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Würzburg
"Vermieter will uns raus drängen": Betreiber der Würzburger Boulderhalle sprechen über Schikane und Druck   
Der Mietvertrag für die Würzburger Boulderhalle wurde gekündigt. Was hat das mit dem Bayerischen Roten Kreuz zu tun? Wie rechtfertigen sich die neuen Eigentümer?
Die drei Würzburger (von links):  Agustina Falibene, Andreas Schmitt und Thomas Meyer haben die Boulderhalle Rock Inn gegründet. Der neue Eigentümer der Halle hat ihnen fristlos gekündigt.
Foto: Johannes Kiefer | Die drei Würzburger (von links): Agustina Falibene, Andreas Schmitt und Thomas Meyer haben die Boulderhalle Rock Inn gegründet. Der neue Eigentümer der Halle hat ihnen fristlos gekündigt.
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 02.07.2024 02:43 Uhr

Es ist eine Geschichte, die viele Mieter gut kennen. Das Wohnhaus wird verkauft, der neue Eigentümer will die Mieter raus haben, möglicherweise schikaniert er sie sogar. Eine ähnliche Geschichte erzählen Thomas Meyer und Andreas Schmitt, Geschäftsführer der Boulderhalle Rock Inn in Lengfeld. Was sie berichten, klingt wie ein Krimi.  

Meyer und Schmitt haben gemeinsam mit Agustina Falibene in den vergangenen acht Jahren in der Ohmstraße den Boulder-Treff Rock Inn aufgebaut. Eine glückliche Geschichte, zumindest bis zum 1. Mai. Da wechselte der Eigentümer, der von ihnen gemieteten Halle. 

Die Betreiber der Boulder-Halle haben einen Mietvertrag bis 2050

Prinzipiell wäre das kein Problem, da der Mietvertrag dem Rock Inn eine Laufzeit bis 2050 garantiert. "Wir haben über Darlehen rund 700.000 Euro und unzähligen Stunden Eigenleistung in die Halle gesteckt, deshalb haben wir uns eine langfristige Perspektive gesichert", sagt Meyer. 

Wie Rechtsanwalt Sebastian Warken von der Kanzlei WarkenBrückner aus Wertheim (Lkr Main-Tauber-Kreis) erklärt, ist der Mietvertrag seiner Mandanten nach wie vor gültig. "Bei einem Eigentümerwechsel gehen die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag automatisch auf den neuen Vermieter über."

Der neue Eigentümer akzeptiert das nicht.  Mit verschiedenen juristischen Mitteln versucht er das Mietverhältnis zu beenden. Dagegen wehren sich das Rock Inn-Team und ihr Rechtsanwalt Warken.

"Beim Gespräch am 3. Mai hat uns der Eigentümer mitgeteilt, dass wir schnellst möglich raus müssen", sagt Meyer. Auch zwei weitere Mietparteien auf dem Grundstück in der Ohmstraße, mit denen die Redaktion gesprochen hat, schildern, dass der Mann ihnen in "unangenehmen Gesprächen" den sofortigen Rausschmiss angekündigt habe. Sein Auftreten schildern sie als "robust". 

Was hat der neue Eigentümer mit der Halle vor?

Der private Investor bestreitet, dass er oder jemand in seinem Namen so aufgetreten sei. Die Redaktion hat sich mit ihm, zwei Familienmitgliedern und seinem Anwalt unterhalten. Die Investorenfamilie stammt aus der Region und will ihren Namen nicht nennen, um keine Anfeindungen zu riskieren. 

Was hat der Eigentümer mit der Halle in der Ohmstraße vor? "Man ist mit mehreren möglichen Mietern im Gespräch und einer davon ist das Bayerische Rote Kreuz", sagt Rechtsanwalt Björn Rausch von der Kanzlei Rausch Meder Münchmeier aus Ochsenfurt zu den Plänen seines Mandanten. Dieser hat 2023 für das Bayerische Rote Kreuz (BRK) in Ochsenfurt eine Rettungswache gebaut.

Das Bayerische Rote Kreuz hat den Standort bereits prüfen lassen 

Auf die Frage der Redaktion, wann der Eigentümer dem BRK den Standort Ohmstraße angeboten hat, sagt Anwalt Rausch: "Darauf bekommen sie keine Antwort." Das BRK erklärt auf Anfrage, dass man schon länger miteinander im Gespräch sei. Stefan Krüger, Medienbeauftragter des BRK-Kreisverbands: "Es wurde von uns inzwischen eine Vorprüfung des Standorts in Auftrag gegeben, die gezeigt hat, dass er sich für eine neue Rettungswache eignen würde."

Anzeige für den Anbieter Instagram Reel über den Consent-Anbieter verweigert

Trotzdem betont der Eigentümer, Pläne mit dem BRK seien nicht der Grund für die Kündigung, sondern fehlendes Vertrauen in den Mieter Rock Inn. Er sei von dessen Geschäftsführer Meyer schon bei der Begegnung am 3. Mai enttäuscht worden und danach noch mehrmals.

"Irgendwann reicht es, dann will man sich trennen", erklärt Anwalt Rausch. Wobei "irgendwann"  nach drei Tagen bedeutet: Am 6. Mai kündigte der Eigentümer fristlos. Abmahnungen schickte er am 5. und 6. ebenfalls. Er selbst bezeichnet sein Vorgehen trotzdem als Versuch, sich "gütlich zu einigen". So habe er zum Beispiel den Mietern alternative Hallen vorgeschlagen.   

Nächtliche Besuche des Eigentümers auf dem Gelände

Laut Schmitt und Meyer waren der Eigentümer oder Mitglieder seiner Familie mehrmals nachts auf dem Gelände. "Weil wir nicht wissen, was sie wollen, haben wir jetzt einen nächtlichen Sicherheitsdienst engagiert", sagt Schmitt. Der Eigentümer erklärt, er habe nach dem Rechten sehen müssen, da es Beschwerden gegeben habe.

Weiter sagen die Rock Inn-Geschäftsführer, dass Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner belästigt worden seien. "Ich hatte ein langes unangenehmes Gespräch mit ihm", sagt Birgit Balzert, Vorsitzende des Vereins "Institut für pädagogische Weiterbildung Kinder- und Jugendarbeit". Dieses hat Räume in der Ohmstraße vom Rock Inn untergemietet. Balzert: "Er hat mir nicht direkt gedroht, aber unterschwellig Druck gemacht." Zum Beispiel mit der Aussage: "Ich habe eine große Familie". 

Der Würzburger Filmemacher Ben Kremer sagt, er wurde mehrmals angerufen, nachdem er sich in den sozialen Medien für das Rock Inn stark gemacht hatte. "Ich habe mich bedroht gefühlt", sagt Krämer. Auch diese Vorfälle bestreitet der Eigentümer.

Würzburger Bauaufsicht hat nach Anzeige des Eigentümers keine Bedenken 

Als Schikane empfinden die Rock Inn-Betreiber zudem, dass der Eigentümer sie wegen angeblicher statischer Probleme und Mängel beim Brandschutz bei der Bauaufsicht der Stadt Würzburg angezeigt hat. "Hier sind Menschen in Gefahr", sagt dazu der Eigentümer. Die Anzeige sei seine Pflicht gewesen.

Im Gespräch mit der Redaktion betont der Eigentümer immer wieder die angebliche Gefahr durch Eingriffe in die Statik. Anwalt Rausch sagt, dass "das Verfahren bei der Bauaufsicht noch anhängig ist." Allerdings hat die Stadt die Sache längst geklärt und keine Bedenken. Claudia Lother, Pressesprecherin der Stadt Würzburg: "Aufgrund der von Statikern, Brandschutzgutachtern und Prüfsachverständigen vorgelegten Unterlagen, sowie einer erfolgten Begehung, kann der Betrieb der Boulderhalle entsprechend der in erteilten Baugenehmigung Vorgaben erfolgen."

 "Er versucht uns zu zermürben, um uns so aus der Halle zu drängen", sagt Schmitt zum Vorgehen des Vermieters in den vergangenen zwei Monaten. Konfrontiert mit diesem Vorwurf sagt der Mann: "Ich versuche nur meine Rechte zu nutzen."

Bild vom Würzburger Boulderwettkampf im Rock Inn 2022.
Foto: Patty Varasano (Archiv-Foto) | Bild vom Würzburger Boulderwettkampf im Rock Inn 2022.

"Um den Unwahrheiten etwas entgegenzusetzen", haben die Rock Inn-Betreiber in einem Video auf Instagram ihre Sicht der Dinge dargestellt und eine Petition zum Erhalt ihrer Einrichtung gestartet. 11.299 Menschen haben bis Freitagmittag unterschrieben, dass die Boulderhalle bleiben soll. "Die großartige Unterstützung gibt uns Kraft", sagt Meyer. 

Wie geht es jetzt weiter? "Wir planen als nächsten Schritt eine Räumungsklage", sagt Anwalt Rausch. Meyer und Schmitt werden sich dagegen weiter wehren. "Es geht um unsere Existenz", sagt Schmitt. "Und um die Bedeutung der Halle als Ort der Begegnung für Sportlerinnen und Schüler bis zu den Teilnehmern aus dem benachbarten Blindeninstitut." 

Boulder Halle Rock Inn

Bouldern (vom englischen boulder Felsblock) ist Klettern ohne Seil an Felsblöcken oder künstlichen Kletterwänden bis in etwa vier Meter Höhe - aus der ohne wesentliches Verletzungsrisiko abgesprungen werden kann. Rund 8000 Dauerkunden plus Tagesgäste nutzen laut Betreibern das Rock Inn. Neben neun festangestellten Mitarbeitern würden knapp 40 Mini-Jobber beschäftigt.
Quelle: gam
 
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  • Johannes Metzger
    Der Schaden für das BRK Würzburg ist jetzt schon groß.
    Wann sorgen die Vorstände hier endlich für Aufklärung?
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  • Georg Ries
    Ich kann nur empfehlen, Herrn Landrat Ebert und seine Stellvertreterin anzuschreiben! Als Vorsitzende des Kreisverbandes vom BRK sollten Sie diese "Entmietung" nicht unterstützen!!!
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  • Hermann Spitznagel
    Was wohl mit der Aussage:
    "Ich habe eine große Familie "
    gemeint sein könnte?
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  • Georg Ries
    Ist doch klar! Ein Zuckerrübenbauer aus dem Gau!!! 😂
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  • Johannes Metzger
    Oje. Müssen dann die Boulderer mit großflächigem Traktorterror rechen? :)
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  • Christine Gerhardt
    Wie steht eigentlich das BRK zu dem Ganzen? Dieses Vorgehen des Eigentümers kann doch nicht ihren eigenen ethischen Grundsätzen entsprechen, die Verhandlungen über den Standort gehören von Seiten des BRK abgebrochen! Wieso werden überhaupt Verhandlungen geführt wenn doch klar ist, dass das Gebäude nicht zur Verfügung steht - wenn das BRK das nicht wusste ist spätestens jetzt der Zeitpunkt für den Ausstieg gekommen. Der neue Eigentümer darf mit solchen Methoden keinen Erfolg haben!
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  • Johannes Metzger
    Liebe Frau Gerhardt, da hätte ich gerne eine Antwort vom Landrat, der ja auch 1.Vorsitzender des BRK Unterfranken ist. Auch die Rolle des RA Rausch der ja sowohl mit dem BRK und dem Investor (den viele kennen, dessen Name wohl nicht veröffentlicht werden darf) interessiert mich brennend. Hier kann sich die BRK Führung in der ersten Reihe jetzt nicht mehr verstecken, sondern muß für Aufklärung sorgen.
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  • Georg Ries
    Warum rufen Sie ihn nicht an oder Mail an ihn???? 😀
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  • E. Böhrer
    Meines Wissens kann der neue Eigentümer doch nur kündigen, Miete erhöhen oder sonst was tun, wenn er im Grundbuch als neuer Eigentümer eingetragen ist. Und wenn er das erst seit Mai ist, dürfte das nicht möglich sein.
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  • Georg Ries
    Es kommt draufan, was im Kaufvertrag steht bzgl. Besitz, Nutzen und Lasten! Der Erwerber muss nicht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sein, um eine Kündigung auszusprechen. Lediglich bei "Eigenbedarf" wäre das erforderlich.
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  • Hans-Georg Heim
    Hat schon etwas von Clankriminalität.
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  • Georg Ries
    Gute Beschreibung! Kannte man in Würzburg bisher nicht 👎🏼! Was lernen wir daraus? Spenden ans BRK? Wer das unterstützt bekommt nix!!
    MP bitte dran bleiben, werden demnächst vermutlich dringende Bauarbeiten beginnen. Heizung defekt, Stromzähler abgemeldet etc.. Selbstentzündung der Mülltonnen.....
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  • Johannes Metzger
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  • Andrea Roso
    Gleichzeitig alle Rechtsmittel ausnutzen wollen, aber geltendes Recht und den Mietvertrag ignorieren. Seinen Namen nicht nennen wollen, aber Leute mit der Familie bedrohen und sagen, dass man Beschwerden bekommen hat (woher, wenn man nicht traut seinen Namen zu nennen?) .
    Ich empfinde das als sehr feiges Handeln und hoffe, dass die drei erfolgreich das Rock Inn weiterbetreiben.

    Es ist auch einfach unlogisch. Das fehlende Vertrauen soll der Grund für die Kündigung sein, gleichzeitig hat er ja anscheinend von Anfang an eine Kündigung gewollt. Wie kann da das Vertrauen bereits fehlen? Außerdem ist das Rock Inn seit Jahren dort, sie haben fast eine Million investiert und bisher offensichtlich keine Probleme mit ihrem Vermieter gehabt. Wie kann da das Vertrauen fehlen?
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