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WÜRZBURG
Verband: Lage der Bauern ist dramatisch
Füttern und Geld drauflegen: Das ist die Situation bei den Milchbauern angesichts niedriger Milchpreise, sagt der Friesenhäuser Landwirt Martin Gleichmann. (Archivbild vom November 2015).
Foto: Alois Wohlfahrt | Füttern und Geld drauflegen: Das ist die Situation bei den Milchbauern angesichts niedriger Milchpreise, sagt der Friesenhäuser Landwirt Martin Gleichmann. (Archivbild vom November 2015).
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:47 Uhr

Seit Jahren klagen Bauern hierzulande über ihre wirtschaftliche Situation. Jetzt schrillen neue Alarmglocken. Denn der Deutsche Bauernverband (DBV) sieht die wirtschaftliche Lage als „dramatisch“ an, viele Bauern stünden vor der Pleite. Die Branche mache sechs Milliarden Euro Verlust pro Jahr, ist in einer Mitteilung des DBV vom Dienstag zu lesen.

Schuld seien die niedrigen Preise vor allem für Milch und Schweinefleisch. Ein Drittel der 280 000 Bauernhöfe in Deutschland sind laut DBV im vergangenen Wirtschaftsjahr nur deshalb über die Runden gekommen, weil sie ihr Erspartes angriffen.

Nicht weniger kritisch ist die Lage offenbar in Unterfranken. Nach den Worten von Eugen Köhler vom Bayerischen Bauernverband in Würzburg gibt es zwar keine Zahlen, wie viele Landwirte in den Seilen hängen. Aber bekannt sei, dass sich mancher Bauer mit finanziellen Winkelzügen über Wasser hält: Er verkauft Äcker, um sie gleich wieder zu pachten. Der Verkaufserlös bringe ihm zumindest kurzfristig Liquidität, so Köhler.

Fast null Gewinn beim Fleisch

In der Zwickmühle sind dem DBV zufolge in erster Linie jene Bauern, die frisch in ihren Hof investiert haben – und jetzt wegen der niedrigen Erzeugerpreise mit der Tilgung der Kredite nicht mehr nachkommen. So schlimm ist es bei Christian Kraft aus Goßmannsdorf (Lkr. Würzburg) zwar nicht. Aber der 42 Jahre alte Vollerwerbslandwirt hat nach eigenen Worten schon Investitionen wegen der allgemein schlechten Ertragslage verschoben. Kraft hat 2000 Mastschweine und 100 Bullen.

Für ein 90-Kilo-Schwein bekomme er vom Schlachter 120 bis 125 Euro. Betrieblicher Aufwand pro Tier: 120 bis 125 Euro. Unterm Strich bleibt also fast nichts. „Die Preise sind einfach schlecht momentan“, bedauert Kraft.

Beim Ertrag für seine Bullen sehe es nicht viel besser aus. Um ein weiteres Standbein zu haben, investierte Kraft vor mehreren Jahren in eine große Sonnenstrom-Anlage auf dem Dach seines Mastbetriebes.

Der Landwirt sieht den Grund der Misere auch beim Verbraucher: Wer im Laden Billigfleisch wolle, „der muss diese Art der Landwirtschaft eben akzeptieren“. Das Jammern des Bauernverbandes über die Lage komme zu spät, man hätte schon früher gegensteuern müssen.

Das Dilemma für die Milchbauern begann hauptsächlich, als im April 2015 die europaweite Milchquote wegfiel. Sie sollte seit 1984 die Preise regeln und vor allem die Überproduktion eindämmen. Stichworte: Milchsee, Butterberg.

 


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Seit es die Quote nicht mehr gibt, sind die Preise frei – und im Keller. Bekam zum Beispiel ein bayerischer Bauer vor vier Jahren noch 40 Cent pro Liter, sind es heute laut Köhler vom Bauernverband noch 24 bis 28 Cent. Für Schweinefleisch gibt es laut DBV aktuell 1,24 bis 1,26 Euro pro Kilo Schlachtgewicht, vor einigen Jahren lag dieser Preis noch bei maximal 1,50 Euro.

Die Milchbauern in der Region protestierten in der Vergangenheit immer wieder gegen die Preise, die sie erzielen. So sprach zuletzt im November der Landwirt Martin Gleichmann aus Friesenhausen (Lkr. Haßberge) davon, dass er eine "Stinkwut" wegen der niedrigen Milchpreise habe. So zog er damals mit Gleichgesinnten nach Würzburg, um dort an einer Traktoren-Demo teilzunehmen.

Russland-Embargo ist zu spüren

Zur miserablen Lage der Bauern hat auch beigetragen, dass Russland seit Mitte 2014 unter anderem kein Fleisch und keine Milch mehr aus der EU importiert. Dieses Embargo sei natürlich auch in der unterfränkischen Landwirtschaft zu spüren, so Köhler. Hinzu komme, dass sich in China der Markt nach dem Skandal um mit Melamin verseuchter Milch (2008) erholt habe, Milchimporte aus der EU deshalb wieder zurückgegangen seien.

Die Situation in der Landwirtschaft sei insgesamt „sehr besorgniserregend“, sagte Bayerns Agrarminister Helmut Brunner (CSU) am Dienstag im bayerischen Landtag. Schuld daran sei neben dem Preisverfall die wachsende Bürokratie.


Zahlen rund ums Fleisch

Schweine: In Bayern gibt es 6000 Bauern, die Zuchtsauen und Mastschweine halten (Stand: 2013, Quelle: Statistisches Landesamt), vor zehn Jahren waren es noch fast fünfmal so viele. Demgegenüber hat sich die Zahl der Schweine pro Halter in dieser Zeit nicht nennenswert verändert. Heißt: Es gibt weniger Betriebe in Bayern, dafür umso größere. Tönnies, Vion, Westfleisch – diese drei Unternehmen schlachten nach Expertenangaben 55 Prozent der Mastschweine in Deutschland. Kritiker sagen, dass aus dieser Marktbeherrschung heraus der Preis diktiert werde. aug

 
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  • arnold.friedrich@t-online.de
    Weis nicht woher Sie ihre Vermutungen beziehen. Ich habe keine Flächen die jemals Gewerbegebiete oder Baugebiete geworden sind und besaß, und besitze bis heute keine.
    Wer glaubt das in Deutschland mit Schweinen oder mit Milch noch Geld zu verdienen ist, der blickt nicht wie globale Wirtschaft funktioniert. In Russland Neuseeland oder Amerika kann das unter Vorrausetzungen produziert werden die bei uns nie möglich. Sei es Flächenstruktur oder Größe der Ställe, von Umweltauflagen oder Probleme mit der Nachbarschaft ganz zu schweigen.
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  • Es ist schön das es noch Landwirte gibt die nicht wie unser Dominator von der reinen Landwirtschaft leben müssen. Vielleicht noch gutes Geld an Baugebiete oder Gewerbegebieten verdient haben. Und die immer über andere was zu lästern haben. Vielleicht macht es ja den anderen "Verrückten Pächtern" richtig Spass mit Ihren neuen Schleppern ihre viel zu teueren Ackerflächen zu bewirtschaften als alleine oder mit Ihren Frauen gelangweilt auf der Terasse zu sitzen. Leben und leben lassen und mal selbst vor der eignen Haustüre anfangen zu kehren. Als immer über andere herziehen.
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  • 2ostsee
    Kaum haben sie selbst keine Tiere mehr wird nicht nur die Milch und die Butter sondern auch das Fleisch beim Discounter gekauft.
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  • arnold.friedrich@t-online.de
    Wo 1000 € bezahlt werden ? Nördlicher und Südlicher Landkreis Würzburg und 1000 € sind nicht die Obergrenze , da wird auch noch mehr bezahlt.Wie Milchpreise und neuer Schlepper zusammen hängen. Die meisten Bauern können nicht rechnen, bevor ein Landwirt Steuern bezahlt investiert er lieber aud teufel komm raus.
    Und wenn die Einnahmenseite mal nicht so läuft, dann sind keine Rücklagen da.
    Ich selber bin Landwirt und mir tun natürlich die gefallenene Erzeugerpreise auch weh. Aber mir bricht das noch lange nicht das Genick weil einfach Reserven da sind, und ich nicht jeden Pachtacker zu Mondpreisen hinterher renne. Lieber sitze ich auf der Terasse und schau den Verrückten Pächtern hinterher, die 80 und mehr Std. die Woche buckeln und gar nicht merken, das ihr Stundenlohn um längen unter dem Mindestlohn liegt.
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  • G.Kneitz@gmx.de
    wo bitte bekommt oder zahlt man für 1 ha 1000,-€? Was haben die Schlepper mit dem Milch und Schweinefleisch Preis zu tun? Der Verbraucher ist selber dran schuld weil er immer billig billig und nocheinmal billig einkaufen will. Ich hole mir gerne die hiesige Milch oder die aus Oberbayern aus dem Supermarkt und habe kein Problem hier 1 € oder mehr zu bezahlen. Wenn ich aber dann Leute sehe die einen Karton Discounter Milch im Supermarkt kaufen und dann in ein fettes hochwertiges Auto ihre Einkäufe verladen, fällt mir nichts mehr ein. Wenn in 10 oder 15 Jahren die Milch oder das Fleisch dann nur noch vom Osten kommt ist das Geschrei riesig. Einfach mal die 2 grossen Discounter in Deutschland bei seinen Einkauf nicht mehr berücksichtigen und dann wird man mal sehen was passiert. Die machen eh die Preise kaputt und zum Schluss leidet die Qualität. Eigentlich müsste hier auch mal die Regierung eingreifen und ein klares Zeichen setzen.
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  • arnold.friedrich@t-online.de
    1000€ pacht für den Hektar sind doch schon bald Standart. Immer größere neue Schlepper , weil der Nachbar auch einen neuen hat und man da ja nicht nachstehen kann. Die wenigsten Lanwirte können kaufmänisch rechnen. Russlandembargo als Einer der Gründe, ist doch auch nur vorgeschoben vom BBV, der Wechselkurs vom Rubel ist so mies für die Russen das Deutsche Milch und Fleisch nicht bezahlbar ist. Die großen Schlächter wie Tönnies bauen in Russland Mastställe mit 200 000 Schweinen, daneben gleich Ihren Schlachthof, die überschwemmen dann den deutschen Markt mit billigen Fleisch. Das die Tierwohl und Produktionsstandarts dort weit unter unseren liegen kann sich ja wohl jeder vorstellen.
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