Die Hände vor der Hüfte verschränkt, steht der Hauptbeschuldigte im Würzburger Cannameleon-Berufungsprozess nach der Urteilsverkündung da. Nur langsam sinkt er auf seinen Stuhl - und vergräbt das Gesicht in den Händen. Der Mann, der sich lange als Jungunternehmer präsentiert und vermeintlich legale Cannabis-Produkte verkauft hat, muss in Zusammenhang mit einem weiteren Verfahren wohl ins Gefängnis und mit seinem Unternehmen eine horrende Geldsumme zurückzahlen.
Zu einer Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung wurde der 30-Jährige an diesem Dienstag verurteilt, weil er mit seiner Ehefrau in den Cannameleon-Läden gewerblichen Handel mit verbotenen Cannabidiol-Produkten betrieben hatte. Nach Auffassung des Landgerichts Würzburg hatten die Eheleute vorsätzlich gehandelt und gewusst, dass ihre CBD-Produkte trotz des extrem geringen THC-Gehalts zu Rauschzwecken missbraucht werden konnten.
Hat der Würzburger Cannameleon-Chef vorsätzlich gehandelt?
Verkauft werden durften CBD-Produkte nur, wenn Missbrauch zum Rausch ausgeschlossen war. Die Betreiber hätten gewusst, dass das bei ihren Produkten nicht der Fall war, urteilte das Landgericht: "Für einen Vorsatz reicht es, wenn der Täter damit rechnet, dass ein Missbrauch zu Rauschzwecken möglich ist und er es billigend in Kauf nimmt", sagte Richter Konrad Döpfner.
Dass die Frage des Vorsatzes in dem Verfahren wesentlich sein würde, hatte sich bereits zu Prozessbeginn im Juni 2022 gezeigt. In den Cannameleon-Geschäften waren CBD-Blüten als "Hanfblütentees" verkauft worden, vom Rauchen wurde abgeraten. An Minderjährige durfte nicht verkauft werden, das hatte der Hauptbeschuldigte gegenüber Mitarbeitenden klargestellt. Er habe seinen "Tee" mehrfach selbst geraucht, um die Ware zu prüfen, so seine Aussage vor Gericht.
Staatsanwaltschaft und Gericht werteten dies als Indizien dafür, dass die Cannameleon-Betreiber eben nicht von der Unbedenklichkeit ihres Produkts ausgegangen waren. Besonders schwer wog eine WhatsApp-Nachricht des Hauptangeklagten an seine Mitarbeitenden mit Blick auf die Frage der Legalität: "Ist ja nur Tee, haha", hatte er geschrieben. Er sei immer "davon ausgegangenen, dass das völlig legal ist", verteidigte sich der 30-Jährige in der Verhandlung. Der Verkauf habe in aller Öffentlichkeit stattgefunden, auch sei die Polizei informiert worden.
Gericht: Der Angeklagte hätte keinen Widerstand leisten müssen
Mehrere, teils widersprüchliche Gutachten hatten jedoch festgehalten, dass ein Rausch nicht auszuschließen sei, wenn viele Gramm CBD-Cannabis auf einmal konsumiert würden. "Alles unausgegoren", kritisierte Verteidiger Norman Jacob in seinem Plädoyer. Allein schon wegen der hohen Kosten käme niemand auf die Idee, sich mit CBD-Cannabis zu berauschen.
Ausschlaggebend für die Verurteilung waren zudem weitere Vergehen des Cannameleon-Chefs. Er hatte sich massiv gegen eine Durchsuchung gewehrt und Einsatzkräfte beleidigt. Ein Jahr und vier Monate hielt Döpfner daher für angemessen. Auch die mitbeschuldigte Ehefrau hätte vorsätzlich gehandelt, so der Richter: "Es ist lebensnah, dass Leute die ehelich zusammenleben, in dieser Beziehung den gleichen Kenntnisstand haben." Die Angeklagte wurde zu acht Monaten und zwei Wochen auf Bewährung verurteilt.
Beschuldigter wurde schon in weiterem Verfahren am Landgericht Würzburg verurteilt
Zusätzlich muss das Ehepaar sich mit seinem Unternehmen nun auf enorme Rückzahlungen einstellen: Insgesamt 11.769 Gramm CBD-Cannabis hatten die Cannameleon-Betreiber rechtswidrig verkauft, entsprechend werden nun Einnahmen von 118.280 Euro eingezogen. Zusätzlich müssen die Eheleute 7200 Euro und 4800 Euro an den Verein Weißer Ring bezahlen.
Und weiteres wurde dem Hauptbeschuldigten nun zum Verhängnis: Er hatte Komplizen rechtswidrig dazu angestiftet, von einem ehemaligen Mitarbeiter Geld einzutreiben. Der Cannameleon-Chef ist dafür inzwischen wegen Anstiftung zur Nötigung bereits zu einer Freiheitstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Dieses Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, eine Haftstrafe ist laut Landgericht jedoch wahrscheinlich: "Sie kommen nicht wegen Betäubungsmitteln in Haft, sondern wegen anderer Dinge", sagte Richter Konrad Döpfer.
Verteidiger Norman Jacob kündigte am Mittwoch an, das jetzt erfolgte Urteil anzufechten und in Revision zu gehen: "Weil ich davon überzeugt bin, dass die Verurteilung wegen Vorsatzes falsch ist."
Bei Alkohol und Nikotin sieht es ja zum Glück anders aus. Da verdient der Staat ja ordentlich mit in Form von Steuern!💪💪
Schaut euch doch teilweise mal urteile an, da geht einem wirklich der Hut hoch.