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Würzburg
Volles Haus bei Würzburger "Kellergespräch" mit Juristen zu AfD-Verbot: Diese Gründe sprechen dafür – und dagegen
So geht sachlicher Diskurs: Im überfüllten Hörsaal an der Uni Würzburg diskutierten zwei Juraprofessoren kontrovers über ein Verbot der AfD. Das sind ihre Argumente.
Beim 'Kellergespräch' (wegen großer Nachfrage im Hörsaal) diskutierten die Juraprofessoren Eric Hilgendorf (links) und Kyrill-Alexander Schwarz (rechts) mit Main-Post-Redakteur Andreas Jungbauer über ein AfD-Verbot.
Foto: Daniel Peter | Beim "Kellergespräch" (wegen großer Nachfrage im Hörsaal) diskutierten die Juraprofessoren Eric Hilgendorf (links) und Kyrill-Alexander Schwarz (rechts) mit Main-Post-Redakteur Andreas Jungbauer über ein AfD-Verbot.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 12.02.2025 02:41 Uhr

Der Hörsaal an der Alten Universität in Würzburg war restlos überfüllt: Groß war das Interesse am "Kellergespräch", einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe der Main-Post und der Juristen-Alumni – es ging diesmal um das Thema AfD-Verbot. Die Diskussion mit den beiden Würzburger Juraprofessoren Kyrill-Alexander Schwarz und Eric Hilgendorf machte deutlich: Sowohl für als auch gegen ein Verbot gibt es gewichtige Argumente.

Beide Experten zeigten sich nach der Diskussion, die Main-Post Redakteur Andreas Jungbauer moderierte, beeindruckt: über die Sachlichkeit nämlich, mit der sich auch viele der überwiegend jungen Zuhörerinnen und Zuhörer am "Kellergespräch" mit Fragen und eigenen Statements beteiligten. 

Staatsrechtler Kyrill-Alexander Schwarz gehört zu den 17 namhaften deutschen Juristen, die sich für ein Verbot der zumindest in Teilen rechtsextremen AfD starkmachen – und den Bundestag auffordern, zeitnah ein Verbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen. Strafrechtler und Rechtsphilosoph Eric Hilgendorf hält ein Parteiverbot hingegen nicht für das richtige Mittel, um die AfD einzudämmen. Er setzt allein auf die politische Auseinandersetzung. Juristen seien hier "nicht der richtige Ansprechpartner". 

Volles Haus beim 'Kellergespräch' von Main-Post und Juristen-Alumni an der Universität, diesmal im großen Hörsaal. Auch die Zuhörerinnen und Zuhörer konnten den Experten Fragen stellen.
Foto: Daniel Peter | Volles Haus beim "Kellergespräch" von Main-Post und Juristen-Alumni an der Universität, diesmal im großen Hörsaal. Auch die Zuhörerinnen und Zuhörer konnten den Experten Fragen stellen.

Was sind die zentralen Argumente der Gegner und Befürworter? Ein Blick auf Für und Wider eines Parteiverbots.

1. Dafür: Die Demokratie muss sich gegen ihre Feinde wehren

Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben nach dem Scheitern der Weimarer Republik ganz bewusst die Möglichkeit eines Parteiverbots geschaffen, falls eine Partei die Menschenwürde, die Demokratie und das Rechtsstaatsprinzip beseitigen oder auch nur beeinträchtigen möchte. Für Jurist Schwarz ergibt sich eine "moralische und rechtliche Verpflichtung", das Verbotsverfahren einzuleiten, weil es ausreichend Belege für verfassungswidrige Pläne der AfD – beispielsweise das Vorhaben "Remigration" – und entsprechend kämpferisch-aggressive Äußerungen gebe. 

2. Dafür: Die AfD delegitimiert demokratische Prozesse

Die AfD zeigt immer wieder ihre Verachtung für demokratische Regeln, betont Schwarz. So habe der AfD-Alterspräsident im Thüringer Landtag versucht, sich über Rechte des Parlaments hinwegzusetzen und eine eigene Agenda durchzusetzen. Erst das Landesverfassungsgericht habe ihn gestoppt.

Auch das generelle Abwerten von Medien als "Lügenpresse" oder des Verfassungsschutzes als "Teil des politischen Kampfes der Altparteien" hält der Staatsrechtler für bedenklich. Einzelne Kritik an Institutionen könne man als "Meinungsäußerung" durchgehen lassen, die generelle Abwertung aber gefährde die staatliche Ordnung.  

3. Dafür: Der Volksbegriff der AfD verstößt gegen das Grundgesetz

Eine konservativ-nationale Politik verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Die AfD aber vertrete völkisch-nationalistische Positionen, sagt Staatsrechtler Schwarz. Deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund würden nicht als gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft betrachtet. Unterscheidungen von Menschen anhand von biologischen und sozialen Merkmalen widersprächen jedoch der Menschenwürde, wie sie die Verfassung jedem, egal welcher Herkunft, garantiere.     

1. Dagegen: Wenn 20 bis 30 Prozent die AfD wählen, darf man sie nicht verbieten

In einem Urteil von 2017 lehnte das Bundesverfassungsgericht ein Verbot der NPD unter anderem mit dem Argument ab, die Partei sei zu klein und unbedeutend. Bei der AfD hingegen könnte ein Verbot an der Größe der Partei scheitern. Die bundesweit über 20 Prozent, in den ostdeutschen Ländern über 30 Prozent der AfD-Wählerinnen und Wähler dürfe man nicht von den demokratischen Prozessen ausschließen, sagt Strafrechtler Hilgendorf.

Es müsse Ziel sein, die Partei in der politischen Debatte zu stellen beziehungsweise die von ihr angesprochenen Probleme – allen voran Migration – durch überzeugende Konzepte zu lösen. Gesprächsverweigerung helfe nicht weiter.  

2. Dagegen: Verbot führt zu einer Radikalisierung der AfD-Anhänger

Schon der Versuch, die Partei zu verbieten, stärke die AfD in ihrer Opferrolle, warnt Hilgendorf. Käme es tatsächlich zu einem Verbot, würden die Aktivisten der Partei ja nicht verschwinden. Sie würden sich weiter radikalisieren, entweder versuchen, eine neue Partei zu gründen oder in den Untergrund gehen. Die Probleme würden größer statt kleiner, warnt der Juraprofessor.

3. Dagegen: Ein gescheitertes Verbotsverfahren würde die AfD bestärken

Schlimm findet Hilgendorf die Vorstellung, das Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, für das Experten mehrere Jahre Dauer veranschlagen, würde am Ende scheitern. So würde sich die AfD als "Gewinner" inszenieren und in ihrer teilweise gegen die Menschenwürde und die demokratische Grundordnung gerichtete Politik bestärkt sehen. 

 
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Kommentare
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  • Erich Spiegel
    Der deutsche Schlafmützenstaat ist wie immer zu spät dran. Erst ist die AfD zu klein, jetzt zu groß. Gegen Millionen AfD Wähler kann man keine Politik machen. Ein Entzug der Grundrechte verfassungsfeindlicher AfD Politiker hätte vor Jahren Erfolg gehabt. D.h. Verbot der Übernahme von Partei-Ämtern. Es hätte den vernünftigen Leuten in der AfD, die damals noch in der Mehrheit waren sehr geholfen, um die Rechtsradikalen in Schach zu halten. Die neue Strategie von CDU/CSU d.h. endlich Taten statt Worte ist erfolgsversprechend. Keine Zusammenarbeit mit der AfD, aber das Asylrecht verschärfen, notfalls mit Stimmen der AfD. Die Strategie funktioniert wie das Beispiel Dänemark zeigt. Dort haben die Sozialdemokraten das Asylrecht (mit Verfassungskonformen Maßnahmen) verschärft mit dem Ergebnis, dass rechtsradikale Parteien wie die AfD bedeutungslos sind. Von den Kollegen in Dänemark könnte Kanzler Scholz und die SPD noch was lernen.
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  • Martin Heberlein
    Besonders sinnlos ist das Argument wegen der Größe: Ist die Partei kleiner, sagt das BVerfG, dass keine Gefahr von ihr ausgeht und lehnt ein Verbot ab. Außerdem dürfte man mit so einem Argument auch eine lupenreine Nazi-Partei nicht verbieten - und müsste sie wohl regieren lassen. Soll die Demokratie wieder ihrem eigenen Untergang zusehen?
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  • Martin Deeg
    Psst. Die Argumente "Dagegen" sind gar keine Argumente dagegen - sondern für ein Verbot.

    1. Größe der verfassungsfeindlichen Partei und sich hieraus ergebende Gefahr - Check!

    2. Zunehmende Radikalisierung - Check!

    3. Angst der Demokraten vor "Verlust" von Menschenwürde und demokratischer Grundordnung - Check!
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  • Georg Ries
    Bestes Argument, der AFD den Nährboden zu entziehen, wäre endlich die Probleme anzugehen. Aber ich fürchte das scheitert nach der Wahl an der fehlenden Kompromissfähigkeit und an der Ignoranz gegenüber den Ängsten der Bevölkerung.
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  • Harald Bach
    Danke 🙏🏼
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