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Würzburg
Rassismus-Vorwurf: War Polizeieinsatz am Würzburger Mainkai überzogen?
Ein 58-Jähriger wurde am Freitagabend am Würzburger Mainkai festgenommen, weil er zu laut Musik gehört hat. Im Einsatz: fast 20 Beamte. Zeugen sprechen von Rassismus.
Der Würzburger Mainkai ist ein beliebter Treffpunkt. Deshalb kontrolliert die Polizei hier auch verstärkt die Einhaltung der Corona-Regeln. Das Foto entstand Ende April.
Foto: Silvia Gralla | Der Würzburger Mainkai ist ein beliebter Treffpunkt. Deshalb kontrolliert die Polizei hier auch verstärkt die Einhaltung der Corona-Regeln. Das Foto entstand Ende April.
Angelika Kleinhenz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:55 Uhr

Von dem, was sich am Freitagabend gegen 19.30 Uhr am Würzburger Mainkai ereignete, gibt es zwei Versionen. Die erste, offizielle Version der Polizei lautet so:

Was die Polizei sagt

Ein 58-jähriger Mann wurde von Polizeibeamten kontrolliert, weil er lautstark Musik gehört hat und sich Anwohner darüber beschwerten. Der Betroffene verweigerte die Angabe seiner Personalien. Daraufhin durchsuchten ihn die Polizisten nach einem Ausweis. Weil er Widerstand leistete, fesselten ihn die Beamten und nahmen ihn in Gewahrsam. Seine Musikanlage wurde sichergestellt. Ein Ordnungswidrigkeiten- und ein Strafverfahren wurden eingeleitet.

Ein späterer Atem-Alkoholtest ergab bei dem Mann 0,7 Promille. Ein Richter bestätigte noch am Abend die Gewahrsamnahme. Nachdem die polizeilichen Maßnahmen, unter anderem eine Blutentnahme, beendet waren, wurde der 58-Jährige gegen 21 Uhr wieder freigelassen. Seine Musikanlage bekam er nicht zurück. Die Beamten dokumentierten den Polizeieinsatz via Body-Cam in einem Video. Verletzt wurde niemand.

Was Zeugen sagen

Die zweite Version stammt von Zeugen, die sich am Samstag bei dieser Redaktion meldeten. Sie erzählen: Ein 58-jähriger Mann dunkler Hautfarbe hörte am Freitagabend am Würzburger Mainkai Musik. Als zwei Polizeibeamte ihn baten, die Musik leiser zu drehen, sei er der Aufforderung nachgekommen. Als die Beamten seine Personalien aufnehmen wollten, weigerte er sich mit der Aussage, dies sei unverhältnismäßig und rassistisch. Er habe sich nichts zuschulden kommen lassen.

Daraufhin riefen die Polizisten Verstärkung. Es kamen fast 20 Beamte in mehreren Streifenwagen samt eines Filmteams der Polizei. Die vielen Polizisten hätten den Mann umringt, ihn durchsucht, ihn mit Gewalt auf den Boden gerungen, ihm Handschellen angelegt, an den Füßen gepackt, ihn zum Polizeiauto getragen und weggebracht.

Was auf einem Video zu sehen ist

Ein Video eines Zeugen zeigt, wie der 58-Jährige ruhig am Boden liegt. Neben ihm knien zwei Polizisten. Um ihn herum stehen mindestens 15 weitere Beamte. Einige Passanten protestieren lautstark, als der Mann in Handschellen weggetragen wird. Sie rufen, sie könnten bezeugen, dass der Betroffene nichts falsch gemacht habe. Mindestens ein Polizist filmt den Einsatz. Ein anderer Polizist greift einem Zeugen, der die Szene mit dem Handy selbst filmt, in die Kamera.

Wie der Polizeieinsatz auf Passanten wirkt

Einer der Zeugen ist Werner Karl. Der 66-jährige Würzburger ist fassungslos und erschüttert. Er sagt: "Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich so etwas mit fast 70 in Deutschland noch erleben muss. Das war total unverhältnismäßig. Hier geht's ja zu wie in einem Polizeistaat." Karl saß etwa zwei Meter entfernt am Mainkai auf einer Bank, als das Ganze passierte.

Er sagt, er kenne den stets freundlichen 58-Jährigen vom Sehen. Deshalb habe er auch versucht zu vermitteln, als die Diskussion losging. Doch ein Polizist habe ihn nur angeherrscht, er solle sich nicht einmischen. Der 20-jährige Alexander H. bestätigt die Aussage. Auch er ist entsetzt und sagt: "Der Mann hat nur Musik gehört. Wie viele andere auf der Promenade auch. Er war alleine und hat nicht gegen Corona-Regeln verstoßen. Im Gegensatz zu manch anderen. Das war unverhältnismäßig und rassistisch."

Was die Polizei zu den Vorwürfen sagt

Auf Nachfrage dieser Redaktion bestätigt Polzeisprecher Michael Zimmer den Einsatz am Freitagabend. Da sich immer wieder Anwohner massiv beschweren, weil die Promenade am Mainkai vermüllt werde und es zu Lärmbelästigung und Verstößen gegen die Corona-Regeln komme, führe die Würzburger Polizei hier regelmäßig Kontrollen durch. Dabei hätten zunächst vier Polizisten versucht, die Identität des 58-jährigen, Musik hörenden Mannes festzustellen. Denn wer wegen Ruhestörung belangt werden könne, sei verpflichtet, seine Personalien anzugeben, erklärt Zimmer. Nur, weil sich der Mann geweigert habe und "die Stimmung im Umfeld der kontrollierenden Beamten aggressiver wurde", hätten diese "zur Eigensicherung" weitere Beamte der Bereitschaftspolizei hinzugerufen. Wie viele, sagt Zimmer nicht. Ein normaler Polizeieinsatz also? Dazu sagt der Polizeisprecher: "Hätte er einfach seinen Ausweis gezeigt, wäre vermutlich nichts weiter passiert."

 
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  • seneca
    Ich verstehe nicht, warum sich der Mann der Ausweispflicht widersetzt hat. Was ist daran auszusetzen, sich auszuweisen? Die Hautfarbe spielt hierbei keine Rolle.
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  • Albatros
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  • ammi187@gmail.com
    Racial profiling. Hab ich kürzlich am Bahnhof gesehen. Ausländer wird kontrolliert die Deutschen hat man ignoriert.
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  • sepele
    Hat mit dem Fall hier genau garnicht zu tun.
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  • aprilia
    @Schimmel: Ja, und nachts um vier hält die Polizei bei einer Alkoholkontrolle eher den Golf eines jungen Fahranfängers an, der von der Disco kommt, als den Touran der Familie, die in Urlaub fährt. Habe ich auch gesehen und war für mich auch damals ok, als ich noch der Fahranfänger im Golf war, weil ich das Ziel der Maßnahme respektiert habe. Sie aber trauen ausgerechnet einem Menschen, der seinen Beruf ergreift, um einen Dienst an unserer Gesellschaft zu tun (mir fällt gerade kein anderer Grund ein, das üppige Gehalt und die Anerkennung in der Bevölkerung schließe ich eher aus) zu, bei Personenkontrollen statt nach Erfahrungswerten allein nach der Nationalität vorzugehen, um ausländische Mitbürger zu gängeln?
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  • Einwohner
    Wo hört die intelligente Nutzung von Fakten und Erfahrungswerten auf und wo fängt ihr Racial Profiling an?
    Ein intelligenter Mensch nutzt seine Erkenntnisse und Erfahrungswerte aus vorangegangenen Einsätzen, ein gutgläubiger, naiver Träumer eben nicht.
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  • manfred-englert@hotmail.de
    @schimmel18:Machen Sie sich doch erst mal schlau, bevor Sie hier, mit großer Polemik (unsachlicher Angriff) gegen die Polizei argumentieren und die so hinstellen. als würden diese verbotenerweise tätig werden! Bahnhöfe fallen unter die in Art 13 PAG aufgeführten Örtlichkeiten und hier werden von den Beamten ihnen unbekannte Personen kontrolliert, um zum Beispiel festzustellen, ob sich diese Person legal oder illegal hier in D aufhält. Das ist der Grund der Kontrolle! Wie gesagt, machen Sie sich mal selbst die Mühe zu recherchieren! Vielleicht verlassen Sie dann ja den Pfad der ständigen Verunglimpfung unserer Behörden, hier die Polizei, oder tun Sie das ganz bewußt im Sinne einer bestimmten Parteilichkeit?!
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  • aprilia
    Eine anlassbezogene Personenkontrolle zu einem rassistischen Vorfall umzukonstruieren halte ich schon für sehr weit an den Haaren herbeigezogen. Hätte die Polizei jetzt auf die Kontrolle verzichten sollen, weil der Betroffene eine dunkle Hautfarbe hat? Und was ist schon verhältnismäßig? Nach öffentlicher Wahrnehmung setzt doch die Polizei - egal bei welchem Einsatz – wahlweise entweder zu viele oder zu wenig Beamte ein. Liebe MP, behandelt das wichtige Thema Rassismus gerne täglich, aber bitte nicht so. Nebenbei wäre es schön, wenn einige hier den nötigen Respekt zeigen würden, dafür, dass ein Polizist seine Gesundheit und manchmal auch sein Leben riskiert um die Freiheiten zu gewährleisten, die wir uns und unseren Kindern wünschen. Bei hier gefallenen Sprüchen, wie „da hat wohl einer Angst gehabt“ könnte ich ….
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  • trudi.tast@web.de
    Liebe MP. Wo bitte sind die Hinweise für die reiserische Überschrift?
    Es waren zuerst nur vier Beamte an der Kontrolle beteiligt, die sich den "Musiker" auch nicht ausgesucht haben sondern von jemand anderem auf dessen Verhalten hingewiesen worden sind, bis dieser geweigert hat seine Personalien anzugeben.
    Was den Rassismusvorwurf angeht, den glaubt ein zufällig Anwesender zu erkennen, ohne weitere Begründung. Ist das Grund genug für Ihre Überschrift?
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  • steffen.cyran@freenet.de
    Dieser Kommentar trägt nicht zur Diskussion bei und wurde daher gesperrt.
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  • saf.wuerzburg@t-online.de
    Schauen wir mal nach Regensburg:

    Dort ist es in der Nacht zu Randalen gekommen, weil "stark alkoholisierte", ich nenne es vollgesoffen bis Oberkante Unterlippe, bis zu 500 Party-Crasher sich zusammenrottet haben, keine Sicherheitsabstände eingehalten haben und die Polizei angegriffen haben, so dass Polizisten verletzt worden sind.

    Wo bitte bleibt da der Protest hiesiger Party-Crasher, die nicht anders ticken, wie in Regensburg!?

    Es wird bei jeder (angeblich) kleinsten Verfehlung auf die Polizei (verbal) eingedroschen, eigene Fehler sieht die "Party- und Sauf Jugend" aber nicht!

    Und ich gebe der Stadt Würzburg einmal den Rat, sich an der Stadt Düsseldorf zu orientieren, was diesen Auflauf zu mindestens in Corona-Zeiten angeht:

    Die haben dort am Rheinufer, ein sogenanntes Verweilverbot erlassen, soll heißen, die Leute dürfen dort am Rheinufer zwar flanieren, aber sich nicht hinsetzen, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren, und das wird konsequent kontrolliert.
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  • thomas.sturm@gmx.net
    also ich weiß auch nicht, ich habe nie ein Problem mit der Polizei... fahre ich zu schnell, bekomme ich eine Strafe... brauche ich sie rufe ich dort an.... manche sollten das Problem mal bei sich selbst suchen
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  • web.kathrin@web.de
    Natürlich klingt es erst mal völlig überzogen - 20 Beamte um eine Person zu kontrollieren (auch für mein Verständnis). Ich war nicht dabei und weiß nicht, wie sich die umstehenden Personen verhalten haben. Vielleicht hat die Polizei eine Art Eskalation befürchtet und deshalb so viel Verstärkung gerufen. Angesichts der in der letzten Zeit stark steigenden Angriffe (verbal und körperlich) gegen Polizisten und Rettungskräfte kann/könnte ich das irgendwie auch nachvollziehen. Ich bin absolut kein Freund von zahllosen (oft unsinnigen) Gesetzen und Verboten, aber an gewisse Sachen muss man sich halt auch halten. Das erleichert manche Situation. Die (meisten) Polizisten machen wohl einen sehr guten Job und sind im Prinzip auch nur die "Prügelknaben". Von oben wenig Rückendeckung, von unten werden sie angefeindet. Natürlich gibt es auch hier schwarze Schafe wie überall.
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  • webewue
    Personenkontrollen sind normal, wichtig und sollten öfter stattfinden. Leider ist es so, dass Menschen mit anderer Hautfarbe etc sich gern und oft hinter angeblicher Fremdenfeindlichkeit verstecken. Oft musste ich mir anhören********Deutschland" und mit der anderen Hand wurden alle möglichen Leistungen in Anspruch genommen.
    Zum Schutz der Ordnungskräfte war die Anforderung einer Verstärkung wohl nötig. Soll sich die Polizei erst wieder vom örtlichen Mob bedrängen lassen?
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  • Albatros
    Hilfe, ein dunkelhäutiger Mensch wurde in Würzburg verhaftet. Na da machen wir mal ein richtiges Fass auf liebe MP und geben den linken Foristen in diesem Blatt eine Plattform. Genau Jenen, von denen nicht Wenige dieses Deutschland als „mieses Stück Schei…“ bezeichnen. Warum hier 20 Beamte erscheinen müssen ist der Tatsache geschuldet, dass genau bei derartigen Vorkommnissen sich im Nu besagtes Klientel formiert und Beamte angreift. Dass sich besagter Herr offenbar nicht zu benehmen weiß und zudem seine Personalien verweigert, tritt in den Hintergrund. Aber offenbar hat er gewusst, wie man derartigen Kontrollen begegnen muss, in dem man den Beamten einfach mal so Rassismus vorwirft. Das wirklich Traurige ist, dass man permanent Polizisten Rassismus unterstellt und dass dies in dieser Zeitung forciert wird. Hätte es sich nämlich um einen Mann mit weißer Hautfarbe gehandelt, wäre in dieser Zeitung nicht eine Zeile erschienen. Bravo Frau Kleinhenz!
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  • kleinhenz_philipp@web.de
    Die weißen Männer hier wissen natürlich wieder vom Bildschirm aus, dass das auf keinen Fall Rassismus gewesen sein kann...
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  • jlattke
    Das nicht gerade. Aber die kennen den inzwischen überstrapazierten Begriff des Rassismus. Ich war selbst häufig Zeuge wie sich verschiedene Personen erst fürchterlich respektlos und komfrontativ ggü. der Polizei verhalten haben. Als diese dann durchgriff wurde laut „Rassismus“ gerufen. Die haben auch gelernt, dass in Deutschland dann schnell jeder Depp unreflektiert hinter Ihnen steht. Scheinbar ist inzwischen genau das für viele undenkbar: das dunkelhäutige Menschen auch nur Menschen sind – und sich einfach auch mal daneben benehmen können.
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  • kleinhenz_philipp@web.de
    Ich bezweifle nicht, dass der Mann sich daneben benommen hat. Laut dem Artikel haben aber noch andere Personen(-gruppen) laute Musik gehört. Wieso wurden diese nicht kontrolliert?
    Kein Wunder, dass sich bei diesem Sachverhalt Umstehende einmischen.
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  • th.faust@gmx.de
    Alles andere hätte mich auch verwundert.
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  • Albatros
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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