Seit Jahren klagen Bauern hierzulande über ihre wirtschaftliche Situation. Jetzt schrillen neue Alarmglocken. Denn der Deutsche Bauernverband (DBV) sieht die wirtschaftliche Lage als „dramatisch“ an, viele Bauern stünden vor der Pleite. Die Branche mache sechs Milliarden Euro Verlust pro Jahr, ist in einer Mitteilung des DBV vom Dienstag zu lesen.
Schuld seien die niedrigen Preise vor allem für Milch und Schweinefleisch. Ein Drittel der 280 000 Bauernhöfe in Deutschland sind laut DBV im vergangenen Wirtschaftsjahr nur deshalb über die Runden gekommen, weil sie ihr Erspartes angriffen.
Nicht weniger kritisch ist die Lage offenbar in Unterfranken. Nach den Worten von Eugen Köhler vom Bayerischen Bauernverband in Würzburg gibt es zwar keine Zahlen, wie viele Landwirte in den Seilen hängen. Aber bekannt sei, dass sich mancher Bauer mit finanziellen Winkelzügen über Wasser hält: Er verkauft Äcker, um sie gleich wieder zu pachten. Der Verkaufserlös bringe ihm zumindest kurzfristig Liquidität, so Köhler.
Fast null Gewinn beim Fleisch
In der Zwickmühle sind dem DBV zufolge in erster Linie jene Bauern, die frisch in ihren Hof investiert haben – und jetzt wegen der niedrigen Erzeugerpreise mit der Tilgung der Kredite nicht mehr nachkommen. So schlimm ist es bei Christian Kraft aus Goßmannsdorf (Lkr. Würzburg) zwar nicht. Aber der 42 Jahre alte Vollerwerbslandwirt hat nach eigenen Worten schon Investitionen wegen der allgemein schlechten Ertragslage verschoben. Kraft hat 2000 Mastschweine und 100 Bullen.
Für ein 90-Kilo-Schwein bekomme er vom Schlachter 120 bis 125 Euro. Betrieblicher Aufwand pro Tier: 120 bis 125 Euro. Unterm Strich bleibt also fast nichts. „Die Preise sind einfach schlecht momentan“, bedauert Kraft.
Beim Ertrag für seine Bullen sehe es nicht viel besser aus. Um ein weiteres Standbein zu haben, investierte Kraft vor mehreren Jahren in eine große Sonnenstrom-Anlage auf dem Dach seines Mastbetriebes.
Der Landwirt sieht den Grund der Misere auch beim Verbraucher: Wer im Laden Billigfleisch wolle, „der muss diese Art der Landwirtschaft eben akzeptieren“. Das Jammern des Bauernverbandes über die Lage komme zu spät, man hätte schon früher gegensteuern müssen.
Das Dilemma für die Milchbauern begann hauptsächlich, als im April 2015 die europaweite Milchquote wegfiel. Sie sollte seit 1984 die Preise regeln und vor allem die Überproduktion eindämmen. Stichworte: Milchsee, Butterberg.
Seit es die Quote nicht mehr gibt, sind die Preise frei – und im Keller. Bekam zum Beispiel ein bayerischer Bauer vor vier Jahren noch 40 Cent pro Liter, sind es heute laut Köhler vom Bauernverband noch 24 bis 28 Cent. Für Schweinefleisch gibt es laut DBV aktuell 1,24 bis 1,26 Euro pro Kilo Schlachtgewicht, vor einigen Jahren lag dieser Preis noch bei maximal 1,50 Euro.
Die Milchbauern in der Region protestierten in der Vergangenheit immer wieder gegen die Preise, die sie erzielen. So sprach zuletzt im November der Landwirt Martin Gleichmann aus Friesenhausen (Lkr. Haßberge) davon, dass er eine "Stinkwut" wegen der niedrigen Milchpreise habe. So zog er damals mit Gleichgesinnten nach Würzburg, um dort an einer Traktoren-Demo teilzunehmen.
Russland-Embargo ist zu spüren
Zur miserablen Lage der Bauern hat auch beigetragen, dass Russland seit Mitte 2014 unter anderem kein Fleisch und keine Milch mehr aus der EU importiert. Dieses Embargo sei natürlich auch in der unterfränkischen Landwirtschaft zu spüren, so Köhler. Hinzu komme, dass sich in China der Markt nach dem Skandal um mit Melamin verseuchter Milch (2008) erholt habe, Milchimporte aus der EU deshalb wieder zurückgegangen seien.
Die Situation in der Landwirtschaft sei insgesamt „sehr besorgniserregend“, sagte Bayerns Agrarminister Helmut Brunner (CSU) am Dienstag im bayerischen Landtag. Schuld daran sei neben dem Preisverfall die wachsende Bürokratie.
Zahlen rund ums Fleisch
Schweine: In Bayern gibt es 6000 Bauern, die Zuchtsauen und Mastschweine halten (Stand: 2013, Quelle: Statistisches Landesamt), vor zehn Jahren waren es noch fast fünfmal so viele. Demgegenüber hat sich die Zahl der Schweine pro Halter in dieser Zeit nicht nennenswert verändert. Heißt: Es gibt weniger Betriebe in Bayern, dafür umso größere. Tönnies, Vion, Westfleisch – diese drei Unternehmen schlachten nach Expertenangaben 55 Prozent der Mastschweine in Deutschland. Kritiker sagen, dass aus dieser Marktbeherrschung heraus der Preis diktiert werde. aug
Wer glaubt das in Deutschland mit Schweinen oder mit Milch noch Geld zu verdienen ist, der blickt nicht wie globale Wirtschaft funktioniert. In Russland Neuseeland oder Amerika kann das unter Vorrausetzungen produziert werden die bei uns nie möglich. Sei es Flächenstruktur oder Größe der Ställe, von Umweltauflagen oder Probleme mit der Nachbarschaft ganz zu schweigen.
Und wenn die Einnahmenseite mal nicht so läuft, dann sind keine Rücklagen da.
Ich selber bin Landwirt und mir tun natürlich die gefallenene Erzeugerpreise auch weh. Aber mir bricht das noch lange nicht das Genick weil einfach Reserven da sind, und ich nicht jeden Pachtacker zu Mondpreisen hinterher renne. Lieber sitze ich auf der Terasse und schau den Verrückten Pächtern hinterher, die 80 und mehr Std. die Woche buckeln und gar nicht merken, das ihr Stundenlohn um längen unter dem Mindestlohn liegt.