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Würzburg
Würzburger Prozess um Verkauf von Hanf-Tee: Geldstrafen für Cannameleon-Chefs
Hanf-Tee enthält eine geringe Menge THC, deshalb ist der Verkauf in Deutschland verboten. Das Würzburger Amtsgericht hat nun Händler und Verkäufer dafür bestraft.
Am Donnerstag fielen vor dem Amtsgericht Würzburg die Urteile im Prozess um Hanf-Tee. In der Würzburger Blasiusgasse geht im Cannameleon der Verkauf von CBD-Produkte weiter. 
Foto: Patty Varasano | Am Donnerstag fielen vor dem Amtsgericht Würzburg die Urteile im Prozess um Hanf-Tee. In der Würzburger Blasiusgasse geht im Cannameleon der Verkauf von CBD-Produkte weiter. 
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 08.02.2024 16:53 Uhr

In Berlin wird in den Sondierungsgesprächen von SPD, Grünen und FDP gerade über die Legalisierung von Cannabis verhandelt. In Würzburg hat die Staatsanwaltschaft jetzt vor dem Amtsgericht Haftstrafen für die beiden Geschäftsführer der Cannameleon-Läden in Würzburg gefordert. Sie hatten Tee aus EU-zertifiziertem Nutzhanf verkauft, der hauptsächlich aus dem harmlosen Cannabidiol (CBD) besteht, aber eine Spur des psychoaktiven Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) enthält. 

Die Vorgeschichte: Anfang 2019 wird im Würzburger Stadtteil Grombühl ein Kaffee- und Gesundheitsshop öffentlichkeitswirksam eröffnet. "Cannameleon" spezialisiert sich auf Hanfprodukte, darunter auch CBD-Blüten und Tee. Alles legal, sagen die Firmengründer. Das Ordnungsamt kommt vorbei, die Lebensmittelüberwachung nimmt Proben. Auch der Polizeipräsident soll sich interessehalber umgesehen haben. Die Produkte des Ladens bestehen überwiegend aus Cannabidiol (CBD), einem Wirkstoff der weiblichen Hanfpflanze. Bekannt als Cannabis, werden dem Extrakt positive Eigenschaften nachgesagt. Eine berauschende Wirkung hat er - im Gegensatz zu THC - nicht. 

Das Geschäft mit CBD-Produkten wird ausgebaut

Der Laden läuft, die Firmenchefs expandieren und bauen ein Franchise-Modell auf. In Schweinfurt eröffnet im August 2019 ein 23-Jähriger eine Cannameleon-Filiale am Marktplatz, den Shop in Grombühl übernimmt im Oktober 2019 eine 29-Jährige.

Dann die Razzia: Am 5. November 2019 werden zeitgleich die beiden Läden sowie die Wohnungen der Betreiber von der Polizei und einem Unterstützungskommando (USK) durchsucht. Auch die Cannameleon-Geschäftsführer bekommen zuhause im Landkreis Würzburg überraschend Besuch von Polizei und Staatsanwaltschaft.  Der Firmenchef verhält sich den beteiligten Polizisten zufolge aggressiv, leistet Widerstand, beleidigt Beamte. Auch seine Verlobte ist laut Zeugen aufgebracht und beleidigt den Staatsanwalt. 

Bei Razzien wird kiloweise Hanf-Tee sichergestellt

Kiloweise Hanf-Tee wird sichergestellt. Laut Laboranalyse liegt der THC-Gehalt je nach Sorte bei  0,05 bis 0,3 Prozent. Grund für die Würzburger Staatsanwaltschaft, im August 2020 Anklage zu erheben. Den beiden Firmenchefs und ihren Franchise-Nehmern wird unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln vorgeworfen. Beim 29 Jahre alten Cannameleon-Geschäftsführer kommen Widerstand und Beleidigung hinzu, seiner Verlobten wird Beleidigung des Staatsanwalts zur Last gelegt. Mitangeklagt ist auch ein 33-Jähriger, der fünf Wochen lang im Würzburger Geschäft Tee und andere CBD-Produkte verkaufte - laut Staatsanwalt vermutlich auch an minderjährige Kunden.

"Die Eltern von kleinen Kindern ins Gefängnis stecken zu wollen - das ist unverhältnismäßig."
Norman Jacob Jun., Verteidiger

Kein leichter Fall für das Würzburger Amtsgericht. Die äußerst geringen Mengen an THC in den  verkauften Tees reichen nicht aus, um sich zu damit in einen Rauschzustand zu versetzen. Auch nicht durch einen Joint aus den Hanfblüten des Tees. Aber der Tee könnte als Backzutat für Cookies verwendet werden. Im Cannameleon wurden solche verkauft. 

Cookies aus Hanf-Tee können eine berauschende Wirkung haben

In einem ähnlichen Verfahren vor dem Landgericht Braunschweig hatten Sachverständige festgestellt, durch eingebackenen Hanfblütentee in Brownies könne man einen Rausch erzeugen. Allerdings müsse man dann schon ein ganzes Blech davon essen - eine teure Angelegenheit. "Wir glauben nicht, dass sich jemand für 150 Euro Tee kauft, um sich damit zu berauschen", sagt die Vorsitzende Richterin Melanie Schneider in der Verhandlung. Doch sie verweist auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs und stellt klar: "Nutzhanf-Blütentee mit mehr als 0,1 Prozent THC ist derzeit verboten."

Für den Staatsanwalt ist Fakt: "Cannabis ist grundsätzlich verboten." Den beiden Geschäftsführern unterstellt er vorsätzliches Handeln mit Betäubungsmitteln und fordert zwei Jahre und vier Monate Haft für den 29-Jährigen, zwei Jahre für seine Geschäftspartnerin und Verlobte. Für die Franchise-Nehmer plädiert er jeweils auf Freiheitsstrafen von einem Jahr und drei Monate. Der 33-jährige Verkäufer, dem die Abgabe an Minderjährige in der Beweisaufnahme nicht nachgewiesen werden kann, sei mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und zwei Wochen zu bestrafen.

Verteidiger fordern Freisprüche für die Angeklagten

"Die Eltern von kleinen Kindern ins Gefängnis stecken zu wollen  - das ist unverhältnismäßig", erwidert Rechtsanwalt Norman Jacob Jun. in seinem Plädoyer. Er vertritt den 29-Jährigen und fordert Freispruch. Die plötzlichen Razzien mit vier Staatsanwälten und 49 Polizeibeamten sollten, so Jacob, für die Öffentlichkeit offenbar das Bild erzeugen, "hier räumt man auf". Einen Freispruch fordert sein Kollege, Verteidiger Jan Paulsen, auch für die Geschäftsführerin. 

"Das sind alles milde Urteile." 
Melanie Schneider, Vorsitzende Richterin 

Sein Mandant sei "Werkzeug der Geschäftsführer" gewesen, verteidigt Klaus Spiegel den Schweinfurter Franchise-Nehmer. Einen Freispruch fordert Anwalt Nikolaus Gwosdek für die Würzburger Ladeninhaberin. Und Anwalt Timo Fuchs sieht seinen Mandanten, den Verkäufer, als den Hauptangeklagten: Nur ihm würde ein Verbrechen vorgeworfen, die Abgabe von Betäubungsmitteln. Schuldhaftes Handeln könne man ihm aber nicht vorwerfen, er habe  angenommen, in einem "seriösen Laden" zu arbeiten. 

Gericht: Kein Vorsatz, deshalb keine Freiheitsstrafe

Auch das Gericht hält am Donnerstag eine Freiheitsstrafe für unverhältnismäßig und erkennt keinen Vorsatz. Die beiden Geschäftsführer hätten fahrlässig gehandelt: Sie werden für den unerlaubten Handel mit Betäubungsmittel schuldig gesprochen. Beim 29-Jährigen kommen Widerstand gegen Polizeibeamte und Beleidigung hinzu, bei seiner Verlobten die Beleidigung des Staatsanwalts. Er soll eine Geldstrafe von 220 Tagessätzen à 60 Euro bezahlen, sie 80 Tagessätze à 60 Euro.

Die beiden Franchise-Unternehmer werden verwarnt. Der Verkäufer wird wegen Abgabe und Besitz von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 40 Euro verurteilt. "Das sind alles milde Urteile", sagt die Richterin. Und an den 29-Jährigen gerichtet, der sich uneinsichtig zeigt und weiter CBD-Produkte verkaufen will: "Aus meiner Sicht können Sie so nicht weitermachen."  

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Zwei Verteidiger kündigten bereits Berufung an, die Staatsanwaltschaft will diese prüfen. 

 
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  • ba.stark@web.de
    Da ist der Polizei aber mal ein RICHTIG FETTER FISCH ins Netz gegangen!
    Respekt! Da hat man unser Steuergeld mal so richtig hart arbeiten sehen!
    👎

    Und jetzt im Ernst:
    Mußte man dort wirklich mit Kanonen auf Spatzen schießen?
    Das Ganze war doch völlig überdimensioniert und sinnlos wie ein Kropf.
    Stichprobenkäufe hätten hier völlig ausgereicht...
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  • info@gerbrunn.de
    Volkswirtschaftlich wäre es wahrscheinlich deutlich sinnvoller gewesen, diesen 49 Polizisten und Polizistinnen den Tag zum Überstundenabbau freizugeben. Insbesondere das USK darf ja quasi jede Woche auf irgendeiner anderen Idiotendemonstration Dauerdienst leisten.

    Ich will die Staatsanwaltschaft eigentlich nicht in Schutz nehmen, aber hier dürfte auch genügend Druck seitens Landesregierung und Justizministerium bestanden haben.

    Wenn dann wieder von konservativen Parteien Krokodilstränen wegen der Überlastung der Polizei geheult werden, darf letztere gerne bei der nächsten Wahl genauer überlegen, wem sie das eigentlich zu verdanken hat.
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  • olivergehrsitz@web.de
    Ich hoffe im Berufungsverfahren wird diese "Staatsanwaltschaft" zur Rechenschaft gezogen für ihr schändliches Verhalten!
    Den Staat vertreten diese selbstherrlichen Robenträger schon lange nicht mehr.
    Ich bin gespannt wie sich die Herren und Damen der Staatsanwaltschaft ihr jahrzehntelanges Fehlverhalten schönreden, wenn Cannabis endlich legal ist.
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  • Arcus
    Ja, da denk ich dann immer auch an die furchtbaren Juristen aus dem 3.Reich, die ja in der Nachkriegszeit eine nicht immer rühmliche Rolle spielten.
    Wenngleich man das Verhalten der jetzigen Staatsanwaltschaft nicht vergleichen kann. Aber eine Frage an die Juristen: kann man die WÜ Staatsanwaltschaft nicht wegen Verplemperns von Steuergeldern verklagen?
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  • Gregorino
    Ich will gar nicht erst wissen wie viel Steuergelder dort richtig sinnfrei eingesetzt wurden
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  • waldemarthurn@freenet.de
    Verkauf von Betäubungsmittel- die Lachnummer 2021-- Bier und Schnaps sind keine Betäubungsmittel da ein Vollrausch nichts Betäubt deshalb erlaubt.
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  • Arcus
    Bayrische Justiz. Das Vertrauen schwindet. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass das Gericht nur so entschieden hat, um die wildgewordenen Staatsanwaltschaft nicht ganz gesichtslos entlassen zu müssen. Die Damen und Herren in den Schwarzen Roben kenn sich ja. Da kratzt die eine Krähe der anderen kein Auge aus.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    besser kann man es nicht ausdrücken! An der Unabhängigkeit der Justiz hab ich in dem Fall so meine Zweifel. Bei dieser Sache spielt auch die Politik eine große Rolle!

    Ein Kadavergehorsam sorgt dafür, dass althergebrachte Denkweisen bewahrt werden sollen. Je länger das der Fall ist um so peinlicher wird es am Ende.

    Dieser Prozess geht genau in diese Richtung bzw. muss man sich als Bürger schämen so etwas in der Zeitung zu lesen.

    Und das schreib ich obwohl ich kein Freund von Marihuana und dergleichen bin. Es ist aber unehrlich wenn die Maß Bier im Biezelt für manche bayerischen Politiker zum höchsten Gut erklärt bzw. verklärt wird und dann gegen andere Drogen derart geschossen wird!
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  • gowell70@yahoo.de
    Das sind ja schon Zustände wie in Polen.

    Wenn das Zeugs Eu-zertifiziert ist, dann sollte das sogar in Bayern akzeptiert werden.

    Übrigens: In Rhön-Grabfeld wird Hanf auf dem Acker angebaut ( Die Main-Post hat darüber berichtet).
    Und die derzeitige Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner CDU war darob dermaßen erfreut, dass sie diese Staatenmischung gleich im heimischen Garten anbauen wollte.
    Staatsanwaltschaft Würzburg, auf geht's, das Verbrechen greift um sich und alle schauen tatenlos zu !
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  • info@softrie.de
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • mathiasweber68
    Dann müßte man auch die Vertriebe von Amazon heimsuchen, denn dort gibt es schon lange Hanftee und auch CBD- Produkte inklusive fertiger E-Zigarette mit CBD: Wird Zeit, dass man Herrn Trittin folgt, der schon vor Jahren verlauten ließ: Gebt das Hanf frei. Unsinn, jetzt noch!!!junge Menschen wegen solcher Kinkerlitzchen zu verurteilen. Wer hat denn eigentlich ausprobiert mit dem Hanftee Cookies zu backen? In Israel dürfen Menschen in Altenheimen auch noch ihr Vergnügen haben. Jugendliche sollten ihr Pfoten davon lassen es kann sonst alles sehr beschwerlich werden Erwachsene sollte man selber bestimmen lassen, welche Art von Rausch sie haben möchten. Heidi Kraft, Bad Neustadt a. d. Saale
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  • Laeufer61
    Die Amazon-Verantwortlichen...

    ...haben ihren Firmensitz halt nicht in Bayern zwinkern
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  • christoph1979
    Im Artikel fehlt nur noch das Wort "Rauschgift" zwinkern
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  • helenews@gmx.de
    das Königlich Bayerische Amtsgericht ist auferstanden.
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