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Höchberg
Verschollenes Bild entdeckt: Das war die Höchberger Synagoge
Eigentlich hatte er etwas ganz anderes gesucht, doch dann fand der Direktor des Jüdischen Museums München ein verschollenes Bild der Höchberger Synagoge.
In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts entstand dieses Gemälde der Höchberger Synagoge, das den Innenraum des Gotteshauses mit bisher unbekannten Details zeigt. Das Aquarell selbst ist verschollen, doch jetzt tauchte in Warschau zumindest ein Foto des Gemäldes auf.
Foto: E. Ringelblum Jewish Historical Institute, Warschau | In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts entstand dieses Gemälde der Höchberger Synagoge, das den Innenraum des Gotteshauses mit bisher unbekannten Details zeigt.
Roland Flade
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:25 Uhr

In den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts schuf der Höchberger Maler und Zeichenlehrer Naftali Ehrenreich zwei Bilder, die für die Geschichte des Ortes wichtig sind: Er malte das Haus, in dem 1831 der spätere Verleger der liberalen Frankfurter Zeitung und Reichstagsabgeordnete Leopold Sonnemann geboren wurde (Sonnemannstraße 62) – und er schuf ein Gemälde des Inneren der Höchberger Synagoge.

Das Bild des Geburtshauses ist bekannt, das Bild der Synagoge war verschollen. Nun hat Bernhard Purin, der Direktor des Jüdischen Museums München, zumindest ein Foto des Gemäldes entdeckt – auf der Internetseite des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau, auf der er nach etwas ganz anderem suchte.

Zwar existieren Fotos vom Inneren der 1721 im Barockstil errichteten Synagoge Am Trieb, doch zeigen diese jeweils nur Ausschnitte. Das Werk von Naftali Ehrenreich lässt nun erstmals einen Blick in große Teile des Innenraums zu. Man sieht den Almemor, die Vorlesekanzel in der Mitte der Synagoge, von der aus im Gottesdienst der jeweilige Abschnitt der Thora, der fünf Bücher Mose, vorgetragen wurde. Davor steht an der Wand der Thoraschrein, in dem die Thorarollen aufbewahrt wurden. Über einer Bank hängt ein Gebetsmantel.

In der ehemaligen Höchberger Synagoge befindet sich heute die evangelische Matthäuskirche.
Foto: Archivfoto Matthias Ernst | In der ehemaligen Höchberger Synagoge befindet sich heute die evangelische Matthäuskirche.

Wie das Foto nach Warschau kam und wo sich das Original des Gemäldes befindet – falls es noch existiert –, ist unbekannt. Auf der Rückseite trägt das Foto einen Inventaraufkleber, der es als ehemaliges Eigentum der Kunstsammlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ausweist. Diese gelangte nach 1945 nach Warschau und Jerusalem. Doch weder im Jüdischen Historischen Instituts in Warschau noch im Israel Museum in Jerusalem ist etwas über den Verbleib des Gemäldes bekannt.

Die Wurzeln der jüdischen Gemeinde Höchberg reichen weit ins 17. Jahrhundert zurück. Zeitweise war fast jeder fünfte Höchberger jüdisch, die anderen waren katholisch. Die jüdische Gemeinde besaß eine Volksschule und ein Gemeindehaus sowie einen Friedhof, der noch erhalten ist. Die Israelitische Präparandenschule, eine Ausbildungsstätte für angehende Lehrer, machte Höchberg zu einem in ganz Deutschland bekannten Ort jüdischer Gelehrsamkeit.

Der Maler Naftali Ehrenreich wurde 1887 in eine Familie hineingeboren, die ein Symbol für die enge Gemeinschaft von Christen und Juden in Höchberg war. Naftalis Vater Lazarus leitete von 1908 bis 1913 die Präparandenschule; er gehörte dem Vorstand der Turngemeinde Höchberg an und stand zeitweise dem örtlichen Geflügelzuchtverein vor. Naftali Ehrenreichs Bruder Moses trainierte 1920 als Erster die Fußballer der Turngemeinde.

Naftali Ehrenreich emigrierte im Dritten Reich in die USA und lebte in New York, wo er  1967 starb. Seine Schwester Rebekka heiratete Selig Steinhäuser, den Nachfolger ihres Vaters an der Spitze der Präparandenschule; das Ehepaar wurde am 17. Juni 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Synagoge wurde während des Novemberpogroms 1938 geschändet

Die während des Novemberpogroms von 1938 geschändete Synagoge dient nach umfangreichen Um- und Ausbauten seit 1951 als Gotteshaus der evangelischen St. Matthäus-Gemeinde. An die Geschichte des Gebäudes erinnern unter anderem ein siebenarmiger Leuchter und der aus der Synagoge stammende Hochzeitsstein. An diesen "Chuppastein" wurde bei Hochzeiten ein Glas geworfen, um an die Zerstörung des Tempels in Jerusalem zu erinnern.

Über die jüdische Gemeinde Höchberg informiert eine Dauerausstellung in der ehemaligen Präparandenschule in der Sonnemannstraße 15, die jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet ist. Der Schlüssel zum Friedhof kann im Bürgerbüro im Rathaus abgeholt werden.

 
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