zurück
Würzburg
Vor dem Corona-Winter: Wie oft sollten sich Kinder und Jugendliche impfen lassen, Professor Liese?
Die Herbstwelle ist da. Wie wichtig ist eine erneute Corona-Impfung für Schüler? Und droht eine Infektionswelle durch das RS-Virus? Ein Würzburger Kinder- und Jugendarzt gibt Auskunft.
Warnt vor dem RS-Virus, weniger vor Corona: Prof. Dr. Johannes Liese, der Leiter des Bereichs Kinder-Infektiologie und Immunologie der Uni-Kinderklinik in Würzburg.
Foto: Thomas Obermeier | Warnt vor dem RS-Virus, weniger vor Corona: Prof. Dr. Johannes Liese, der Leiter des Bereichs Kinder-Infektiologie und Immunologie der Uni-Kinderklinik in Würzburg.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:51 Uhr

Der dritte Corona-Winter steht bevor. Politiker versprechen, dass Schulen und Kitas offen bleiben werden. Was bedeutet das für die Gesundheit von Kindern? Wie immun sind die Jüngsten bereits gegen Corona? Und ab welchem Alter sollte man die Booster-Impfung bekommen?

Antworten gibt Prof. Johannes Liese, Leiter des Bereichs Kinder-Infektiologie und Immunologie der Uni-Kinderklinik in Würzburg. Im Interview sagt er auch, warum er das RS-Virus bei kleinen Kindern für deutlich gefährlicher hält als das Coronavirus.

Die meisten Kinder haben mittlerweile eine Corona-Infektion überstanden. Wie wahrscheinlich ist es, dass sie sich in diesem Winter wieder mit dem Coronavirus infizieren?

Prof. Dr. Johannes Liese: Ob sich Kinder mit dem Coronavirus anstecken, hängt von zweierlei ab: dem Virus und ihrer Immunabwehr. Man muss hier zwischen Infektion und Infektionserkrankung unterscheiden. Bei einer erneuten Infektion hat man vielleicht nur wenig Symptome oder viele Personen bemerken die Infektion nicht einmal. Bis zu drei Monate nach einer überstandenen Covid-19-Erkrankung ist es sehr unwahrscheinlich, sich erneut anzustecken. Das gilt für den Fall, dass sich das Virus nicht maßgeblich verändert. Taucht eine neue Variante auf, können die Phasen zwischen zwei Infektionen durchaus kürzer ausfallen. Aus der Würzburger KiTa-Studie wissen wir, dass viel mehr Kinder als wir dachten in diesem Jahr eine Immunität gegen Corona aufgebaut haben.

Verläuft die zweite Infektion also in der Regel milder?

Liese: Das ist in der Tat so. Aber auch die Erstinfektion mit dem Coronavirus verläuft gerade bei Kleinkindern häufig sehr mild oder wird manchmal von den Eltern nicht einmal bemerkt.

Für welche Kinder und Jugendliche ist die Covid-19-Schutzimpfung besonders wichtig?

Liese: Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Corona-Impfung vor allem für die Kinder ab fünf Jahre, die infolge einer Grunderkrankung ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf der Covid-19-Erkrankung haben. Das sind zum Beispiel Kinder mit einer angeborenen Lungen- oder Herzerkrankung oder mit einem Stoffwechseldefekt. Für diese Kinder empfiehlt die STIKO eine Grundimmunisierung mit zwei Impfungen sowie zwei Auffrischimpfungen. 

Wie oft sollten sich Kinder und Jugendliche gegen eine mögliche Corona-Infektion impfen lassen?
Foto: Sebastian Gollnow | Wie oft sollten sich Kinder und Jugendliche gegen eine mögliche Corona-Infektion impfen lassen?
Was rät die STIKO gesunden Kindern im Alter von fünf bis elf Jahren?

Liese: Im Sinne einer Basisimmunisierung vorerst nur eine Impfstoffdosis. Generell geht man davon aus, dass die meisten Kinder mittlerweile eine Infektion durchgemacht haben.

Welche Impfempehlungen gelten aktuell für Jugendliche?

Liese: Die STIKO empfiehlt allen Kindern und Jugendlichen im Alter von zwölf bis 17 Jahren eine Covid-19-Impfung bestehend aus Grundimmunisierung mit zwei Impfstoffdosen und eine Auffrischimpfung.

Warum werden Kinder unter fünf Jahren nicht geimpft?

Liese: Für Kinder unter fünf Jahren gibt es noch keinen zugelassenen Impfstoff. Er befindet sich noch im Zulassungsverfahren. Daher sind diese Impfstoffe noch nicht empfohlen. Ob eine Empfehlung für gesunde Kleinkinder dieser Altersgruppe kommt, bleibt offen. Wir konnten ja in der gerade publizierten Würzburger KiTa-Studie zeigen, dass die meisten Corona-Infektionen hier sehr leicht verlaufen und oft auch von den Eltern kaum bemerkt werden.

Mussten Kinder wegen Corona in der Kinderklinik behandelt werden?

Liese: Ja, immer wieder, wir haben dafür einen extra Bereich auf der Infektionsstation "Seestern" der Universitäts-Kinderklinik eingerichtet. Bei den auf Station aufgenommenen Kindern hat das Coronavirus meist die oberen Atemwege mit Fieber, Schnupfen und leichtem Husten betroffen. Schwere Verläufe oder Lungenentzündungen waren sehr selten. Viele Kinder wurden auch eher mit und nicht wegen Covid-19 vor allem zur Beobachtung aufgenommen. Viel schwerer hat Kinder im vergangenen Jahr das RS-Virus getroffen. Dieses Virus, das zu schwerer Atemnot führen kann, ist vor allem für Babys und Kleinkinder gefährlich.

Was ist das RS-Virus genau und wieso ist es so gefährlich?

Liese: Das RS-Virus ist bei Säuglingen und Kindern unter drei Jahren der häufigste Auslöser von akuten Atemwegsinfektionen. Bei älteren Kindern und Erwachsenen ruft das Virus nur leichte Symptome hervor, die denen einer gewöhnlichen Erkältung ähneln. Für Säuglinge kann die Erkrankung leicht von den oberen auf die unteren Atemwege übergeben. So kann die Infektion von einem banalen Infekt bis zu einer schweren Bronchitis oder Lungenentzündung verlaufen. Man geht davon aus, dass bis zu 70 Prozent aller Kinder bis zum ersten Lebensjahr eine Infektion haben und bis zu 100 Prozent bis zum zweiten Lebensjahr. Also sind alle Kinder irgendwann mal davon betroffen.

Was ist gefährlicher für kleine Kinder: SARS-CoV-2 oder das RS-Virus?

Liese: Das RS-Virus ist für Kinder unter vier Jahren eindeutig gefährlicher als das Coronavirus. . Es gibt viele Corona-Infektionen bei Kindern und Jugendlichen, aber diese erkranken überwiegend leicht und müssen nicht ins Krankenhaus aufgenommen werden.

Wie wahrscheinlich ist es, dass es dieses Jahr wieder zu einer starken RS-Virus-Welle kommt?

Liese: Auslöser für die letzte große RS-Virus-Welle in 2021 war der Lockdown, also der Ausfall der vorher jährlich etwa zwischen Dezember und März auftretenden RS-Virus-Saison. Im Winter 2020/2021 waren die Kitas geschlossen, die meisten Menschen haben Masken und Mundschutz getragen und das Virus konnte sich nicht ausbreiten. Dadurch, dass die Kinder nur zur Hause waren, haben sie sich zwar nicht infiziert, aber eben auch keine Abwehr gegen das Virus aufgebaut. Viele haben das dann im Herbst 2021 nachgeholt. Wie es in diesem Jahr läuft, können wir nicht vorhersagen. Es gibt jedoch bereits Hinweise dass die RS-Virus-Infektionen wieder zunehmen.

Wie kann man Kinder vor RSV und anderen Virusinfektionen schützen?

Liese: Für Risikopatienten mit Grundkrankheiten gibt es zum Teil die Möglichkeit einer Impfung mit Antikörpern gegen das RS-Virus. Eltern von Risikopatienten wie sehr kleinen Frühgeborenen raten wir zusätzlich, in der Erkältungssaison vorsichtig zu sein und lieber auf Familienfeiern und große Zusammenkünfte zu verzichten, um Übertragungen zu vermeiden. Gesunden Kindern und Jugendlichen raten wir eine ausgewogene Ernährung, körperliche Auslastung und ein normales Hygieneverhalten mit regelmäßigem Händewaschen, Abstand halten und viel lüften. Insgesamt sollte man gerade die vielen viralen Atemwegs-Infektionen im Kleinkind und Krippenalter auch positiv als eine Art "Schule des Immunsystems" sehen. Denn nur dadurch können Kinder eine Basisimmunität gegen Erreger aufbauen. Das Immunsystem muss auch etwas "zu tun" haben. Man weiß von Krippenkindern, dass sie zwar im Kleinkindalter viele Infektionen haben, aber dafür ein niedrigeres Risiko für die Entwicklung von allergischen Erkrankungen aufweisen.

Wie sinnvoll ist eine Grippeimpfung für Kinder?

Liese: Die jährliche Grippeimpfung ist derzeit nur für Kinder und Jugendliche  mit einer Grunderkrankung, also zum Beispiel einer Lungen oder Herzerkrankung empfohlen. Die allermeisten gesunden Kinder machen eine Infektion mit dem Grippevirus ohne Probleme durch.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Schweinfurt
Claudia Kneifel
Covid-19
Familienleben
Kinderkliniken
Kindertagesstätten
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • H. G.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln (keine Quellenangabe) auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • N. K.
    Überschrift gelesen, Antwort kurz und knapp: gar nicht.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. E.
    Ihre Qualifikation?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. P.
    Kommentar gelesen, kurz und knapp: Wer sein Kind nicht impft, handelt kindeswohlgefährdend.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • N. K.
    Impfen ja. Aber wer Kinder gegen Corona impft handelt eher kindswohlgefährdend. Ausnahme: Vulnerable bzw. einer Risikogruppe zugehörig.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. E.
    Empfehlung der StIKo
    Welchen Kindern und Jugendlichen wird die COVID-19-Schutzimpfung besonders empfohlen?
    https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/FAQ_Liste_Impfung_Kinder_Jugendliche.html
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Leider erwähnt Professor Liese nicht, dass auch symptomlose bis symptomfreie Covid-Kranke ihre vulnerablen Verwandten infizieren können. Es ist nicht schön für die Nachkommen, sich für den Tod eines Großelternteils mitverantwortlich zu fühlen - ich erlebe das im entfernten Umfeld gerade mit.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • d. e.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. S.
    Gut dass das mal ein Mediziner sagt, auch wenn ich nicht alles gut finde was er so von sich gibt, insbesondere zu Impfung von gesunden Kindern. "Schwere Verläufe oder Lungenentzündungen waren sehr selten. Viele Kinder wurden auch eher mit und nicht wegen Covid-19 vor allem zur Beobachtung aufgenommen"
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. P.
    Ihr Verständnis von Impfung hätte zur Folge, dass nur die Starken überleben dürfen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. S.
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. S.
    Was für ein Käse.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Die ganze Corona-Hysterie wirkt auf mich immer skurriler. Wenn ich sehe, wie Menschen, die alleine im Auto sitzen Maske tragen oder Radfahrer auf freier Flur neben dem Helm auch noch eine Maske aufhaben, weiß ich nicht ob ich lachen oder weinen soll.

    Mich schüchtern die täglichen Horror-Szenarien jedenfalls nicht mehr ein.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • D. P.
    Welche Horor-Szenarien? Und haben Sie mal daran gedacht, dass die Leute, die auch im Freien oder alleine im Auto Maske tragen, gute Gründe dafür haben? Das kann ja vom simplen Vergessen bis hin zum Eigenschutz aufgrund immunschwächender Krankheiten alles sein. Sie suggerieren, diese Menschen machen das aus reiner Angst. Woher wissen Sie das? Es ist anmaßend, ohne Hintergrundwissen über fremde Menschen zu urteilen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • P. S.
    Das sind Leute wie Margarete Stokowski von der neuen Impfkampagne, die an Long Covid leidet obwohl sie 3 mal geimpft ist und sich nach eigener Aussage im Freien angesteckt hat. Woher sie das weiß bleibt allerdings ihr Geheimnis.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Ich bin schon im vorgezogenen Ruhestand, aber wenn es zu der Zeit, als ich aussteigen wollte schon Long Covid gegeben hätte, hätte ich das sicher gehabt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • U. W.
    Geht's noch zynischer ?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Veraltete Benutzerkennung
    Setzen Sie mich bitte nicht unter Erfolgsdruck.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten