Egal, ob er als Bundeswehrsoldat oder Student im Zug unterwegs war, gerade vom Handball kam oder heute als Jurist zur Arbeit fährt: Cédric Steinmetz macht die Erfahrung, "überdurchschnittlich viel" von der Polizei kontrolliert zu werden. Grund sei ganz offensichtlich seine dunkle Hautfarbe, berichtete der 31-jährige Deutsche, dessen Vater aus Kamerun stammt, beim Kellergespräch von Main-Post und Juristen-Alumni.
Das sogenannte "Racial Profiling", Polizei- und Zollkontrollen allein aufgrund des Aussehens und der diesen Merkmalen zugeschriebenen ausländischen Herkunft, war Thema einer intensiven, sachlichen Gesprächsrunde mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Polizei – und Betroffenen. Gastgeber waren Juraprofessor Eric Hilgendorf und Main-Post-Redakteur Andreas Jungbauer.
Cédric Steinmetz fühlt sich dskriminiert
Er fühle sich diskriminiert, "nicht wirklich der Gesellschaft zugehörig", wann immer er solchen Kontrollen ausgesetzt sei, sagte Steinmetz. Auch wenn sich die Situation in aller Regel schnell entspanne, sobald er seinen Ausweis gezeigt habe. "Deutscher Personalausweis und der Name Steinmetz, da wechselt die Tonart und die Polizei verliert schnell das Interesse an mir."
Dass Erlebnisse, wie sie neben dem 31-Jährigen weitere Gesprächsteilnehmer im gut besuchten Max-Stern-Keller der Universität schilderten, keine Ausnahme sind, bestätigte Antonino Pecoraro, der Vorsitzende des Würzburger Ausländer- und Integrationsbeirats: "Es wird weniger, aber die Probleme sind geblieben." Eine repräsentative Umfrage des Sachverständigenrats für Integration und Migration untermauert die Erfahrungsberichte mit Zahlen: Demnach werden "als ausländisch wahrgenommene Menschen" doppelt so häufig kontrolliert wie andere.
"Kriminalität kann man nicht am Äußeren festmachen"
"Dass man Kriminalität nicht am Äußeren festmachen kann, ist bei uns lange schon angekommen", versicherte derweil Matthias Weber, Leiter der Polizeiinspektion Würzburg. "Analog zum gesellschaftlichen Wandel" habe man in den vergangenen Jahren bei den Sicherheitsbehörden viel dazugelernt. Das Verbot von "Racial Profiling", wie es im Antidiskriminierungsartikel des Grundgesetzes geregelt ist, sei Thema der Aus- und Fortbildung, bei der Bereitschafts- und der Kriminalpolizei genauso wie bei Bundes- und Landespolizei.
Bei Ermittlungen in diesem Bereich liege in der Regel aber auch ein konkreter Tatverdacht vor, der Personenkontrollen erlaube, machten Weber und mehrere Polizeikollegen in der Diskussion deutlich. Wenn sich bei den Recherchen dann Indizien fänden, dass ganze Diebes- oder Drogendealer-Banden einer bestimmten Ethnie oder Nationalität angehören, würden Menschen mit entsprechenden Merkmalen eben auch gezielt von den Beamten kontrolliert und befragt.
Anlasslose, verdachtsunabhängige Kontrollen sind häufig das Streitthema. In Bayern sind diese an sogenannten gefährlichen Orten erlaubt, an Bahnhöfen und in Rotlicht-Etablissements. Hier gibt der Gesetzgeber Polizistinnen und Polizisten mehr Spielraum, von dem die Bevölkerung auch erwarte, dass er genutzt werde, sagte Ex-Justizminister Winfried Bausback: "Die Menschen haben ein Sicherheitsbedürfnis, dem der Staat nachkommen muss." Man dürfe dabei nicht ausblenden, dass die Kriminalitätsstatistik überdurchschnittlich viele ausländische Tatverdächtige ausweise.
Rassismus-Experte wirbt für Perspektivwechsel
Die Vorstellung, man könne Menschen anhand ihres Aussehens einer bestimmten Nationalität zuordnen, sei in der globalisierten Welt überholt, betonte Julien Bobineau. Der Rassismusforscher und Diversitätsmanager hält regelmäßig Workshops bei der Polizei, um für diese Tatsache Bewusstsein zu schaffen. Er betont, dass rassistische Vorurteile längst nicht nur ein Thema der Sicherheitsbehörden sind. "Da ist die ganze Gesellschaft gefragt."
Konkret warb der Experte für einen "Perspektivwechsel". Polizeibeamtinnen und -beamte sollten sich in die Menschen hineinversetzen, die sie nur aufgrund ihres Äußeren überprüfen. Dabei werde schnell deutlich, was ein Betroffener empfindet, wie er sich von der weißen Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen fühlt.
Entscheidend für einen fairen Ablauf von Kontrollen sei auch die Ansprache: "Penetrante Freundlichkeit" empfiehlt Matthias Weber seinen Kolleginnen und Kollegen, das Gegenüber sollte nicht geduzt und zunächst immer auf Deutsch angesprochen werden.
Weber warb um Verständnis, wenn dies nicht in jeder Situation gelinge: "Die täglichen Herausforderungen für unsere 2500 Polizistinnen und Polizisten in Unterfranken sind gewaltig." Da passierten auch Fehler. "Wichtig ist, dass wir darüber reden." Auf gesetzliche Regelungen in Sachen Racial Profiling zu warten, ist aus Sicht von Regierungsrat Enis Tiz wenig erfolgsversprechend – das hätten bereits erfolgte Änderungen im Polizeirecht gezeigt. "Entscheidend ist", so der frühere Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht der Uni Würzburg, "dass sich in den Köpfen etwas ändert."
Cédric Steinmetz hat sich derweil ein dickes Fell zugelegt, falls er wieder mal am Bahnhof einfach so kontrolliert wird: "Notfalls verweise ich auf meine Rechtsschutzversicherung."
Und ich gehe davon aus, daß an Orten wie diesen, wo Reiseverkehr pur herrscht, der Beamte wissen will, ob so Mancher sich hier legal oder illegal aufhält.
Und das kann nur durch Überprüfung von Ausweispapieren festgestellt werden.
Falls irgendjemand meint, daß jede Kontrolle von Personen mit schwarzer, gelber, roter oder weißer Hautfarbe ein Kontrollverbot nach sich ziehen sollte, sollte unsere Polizei gleich zuhause bleiben.
Nein, vorsichtiges, bestimmtes und höfliches Kontrollieren ist hier angesagt.
Da ist beim Zurückgeben der Ausweispapiere durchaus auch mal ein Dankeschön angebracht.
Vor allem wären die Beamten dankbar, nicht gleich mit Vorwürfen wie Diskriminierung oder Rassismus bedrängt zu werden. Diese Kontrollen sind notwendig, für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft.
Ein Rückzug unserer Kontrollorgane wäre jedoch bei den bekannten Kriminalstatistiken äußerst fatal
Aha.
Aber Penetranz ist ja grad in Bayern üblich bei Leuten, die von sich selber glauben, über dem gemeinen Volk zu stehen (Politiker*innen, Justizpersonen sämtlicher Couleur, usw.).
Wie wäre es, sich mal über Menschlichkeit und Ehrlichkeit und Höflichkeit beim Auftreten Gedanken zu machen?
Aber damit lässt es sich halt nicht so penetrant Mitmenschen gängeln und schikanieren.
ECHTHEIT ist angezeigt, damit fährt man m.E. immer gut, kann halt nicht jeder.
Mein Sohn, hochgradig sehbehindert, hat aufgrund dessen einen langsamen, etwas unsicheren Gang und einen, sagen wir, starren Blick. Und er wird regelmäßig kontrolliert, weil er halt ähnlich wirkt, als stünde er unter Drogen.