivilrechtliche oder strafrechtliche Schritte in Betracht. Woran Düber damals wohl noch nicht denkt, ist, dass sich der Fall auch auf eine Behörde der Stadt ausweiten könnte.
Diese Redaktion hatte kurz zuvor über einen Würzburger Vermieter berichtet, der seit Jahren systematisch und im großen Stil falsche Quadratmeter beim Jobcenter abgerechnet haben könnte. Der Schaden könnte in die Millionen gehen.
Nach Veröffentlichung der Recherchen hatte die Staatsanwaltschaft Würzburg Ermittlungen aufgenommen. Im Sommer hatte Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach dann bestätigt, dass wegen des Verdachts des Betruges gegen zwei Beschuldigte ermittelt wird.
Wie konnte der mutmaßliche Betrug so lange unentdeckt bleiben?
Das Jobcenter und die Stadt Würzburg hatten damals auf Anfrage angegeben, in einem Fall einen anonymen Hinweis auf Unstimmigkeiten bei dem Vermieter erhalten zu haben.
Schon damals stellte sich jedoch die Frage, wie der mutmaßliche Betrug so lange unentdeckt bleiben konnte. Laut dieser Redaktion vorliegenden Unterlagen konnte der Vermieter jahrelang und in großem Umfang falsche Quadratmeter an das Jobcenter melden. Und das Jobcenter zahlte. Die Quadratmeter vieler Wohnungen wurden oft verdoppelt oder sogar verdreifacht, der Schaden könnte in die Millionen gehen. Wie konnte das dem Jobcenter nie auffallen?
Mehrere Quellen gaben Anfang diesen Jahres an, das Jobcenter wisse von den Zuständen vor Ort, zahle aber trotzdem. Ein schwerer Vorwurf, der, sollte er sich bewahrheiten, auch das Jobcenter in den Fokus der Ermittlungen rücken könnte.
Quelle aus dem Jobcenter: Falschangaben waren bekannt
Nun wird der Verdacht bekräftigt: Eine ehemals beim Jobcenter Würzburg beschäftigte Person äußerte sich gegenüber dieser Redaktion dazu. Man habe beim Jobcenter Bescheid gewusst, dass der Vermieter falsche Quadratmeter angebe und es sei auch aufgefallen, wenn die Mieten immer genau so berechnet waren, dass sie vom Jobcenter noch getragen wurden, so die ehemals beim Jobcenter beschäftigte Person, die anonym bleiben möchte.
Man müsse die Rolle des Jobcenters verstehen, heißt es in der an Eides statt versicherten Aussage weiter: Der sozialverträgliche Wohnungsmarkt in Würzburg sei sehr angespannt und dadurch sei die Situation für die Jobcenter sehr schwierig. "Man will den Wohnungssuchenden die Wohnung nicht verwehren, wenn sie endlich eine gefunden haben und ein einzelner Mitarbeiter kann da auch nichts tun."
Das Jobcenter Würzburg möchte sich auf Anfrage zu diesen Vorwürfen nicht äußern und verweist auf die laufenden Ermittlungsverfahren.
Bund der Steuerzahler Bayern ist alarmiert
"Sollte es zutreffen, dass das Jobcenter Würzburg schon seit Längerem und in größerem Umfang als bisher bekannt von den falschen Quadratmeterangaben gewusst und trotzdem gezahlt hat, sind das Verfehlungen aufseiten des Jobcenters, die unter Umständen auch einen Strafrechtstatbestand erfüllen könnten", so Maria Ritch, Vizepräsidentin im Bund der Steuerzahler Bayern. In diesem Fall, so Ritch, müsse vom Dienstherrn, also der Stadt Würzburg, für eine lückenlose Aufklärung gesorgt werden.
Die Rolle des Jobcenters Würzburg scheint schwierig zu sein: In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Sozialwohnungen stetig abgenommen, während die Mieten stark gestiegen sind. Zwar gibt die Stadt Würzburg auf Anfrage an, den Wegfall der Sozialwohnungen aktuell nahezu ausgleichen zu können. Bei steigender Nachfrage fällt es jedoch immer mehr Menschen schwer, eine Wohnung zu finden, die vom Jobcenter finanziert werden kann. Dafür könnten nun die Steuerzahlenden einen hohen Preis gezahlt haben, so Ritch.
Benennen eine anonyme Quelle, gibt's denjenigen überhaupt oder ist das frei erfunden?
Dieser "ehemalige" Mitarbeiter will seinen Ex-Arbeitgeber belasten, vielleicht wurde ihm gekündigt.
Warum hat er die ganze Zeit geschwiegen und sich nicht vorher gemeldet?
Warum will er anonym bleiben, dies ist mir unverständlich.